Der Wohnraum kann so sehr zugestellt werden, dass er nicht mehr nutzbar ist. Viele Betroffene leiden unter dem Messie-Syndrom, denn das ständige Chaos macht ihnen zu schaffen. Es entsteht das beklemmende Gefühl den Alltagsaufgaben nicht mehr gerecht zu werden. Die Symptome beginnen oft schon in jungem Alter. Die Störung ist bei Frauen und Männern gleichermaßen verbreitet.
- Das Messie-Syndrom bzw. pathologisches Horten ist eine psychische Störung und kennzeichnet sich durch die Ansammlung wertloser Gegenstände.
- Betroffene sind nicht in der Lage sich von Dingen zu trennen.
- Bei stark ausgeprägtem Verhalten und Vermüllung vom Wohnraum spricht man vom Vermüllungssyndrom.
- Bei starker Vermüllung der Wohnung kann passieren, dass sie unbegehbar wird und Reinigung fast unmöglich macht.
- Viele Expert:innen empfehlen vor allem Psychotherapie und den Besuch einer Selbsthilfegruppe als erste Maßnahme für Menschen mit Messie-Syndrom.
Art | Störung mit zwanghaften Verhaltensmustern |
---|---|
Risikofaktoren |
Traumata in der Kindheit, Verluste von Ehepartnern, Kindern, geliebten Personen, Krisen, wie zum Beispiel schwere Schicksalsschläge, Unfall oder Arbeitslosigkeit, Zwangsversteigerung, Verlustängste, persönliche Probleme wie die Trennung von der Partner:in, finanzielle Engpässe |
Symptome |
zwanghaftem Sammeln wertloser Gegenstände, Unbehagen beim Gedanken sich von Dingen oder Gegenständen zu trennen, chronischen Problemen mit Zeiteinteilung und Pünktlichkeit, Lähmung der Handlungsfähigkeit (Handlungsblockade) auch in wichtigen Situationen |
Therapie |
Psychotherapie, Medikamente, Selbsthilfegruppe, Ergotherapie, Soziale Arbeit |
Das Messie-Syndrom ist eine psychische Störung und wird heute vor allem als pathologisches Horten bezeichnet. Dabei geht es darum, dass Betroffene Gegenstände massenhaft horten und nicht in der Lage sind, sich von diesen Dingen zu trennen und Ordnung zu halten. Beim Vermüllungssyndrom handelt es sich um ein anderes Störungsbild.
Personen mit Messie-Syndrom leben oft in chaotischen Strukturen und schaffen es nicht zwischen gestalteter Ordnung und gesunder Unordnung zu wählen. Das pathologische Horten ist eine eigenständige Störung im ICD-11 - dem Diagnosemanual der WHO. Viele Betroffene leiden unter dem ständigen Chaos und fühlen sich gestresst und inkompetent.
Das pathologische Horten kann mit anderen psychischen Störungen auftreten. Grundsätzlich ist wichtig herauszufinden, ob es sich überhaupt um pathologisches Horten handelt oder um ein anderes Krankheitsbild. Es können unterschiedliche Hintergründe vorliegen, warum die Wohnung vollgeräumt und schmutzig ist. Ist das eine alkoholkranke Person, die es nicht schafft aufzuräumen oder ist das ein depressiver Mensch, der keine Energie hat, sauber zu machen.
Oft sind die klassischen Suchtkriterien "Kontrollverlust" und "Abstinenzunfähigkeit" gegeben. Das Ansammeln von Wertgegenständen beginnt oft schon in jungem Alter und kann sich über die Jahre verschlimmern.
Es gibt unterschiedliche Gründe, die für die Entstehung des Messie-Syndroms verantwortlich sind. Es zeigt sich, dass Betroffene eher selten an Schizophrenie oder affektiven Psychosen leiden. Häufiger können Demenz, Borderline-Störungen und Hirnschädigungen Ursachen für Verwahrlosungsphänomene sein.
Andere häufige Auslöser sind:
- Veränderung der Lebensumstände, wie beispielsweise ein erzwungener Umzug aufgrund von Kündigung durch die Vermieter:in.
- Krisen, wie zum Beispiel schwere Schicksalsschläge oder Verluste geliebter Personen.
- Zwangsversteigerung
- Verlustangst
- persönliche Probleme wie Trennung von der Partner:in
- Verlust des Arbeitsplatzes
- finanzielle Engpässe
- traumatische Erlebnisse und Belastungen
- übertriebener Geiz oder auch der starke Wunsch nach Ressourcenschonung durch Wiederverwendung verbrauchter Gegenstände.
- psychische Erkrankungen wie Zwangsstörung, Depression, Fatigue-Syndrom oder Persönlichkeitsstörung.
Mehr zum Thema: Zwangsstörungen » Welche Arten von Zwangshandlungen gibt es?
Ein gemütliches zu Hause ist ein menschliches Grundbedürfnis. Bei Menschen, die unter dem Messie-Syndrom leiden, gilt dies ebenso. Jedoch gelingt es ihnen aufgrund einer seelischen Störung nicht, ihre Handlungen an die Anforderungen des Alltags anzupassen. Es gibt auch Betroffene, die es teilweise gemütlich finden, also keinen Leidensdruck haben.
Sie sind nicht in der Lage sich von ihren Habseligkeiten zu trennen, auch wenn in der Wohnung kein Platz mehr frei ist.
Häufig treten folgende Symptome auf:
- Unordentlichkeit bis zu Geruchsbelästigung und hygienischen Problemen
- zwanghaftem Sammeln wertloser oder verbrauchter Gegenstände
- chronischen Problemen mit Zeiteinteilung und Pünktlichkeit
- Lähmung der Handlungsfähigkeit (Handlungsblockade) auch in wichtigen Situationen
- Versäumen bzw. Nichterledigen (Aufschieben) normaler sozialer Verpflichtungen (Zum Beispiel kann passieren, dass die gesamte Post – ob Werbung, wichtige Briefe oder Mahnungen – ungeöffnet liegenbleibt)
- eingeschränkter sozialer Umgang
- Hilflosigkeit unter dem Druck des Chaos
Ein Kennzeichen für Betroffene ist auch, dass Verpflichtungen und Termine verschoben werden, weil Erkrankte in der Regel nicht zwischen wichtigen und weniger drängenden Aufgaben unterscheiden können.
Die meisten Menschen mit Messie-Syndrom wissen von ihrer Störung Bescheid und leiden oft auch unter den Folgen, wie sozialer Isolation und Einsamkeit. Viele Betroffene verbergen nach außen hin ihre chaotischen Eigenschaften, in dem sie genau ins gegenteilige Extreme rutschen und zum Perfektionismus neigen. Durch Abschottung und sozialen Rückzug entstehen Alltagsprobleme besonders in sozialen Beziehungen.
Ärzt:innen stellen die Diagnose Messie-Syndrom, wenn:
- dauerhaft Schwierigkeiten bestehen, auszumisten oder an Gegenständen festgehalten wird.
- Betroffene Gegenstände hauptsächlich deswegen aufbewahren, weil sie sich dazu getrieben fühlen, unabhängig vom Wert des Gegenstands.
- die angesammelten Gegenstände Wohnräume versperren und verstopfen, sodass diese nicht mehr richtig für ihren eigentlichen Zweck genutzt werden können.
- Betroffene leiden, wenn sie Gegenstände wegwerfen sollen und/oder sich wegen des Hortens in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt fühlen (z. B. in der Arbeit, in der Familie oder mit Freund:innen).
- die Arbeits- oder Lebensweise dadurch beeinträchtigt ist.
In manchen Fällen gibt es auch von ADHS betroffene Personen, aber das ist nicht immer der Fall. Viele Ärzt:innen raten daher bei der Diagnosestellung abzuklären, ob bei Betroffenen auch eine ADHS vorliegt.
Das Messie-Syndrom wird im ICD-10 (ICD für englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und im DSM-IV (DSM für englisch: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) - als eigenständiges Störungsbild angegeben. In der aktuellsten Version des ICD-11 wird das Messie-Syndrom unter pathologischem Horten unter Ziffer 6B24 angeführt. Ebenso im DSM-5 ist sie mittlerweile unter "Hoarding Disorder" unter Ziffer 300.3 vertreten.
Laut aktuellem Forschungsstand deutet vieles darauf hin, dass zwanghaftes Horten als ein eigenständiges Krankheitsbild zu betrachten ist. Da der Grad zwischen leichten Formen von zwanghaftem Horten und schweren Ausprägungen, die oft mit Alltagseinschränkungen einhergehen, meist schmal ist, fällt es schwer, klare Richtlinien zu erstellen, die angeben, ab welchem Zustand Betroffene eine professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen sollten.
Haushaltshilfe | Eine Haushaltshilfe könnte für Menschen mit Messie-Syndrom von Nutzen sein, wird jedoch nicht immer akzeptiert. Das liegt oft an der starken Scham bezüglich der Privatsphäre und dem Bedürfnis, die Kontrolle über ihre gehorteten Gegenstände zu behalten. |
---|---|
öffentliche Beratungsangebote | Für Betroffene gibt es öffentliche Beratungsangebote, wie zum Beispiel das Haushaltsorganisationstraining der Caritas als Teil ihres Haus- und Familienpflegeangebots. |
Coaching | Coaching für Menschen mit Messie-Syndrom hilfreich sein. Ein Coach greift nicht direkt ein, sondern bietet Beratung an. Die Erstellung von Arbeitsplänen und die Hilfe bei ihrer Umsetzung können den Betroffenen helfen, ihre täglichen Aufgaben besser zu strukturieren. Da Betroffene bereits unter Scham und Schuldgefühlen leiden, sind Ermahnungen oft nicht hilfreich. Stattdessen sollten auch kleine Fortschritte gewürdigt werden. |
Psychotherapie | Zwanghaftes Sammeln wird, häufig wie bei Zwangserkrankungen, durch eine Psychotherapie behandelt. Dabei haben sich verhaltenstherapeutische Ansätze bewährt. In der Therapie lernen Betroffene die Zwangsimpulse auszuhalten ("Ich muss das behalten") und gleichzeitig wiederholende Handlungen zu unterbinden und Gewohnheiten zu ändern. |
Medikamentöse Behandlung | Nach einer gründlichen fachärztlichen Untersuchung und Diagnosestellung kann eine unterstützende medikamentöse Behandlung erforderlich sein, abhängig von der zugrunde liegenden psychischen Störung. Dies kann die Verwendung von Antidepressiva bei Depressionen oder Zwangsstörungen oder von Stimulanzien bei ADHS umfassen. |