Betroffene haben das Verlangen, immer mehr zu trinken – wenn sie darauf verzichten, treten Entzugssymptome auf. Die Ursachen finden sich in der individuellen Lebensgeschichte, aber auch im sozialen Umfeld und dem Abhängigkeitspotenzial bzw. der Verfügbarkeit des Alkohols. Auch wenn sie über negative Folgen wie Leberschädigungen Bescheid wissen, können viele Betroffene nicht aufhören, zu trinken. Entwöhnungstherapien, bei denen Medikamente und Psychotherapie eingesetzt werden, helfen bei der Bekämpfung der Abhängigkeit, aber auch der Besuch von Selbsthilfegruppen.
- Etwa 15 % der Österreicher:innen trinken in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß, wobei Männer wesentlich häufiger betroffen sind.
- Von einer Alkoholsucht sind etwa 5 % der Österreicher:innen betroffen. Von dieser Verhaltensweise spricht man, wenn ein zwanghaftes Trinkverhalten beobachtbar ist und bei der betroffenen Person Entzugssymptome auftreten.
- Alkohol wird unter anderem zur Stressbewältigung oder als Konflikt- und Spannungslöser verwendet.
- Wie anfällig man ist, hängt von verschiedenen Faktoren wie etwa dem sozialen Umfeld oder biologischen Faktoren ab.
- Alkohol kann alle Körpersysteme betreffen (Nervensystem, Herz-Kreislaufsystem etc.).
- Medikamente alleine helfen kaum gegen eine ausgeprägte Alkoholkrankheit. Sie können aber helfen, den Suchtdruck oder auslösende Faktoren zu mildern. Eine Psychotherapie ist auf jeden Fall sehr anzuraten.
Art | Suchterkrankung |
---|---|
Ursachen | persönliche Probleme, genetische Faktoren, traumatische Lebensereignisse |
Symptome | zwanghaftes Trinken, Kontrollverlust, Entzugserscheinungen wie Zittern, Übelkeit oder Unruhe |
Therapie | Medikamente, Psychotherapie |
FAQ (Häufige Fragen)
Welche Symptome hat man bei Alkoholsucht?
Alkohol wirkt auf folgende Grundfunktionen:
- Sensorik: Seh- und Hörvermögen verschlechtert sich, Schmerzempfindlichkeit sinkt, schnellere Ermüdung
- Intellekt: Verbale und nonverbale intellektuelle Fähigkeiten verschlechtern sich bei Alkoholeinfluss
- Gedächtnis und Lernen: Gedächtnis (vor allem Kurzzeitgedächtnis) und die Fähigkeit, Neues zu lernen, sind beeinträchtigt
- Emotionen: Mehr Impulsivität und Hang zur Euphorie; Stimmungsänderungen: depressiv, müde, gereizt
Ab wann gilt mal als alkoholabhängig?
Die Diagnose Alkoholabhängigkeit wird dann gestellt, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien während des vergangenen Jahres gleichzeitig aufgetreten sind:
- zwanghaftes Trinken
- Verlust der Kontrolle über die aufgenommene Alkoholmenge
- Auftreten von Entzugssymptomen wenn der Alkoholkonsum eingeschränkt wird
- Entstehen einer Toleranz (es sind immer höhere Mengen an Alkohol nötig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen)
- Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten und erhöhter Zeitaufwand für Beschaffung und Konsum von Alkohol sowie Erholung von den körperlichen Konsequenzen (Kater)
- anhaltender Alkoholkonsum trotz des Wissens um negative Folgen
Welche Typen von Alkoholiker:innen gibt es?
Nach Lesch unterscheidet man verschiedene Typen von Alkoholiker:innen:
- Alpha-Typ (Konflikt- und Problemerleichterungstrinker:in),
- Beta-Typ (Gelegenheitstrinker:in),
- Gamma-Typ (süchtige Trinker:in),
- Delta-Typ (Gewohnheitstrinker:in),
- Epsylon-Typ (episodische Trinker:in)
Insgesamt sind 5 % der Österreicher:innen alkoholabhängig, genauer gesagt 7,5 % der Männer und 2,5 % der Frauen. Zusätzlich ist bei 15 % – also bei ungefähr jeder achten Person in Österreich – der Alkoholkonsum problematisch, man spricht von Alkoholmissbrauch.
Bei Alkoholmissbrauch entstehen für die Betroffenen durch den Alkoholkonsum Probleme auf zwischenmenschlicher oder rechtlicher Ebene, weil sie ihren Aufgaben (z. B. Job) nicht nachkommen, alkoholisiert Auto fahren oder zu Streit und Aggressionen neigen. Im Gegensatz zur Alkoholsucht ist das Trinken kein Zwang, es treten keine körperlichen Entzugssymptome auf. Meist zeigt sich die Problematik aber auf psychischer oder sozialer Ebene (z.B. Vereinsamung, Langeweile, Schlafprobleme).
Wie viel Alkohol konsumiert werden kann, bis eine Gesundheitsgefährdung eintritt, ist für Männer und Frauen unterschiedlich:
Frauen | Männer | |
---|---|---|
unbedenklicher Konsum | bis 16 g Alkohol pro Tag = ca. 0,4 Liter Bier / ca. 0,2 Liter Wein |
bis 24 g Alkohol pro Tag = ca. 0,6 Liter Bier / ca. 0,3 Liter Wein |
gesundheitsgefährdender Konsum | ab 40 g Alkohol pro Tag = ca. 1 Liter Bier / ca. 0,5 Liter Wein |
ab 60 g Alkohol pro Tag = ca. 1,5 Liter Bier / ca. 0,75 Liter Wein |
Video: Gewohnheit oder Sucht – Wo ist die Grenze?
Univ.-Prof. Dr. Eva Maria Reininghaus (Vorständin der Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Med Uni Graz) zeigt auf, wo beim Alkoholkonsum die feine Grenze zwischen harmloser Gewohnheit und krankhafter Abhängigkeit liegt. (Webinar, 12.5.21)
Alkohol wird von vielen Abhängigen wie ein Medikament eingesetzt: Wenn es ihnen schlecht geht, sie Stress oder Probleme zu bewältigen haben, dient Alkohol als kurzfristiger Lösungsversuch. Es wird als Konflikt- und Spannungslöser eingesetzt oder als Mittel, um sich besser zu fühlen. Kurzfristig geht es den Betroffenen auch besser, der Alkohol hebt die Stimmung und Probleme können leichter vergessen werden – das "Medikament" wirkt. Andere Möglichkeiten der Stimmungsregulation werden nicht genutzt.
Mit der Zeit ist der Alkoholkonsum der einzige Weg, um unangenehme Emotionen zu regulieren. Der Körper gewöhnt sich langfristig an die Wirkung des Alkohols, bei gleichbleibender Menge tritt nicht mehr derselbe Effekt ein. Daher muss die Alkoholmenge erhöht werden, die Betroffen:e schlittert in die Abhängigkeit.
Ganz allgemein gibt es 3 Faktoren für die Entstehung einer Sucht:
- Droge: Wie groß ist ihr Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial? (Wirkung der Substanz auf den Körper); Wie verfügbar ist sie? (kulturell unterschiedliche Verfügbarkeit und Strafbarkeit)
- Individuum: Welche genetischen und lebensgeschichtlichen Einflüsse gibt es? (z.B. alkoholkranke Eltern, Traumata); Welche biologischen und psychologischen Faktoren gibt es? (z.B. psychische Erkrankungen)
- Soziales/Umfeld: Welche sozialen Rahmenbedingungen liegen vor? (z.B. Arbeitslosigkeit, Verlust des Arbeitsplatzes, Pensionseintritt, Armut); Welche Besonderheiten gibt es im familiären Kleinraum? (z.B. Scheidung, Verlust eines Familienmitglieds); Gibt es einen konsumorientierten Freundeskreis?
Bei Alkoholabhängigen kann eine Alkoholisierung von etwa 3-4 Promille gegeben sein, ohne dass sie sich auffällig verhalten. Bei Personen, die nicht an die Wirkung von Alkohol gewöhnt sind, treten die nachfolgend aufgelisteten Reaktionen ein:
PROMILLE (‰) | WIRKUNG |
---|---|
Unter 0,2 ‰ | Enthemmende Wirkung, gesteigerte Redseligkeit |
Ab 0,3 ‰ | Erste Beeinträchtigungen (Sehfeldeinschränkung, Entfernungseinschätzung) |
Ab 0,5 ‰ | Reaktionszeit verlängert, vor allem auf rote Signale (Rotlichtschwäche) |
Ab 0,8 ‰ | Erste Gleichgewichtsstörungen, eingeengtes Gesichtsfeld (Tunnelblick), deutliche Enthemmung |
1-1,5 ‰ | Sprachstörungen, erhöhte Risikobereitschaft und Aggressivität |
2-2,5 ‰ | Starke Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, Lallen |
Mehr als 2,5 ‰ | Bewusstseinseintrübung, Lähmungserscheinungen, Doppelbilder, Amnesie |
Mehr als 3,5 ‰ | Gefahr der potenziell lebensbedrohlichen Atemdepression |
Alkohol wirkt auf folgende Grundfunktionen:
- Sensorik: Seh- und Hörvermögen verschlechtert sich, Schmerzempfindlichkeit sinkt, schnellere Ermüdung
- Intellekt: Verbale und nonverbale intellektuelle Fähigkeiten verschlechtern sich bei Alkoholeinfluss
- Gedächtnis und Lernen: Gedächtnis (vor allem Kurzzeitgedächtnis) und die Fähigkeit, Neues zu lernen, sind beeinträchtigt
- Emotionen: Mehr Impulsivität und Hang zur Euphorie; Stimmungsänderungen: depressiv, müde, gereizt
So viel Alkohol ist in verschiedenen Getränken enthalten:
GETRÄNK | MENGE | ALKOHOLGEHALT |
---|---|---|
Bier | 0,33 Liter | ca. 13 g |
Bier | 0,5 Liter | ca. 20 g |
Wein (leicht) | 1 Liter | ca. 55-75 g |
Wein (mittel) | 1 Liter | ca. 75-90 g |
Wein (schwer) | 1 Liter | ca. 90-110 g |
Korn (32 % vol.) | 1 Liter | ca. 250-260 g |
Weinbrand (38-40 % vol.) | 1 Liter | ca. 300-320 g |
Whiskey (38-40 % vol.) | 1 Liter | ca. 340-350 g |
0,05 Liter Korn = 0,25 Liter Wein / Sekt = 0,5 Liter Bier / Most = 1/16 Liter Spirituosen (3 Schnäpse à 20 ml) = 1/8 Liter Likör
Es gibt verschiedene Typen von Alkoholiker:innen (nach Lesch):
ALPHA-TYP |
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BETA-TYP |
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GAMMA-TYP |
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DELTA-TYP |
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EPSILON-TYP |
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Jahrelanger exzessiver Alkoholkonsum kann verschiedenste körperliche Erkrankungen nach sich ziehen. Leberschädigungen (z.B. Fettleber, Leberzirrhose), Lungenerkrankungen (z.B. COPD), Traumata, Bluthochdruck, Ernährungsstörungen (z.B. Mangelernährung) und Störungen des Gastrointestinaltraktes (z.B. Gastritis, Magen-Darm-Geschwür) können die Folge sein.
Auch psychische Erkrankungen können auftreten. Zu den wichtigsten gehören:
- depressive und aggressive Störungen
- Eifersuchtswahn
- Halluzinose
- Gedächtnisverlust
Da die Betroffenen wegen dem Trinken oft andere Lebensbereiche von Hobbys, Freundschaften bis hin zum Job vernachlässigen, sind die sozialen Folgen ebenfalls von Bedeutung.
Die Diagnose Alkoholabhängigkeit wird dann gestellt, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien während des vergangenen Jahres gleichzeitig aufgetreten sind:
- zwanghaftes Trinken
- Verlust der Kontrolle über die aufgenommene Alkoholmenge
- Auftreten von Entzugssymptomen wenn der Alkoholkonsum eingeschränkt wird
- Entstehen einer Toleranz (es sind immer höhere Mengen an Alkohol nötig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen)
- Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten und erhöhter Zeitaufwand für Beschaffung und Konsum von Alkohol sowie Erholung von den körperlichen Konsequenzen (Kater)
- anhaltender Alkoholkonsum trotz des Wissens um negative Folgen
Selbstbeurteilungsfragebögen können einen einfachen Weg darstellen, um sich selbst einen Eindruck davon zu verschaffen, ob der eigene Alkoholkonsum problematisch ist. Die Diagnose der Krankheit findet dann immer bei einer Expert:in statt, also bei der behandelnden Ärzt:in oder Psychotherapeut:in.
Zusätzlich dazu können auch Laboruntersuchungen durchgeführt werden, um die Diagnose zu bestätigen. Der akute Alkoholkonsum lässt sich gut über die Menge an Ethylalkohol in Atemluft, Blut oder Urin messen. Für den chronischen Alkoholkonsum können die Stoffe Ethylglukuronid und Phosphatidylethanol herangezogen werden, die in Haaren, Blut oder Urin nachgewiesen werden können.
Selbsttest
Trinke ich zu viel? Bin ich alkoholabhängig?
Mehr zum Thema: Alkohol » Wann wird Genuss zur Sucht?
Für die Behandlung von Alkoholsucht gibt es mehrere Möglichkeiten. Für den Entzug können folgende Mittel bzw. Methoden eingesetzt werden:
- Medikamente: Es gibt Medikamente, die das Verlangen nach Alkohol dämpfen, aber auch solche, die im Rahmen einer abstinenzorientierten Entzugstherapie unterstützen. Diese Präparate rufen gezielt unangenehme Vergiftungserscheinungen (z. B. Erbrechen) hervor, wenn man Alkohol zu sich nimmt. Andere Medikamente wiederum verbessern die Stimmung und reduzieren häufig auftretende Schlafprobleme.
- Psychotherapie: Alle Therapieformen sind für Alkoholabhängige geeignet – das Spektrum reicht von tiefenpsychologischer Psychotherapie über Verhaltenstherapie bis hin zu systemischer Familientherapie. In einer Psychotherapie werden die Gründe beleuchtet, wegen denen Alkohol in problematischer oder sogar krankhafter Menge konsumiert wird. Dann können Wege erarbeitet werden, wie die zugrundeliegenden Bedürfnisse auf andere Art und Weise gestillt werden können und Skills eingeübt werden, um mit auftretendem Suchtdruck besser zurecht zu kommen.
Neuere Ansätze gehen davon aus, dass Alkoholsucht nicht die Ursache, sondern die Folge eines zugrundeliegenden Problems – einer psychischen Erkrankung oder persönlichen Krise der Betroffene:n – ist. Deshalb sollte bei Alkoholabhängigen immer auch überprüft werden, ob Depressionen, Schlafstörungen, Burnout, Borderline-Störung, Schizophrenie, Zwänge oder Ängste vorliegen, aus denen sich die Sucht entwickelt haben könnte. Je nach Ursache können dann auch Psychopharmaka unterstützend wirken.
Statt völlige Abstinenz als Ziel anzustreben, die im Alltag schwer aufrechtzuerhalten ist, geht die Entwicklung in der modernen Therapie hin zu Entzugstherapien, die kontrolliertes Trinken als Ziel haben. Die Erfolgsquote ist dabei aber stark abhängig von der Schwere der Suchterkrankung. Umso ausgeprägter die Sucht, umso unwahrscheinlicher ist es, dass kontrolliertes Trinken umsetzbar ist. Dann ist einzig Abstinenz ein gangbares Therapieziel.
Quiz
Alkoholsucht
- Suchtmedizin kompakt – Suchtkrankheiten in Klinik und Praxis, F. Tretter (Hrsg.), Schattauer, 2. Auflage, Stuttgart, 2012
- Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F), WHO/H. Dilling, W. Mombour & M. H. Schmidt (Hrsg.), Verlag Hans Huber, 7. Auflage, Bern 2010
- Handbuch Alkohol – Österreich. Band 1: Statistiken und Berechnungsgrundlagen 2013, Bundesministerium für Gesundheit, 5. Auflage, Wien, 2013
- Epidemiologiebericht Sucht 2021. Illegale Drogen, Alkohol und Tabak. Gesundheit Österreich, Wien