Das führt zu fortschreitendem Muskelschwund, Muskellähmung und Spasmen (Krämpfen). Die geistige Leistung und Denkfähigkeit bleibt davon aber unberührt. Da die Ursache der Erkrankung unbekannt ist, gibt es keine wirksame Therapie oder Heilung. ALS tritt typischerweise nach dem 50. und vor dem 70. Lebensjahr auf, mit meist rasch fortschreitendem degenerativen Verlauf bei einer Lebenserwartung von nur wenigen Jahren. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Sehr selten erkranken junge Menschen an ALS, dann verläuft die Erkrankung extrem langsam.
- Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Nervenerkrankung.
- Bei Betroffenen von ALS sterben Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark nach und nach ab.
- Mögliche erste Symptome sind ein unsicherer Gang, Muskelkrämpfe, Koordinationsschwierigkeiten und Sprechstörungen.
- Die Krankheit ist nicht heilbar und verläuft tödlich.
- Ziele der Therapie sind eine Linderung der Beschwerden und eine psychologische Betreuung.
Art | degenerative Erkrankung des Nervensystems |
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Ursache | unbekannt |
Symptome | zunehmende motorische Einschränkungen |
Diagnose | Elektromyographie (EMG), Elektroneurographie (ENG), Transkranielle Magnetstimulation (TMS), Muskelbiopsien, Nervenbiopsien |
Prognose | unheilbar mit tödlichem Verlauf |
Lebenserwartung | wenige Jahre nach Diagnosestellung |
Therapie | medikamentöse Therapie, psychologische Betreuung |
ALS ist eine weltweit auftretende, aber seltene Erkrankung. Im Unterschied zu Multiple Sklerose, bei der die Nervenhüllen entzündet sind, zerstört ALS die Nervenzellen. Jährlich treten zwischen 1 und 3 Fälle pro 100.000 Einwohner auf. In Österreich sind derzeit etwa 400 Menschen an ALS erkrankt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen (etwa 1,5 : 1).
ALS bricht typischerweise zwischen dem 50. und dem 70. Lebensjahr aus, das Durchschnittsalter Betroffener liegt bei ungefähr 56 Jahren. Sehr selten sind ALS-Erkrankungen zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr, man spricht dann von "juveniler" ALS. Diese Form verläuft extrem langsam, junge Betroffene können ein hohes Alter erreichen. Etwa 5 % der Erkrankungen sind familiär bzw. genetisch bedingt.
Trotz intensiver Forschung gerade in den letzten Jahrzehnten ist die Ursache der Krankheit nicht geklärt. Bei ALS-Betroffenen ist eine erhöhte Menge des Botenstoffs (Neurotransmitters) Glutamat im Gehirn feststellbar. Wird Glutamat nach der Signalübertragung nicht abgebaut bzw. in die Nervenzelle zurückgeführt, reichert es sich im Synapsenspalt an, also zwischen den Verknüpfungen von Nervenzellen im Gehirn und wirkt toxisch (giftig) auf die Nervenzellen. Ob der erhöhte Glutamatspiegel Teil der Ursache oder ein Symptom ist, ist unklar. Auch eine Fehlsteuerung des Immunsystems kommt als mögliche Ursache für ALS in Betracht. Erbliche Faktoren, also familiäre Häufung, spielen nur bei etwa 5 % der Betroffenen eine Rolle.
Symptome und Verlauf von ALS sind vor allem im Frühstadium sehr unterschiedlich. Die Erkrankung entwickelt sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Typische Symptome, die sich schon in den ersten Monaten merklich verschlechtern können, sind:
- unsicherer Gang
- eingeschränkte Koordination
- feine Muskelkontraktionen, länger anhaltendes Muskelzucken
- Muskelkrämpfe
- Schwäche der Arm- und Handmuskulatur
- Sprech- und Schluckstörungen
- zunehmende Einschränkung im Alltag
Der Krankheitsverlauf wird wesentlich von der erstbefallenen Muskelregion bestimmt. Die Beschwerden beginnen meist in einer Muskelregion, wie zum Beispiel durch Muskelabbau der kleinen Handmuskeln eines Armes oder mit feinen Muskelkontraktionen (Faszikulationen). Charakteristisch ist die Ausbreitung der Symptome auf benachbarte Muskelgruppen, ALS verläuft meist asymmetrisch, im Verlauf der Erkrankung breitet sich ALS aber auf alle Gliedmaßen und die Rumpfmuskulatur aus.
Nicht alle Muskeln und Funktionen sind von der ALS betroffen. Von der Erkrankung nicht beeinträchtig sind:
- Augenmuskeln
- Blasen- und Darmmuskulatur
- Sexualfunktionen
- intellektuelle Fähigkeiten
- Wahrnehmung (Hören, Sehen, Schmecken und Fühlen)
Bei etwa 40 % der Betroffenen tritt die Frühsymptomatik zunächst in den Händen und Armen auf, bei weiteren rund 40 % beginnt die Erkrankung in den Beinen (Gangunsicherheit). Selten beginnt ALS mit sogenannten Bulbärsymptomen. Dabei handelt es sich um eine Störung der Zungen-, Schlund- und Gaumenmuskulatur, die von den Hirnnerven gesteuert wird (Sprech- oder Schluckbeschwerden). Bei fast allen Betroffenen treten die bulbären Symptome allerdings in einem späteren Krankheitsstadium zusätzlich zur Schwäche von Arm- und/oder Beinmuskulatur auf.
Diese Symptome werden von fortschreitender und nicht rückführbarer Schädigung (Degeneration) der motorischen Nervenzellen hervorgerufen, die für die Muskelbewegungen zuständig sind. Diese Nervenzellen werden auch als Moto- oder Motorneuronen bezeichnet (daher auch die Bezeichnung "Motoneuronerkrankung" für ALS).
Die Symptome der Erkrankung breiten sich in der Folge nach einem bisher ungeklärten Muster aus. Kommt es beispielsweise zunächst zu motorischen Einschränkungen an einem Arm, breiten sich die Beschwerden meist weiter in die Schulter aus. Das Fortschreiten der Erkrankung kann Wochen, aber auch Monate dauern. Im weiteren Verlauf treten aufgrund von Muskelschwund (Atrophie) und Krämpfen Lähmungen der jeweiligen Extremität auf, wie beispielsweise an den Beinen (Gangstörung) oder an den Händen (Einschränkungen beim Schreiben, Tragen, Greifen).
Viele Betroffene benötigen in der Folge eine Versorgung mit Gehhilfen, später mit einem Rollstuhl. Auch die Sprechfähigkeit ist eingeschränkt und kann zum völligen Kommunikationsverlust führen. Da auch die Atmung an die Muskulatur gebunden ist, kann eine Schwächung dieser Muskelgruppen vor allem im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf lebensbedrohlich werden. So können zunehmende Schluckstörungen und die Lähmung der Atemmuskulatur eine Lungenentzündung verursachen, die häufig zum Tod führt.
Das Fortschreiten der Erkrankung erfolgt unterschiedlich rasch, die durchschnittliche Überlebenszeit ab der Diagnose beträgt 3 bis 5 Jahre. Bei etwa 10 % der Betroffenen verläuft die ALS langsamer, die Überlebenszeit kann über 5 Jahre betragen, selten auch über 10 Jahre. Die sehr seltenen Fälle juveniler ALS (Erkrankung unter dem 30. Lebensjahr) schreiten extrem langsam voran, die Überlebenszeit liegt bei 20 bis 30 Jahren und darüber.
ALS wird anhand der beschriebenen Symptome (Lähmungen, Muskelschwund, Reflexsteigerung) des Betroffenen in klinisch-neurologischen Untersuchungen diagnostiziert.
Weitere diagnostische Methoden, auch um andere neurologische Erkrankungen auszuschließen (z.B. eine Schädigung des Rückenmarks, Erkrankungen der peripheren Nerven, Multiple Sklerose, seltene Stoffwechselerkrankungen) sind:
- EMG (Elektromyographie): wichtigstes Diagnoseverfahren, um eine Degeneration der motorischen Nervenzellen festzustellen
- ENG (Elektroneurographie): Untersuchung der Funktion von Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark (periphere Nerven), um andere Nervenerkrankungen auszuschließen
- TMS (Transkranielle Magnetstimulation): Verfahren, das die Beurteilung einer Nervenleitbahn bzw. im Fall von ALS eine Störung darin ermöglicht
- Muskel- oder Nervenbiopsien: diese sind nur selten zur eindeutigen Diagnose erforderlich
Medikamentöse Therapie
Die Amyotrophe Lateralsklerose ist nicht heilbar. Zu Beginn der Erkrankung steht der Wirkstoff Riluzol als einziges Medikament zur neuroprotektiven Therapie ("Neuro" = Nerv; "protektiv" = schützend) zur Verfügung. Die Substanz schwächt die Wirkung des Neurotransmitters Glutamat im Gehirn ab und hemmt die Degeneration von Nervenzellen.
Riluzol soll den Verlauf der ALS verlangsamen, hat in Studien jedoch nur eine geringe lebensverlängernde Wirkung gezeigt (etwa 3 Monate).
Die Möglichkeit der Stammzellentherapie wird derzeit in Studien zwar erforscht, ein Nutzen konnte jedoch noch nicht nachgewiesen werden.
Symptomatische Therapie
Der Schwerpunkt der Therapie liegt auf einer Linderung der Symptome, sowie auf einer professionellen und psychologischen Betreuung.
Symptom | Medikamentöse Therapie/Substanz | Weitere empfohlene Therapien |
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Muskelkrämpfe | Chinin, Magnesium, Phenytoin, Carbamazepin, Antispastika (Tizanidin, Baclofen) | Muskeldehnung, Wärme |
Lähmungen |
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Spastik | Baclofen, Tizanidin (kann in hoher Dosierung Muskelschwäche fördern) evtl. Botulinumtoxin-Injektionen Ziel: entspannt die Muskulatur für 2 bis 3 Monate (nicht für alle Betroffenen geeignet) | Neurophysiologische Physiotherapie. Bei Schmerzen und starken Spasmen selbständige Therapie zu Hause Ziel: Schmerzen reduzieren, weitere Bewegungseinschränkungen verhindern |
Sprechstörungen |
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Kau- und Schluckstörungen | Logopädische Therapie (Schlucktraining) | |
Schleimbildung/Speichelfluss | N-Acetylcystein, Ambroxol Inhalation mit Sekretolytika (bei eingedicktem Schleim) Amitriptylin, Imipramin, Scopolamin (Pflaster), Atropin (Verminderung der Speichelproduktion | |
Geschwächte Atemmuskulatur | sekretlösende Substanzen (z.B. Bromhexin, N-Acetylcystein) | Atemgymnastik um Infekten vorzubeugen Evtl. nächtliche Maskenbeatmung Im fortgeschrittenen Stadium: Luftröhrenschnitt |
- Physiotherapie: ist eine wesentliche Säule der Therapie. Es existiert zwar kein spezielles auf die Erkrankung ausgerichtetes Bewegungsprogramm, aber die Übungen orientieren sich an den physiotherapeutischen Maßnahmen anderer neurologischer Erkrankungen (z.B. Rehabilitation nach einem Schlaganfall, Multiple Sklerose oder M. Parkinson). Um z.B. Krämpfen vorzubeugen, wird körperliches Training und Gymnastik empfohlen, die in der Physiotherapie erarbeiteten Übungen sollten jedoch regelmäßig auch zu Hause durchgeführt werden.
- Ernährung: Speziell geschulte Ernährungsberater und Diätologen erarbeiten für den Betroffenen einen individuellen Ernährungsplan, sie beraten bei Schluckproblemen und helfen beim Erlernen neuer Ess- und Trinkmechanismen.
- Logopädie: Logopäden stehen ALS-Erkrankten zur Verfügung, um Sprechübungen und Schlucktraining durchzuführen.
- Atemtraining: durch das Atemtraining wird die Lunge langfristig besser belüftet, dadurch kann der Betroffene unter Umständen auch einer Lungenentzündung vorbeugen.
- Psychologische Betreuung: diese trägt wesentlich dazu bei, mit der Erkrankung umzugehen und Gefühlen wie Wut, Traurigkeit, Angst oder Depression entgegenzuwirken.
Alle diese Maßnahmen führen jedoch nur zur Linderung der Symptome. Eine Heilung kann dadurch nicht erfolgen.
- Leitlinien Amyotrophe Lateralsklerose (Motoneuronerkrankung), 2014
- ALS-Zentrum Charité Berlin: ALS, Ursachen, Diagnostik, Behandlung & Forschung (18.06.2019)