An sich ist Einsamkeit eine gesunde Stressreaktion, denn sie verweist darauf, dass es dem Menschen an sozialen Kontakt fehlt. Dauert das Gefühl der Einsamkeit jedoch über einen längeren Zeitraum an, hat dies zur Folge, dass die Stressreaktion chronisch wird. Dadurch beginnt der Körper einen Kortison-ähnlichen Stoff auszuschütten, der die körpereigenen Abwehrkräfte schwächt und somit die Anfälligkeit für Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert. Des Weiteren können Erkrankungen, wie Alzheimer früher auftreten. „Wer sozial isoliert ist, hat ein 2- bis 3- mal so hohes Risiko in einem bestimmten Zeitraum zu sterben. Lang dauernde Einsamkeit ist ein Killer“, warnt der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Günter Klug, Präsident von pro mente Austria.
Der Glaube daran, in der Zukunft sozial isoliert zu sein, führt dazu, dass Menschen beginnen ihre sozialen Kontakte anders wahrzunehmen. Dies hat zur Folge, dass sie ihr Verhalten gegenüber ihren Freunden und Bekannten verändern und sich immer mehr zurückziehen. Die Situation wird zusätzlich noch verschärft, indem das Umfeld diese Veränderung wahrnimmt, als Abweisung interpretiert und auf Grund dessen weniger Kontakt sucht.
Menschen mit psychischer Erkrankung, wie Depression, Schizophrenie oder Sucht, haben es häufig schwer soziale Kontakte zu knüpfen. Ihr Freundeskreis ist dadurch meist sehr klein und somit wird Einsamkeit zu einem Leitsymptom.
Eine weitere Gruppe von Menschen, die oft von Einsamkeit betroffen ist, sind ältere Menschen. Gründe dafür sind, dass sie nicht mehr so mobil oder ihre sozialen Kontakte durch verschiedene Erkrankungen eingeschränkt sind. Hinzu kommt noch, dass mit zunehmenden Alter, der Kreis der Bekannten und Freunde durch Erkrankung oder Tod verkleinert wird.
Festgestellt wurde des weiteren, dass auch Kinder und Jugendliche häufig mit Einsamkeit zu kämpfen haben. Sie fühlen sich an doppelt so vielen Tagen einsam wie Erwachsene.
Es gibt zwei wesentliche Faktoren, die für das Zunehmen der Einsamkeit verantwortlich sind. Einerseits trägt die Urbanisierung ihren Teil dazu bei. So bringt das Leben in der Großstadt oft Anonymität und Vereinzelung mit sich. Verstärkt wird dies durch den Trend der späteren Eheschließung, späteren Geburt der Kinder und die daraus resultierende höhere Anzahl von Einzelhaushalten.
Der zweite Grund ist in der Digitalisierung zu finden. Der vermehrte Gebrauch der digitalen Medien führt bei den Jugendlichen häufig zu Unzufriedenheit und Einsamkeit, denn in den sozialen Medien sehen die Jugendlichen die idealisierte Darstellung der Andern. Sie beginnen sich mit ihnen zu vergleichen. Dies kann dazu führen, dass sie sich nicht attraktiv oder beliebt genug fühlen und somit aus ihren sozialen Umfeld zurückzuziehen. Es entsteht ein Teufelskreis, denn einsame Menschen nützen häufiger soziale Medien, wodurch die negativen Gefühle verstärkt werden.
Hinzu kommt noch, dass einsame Menschen oft einen ungesunden Lebensstil führen, der von vermehrten Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum, ungesundem und Übermäßigem Essen und zu wenig körperliche Aktivität geprägt ist.
Jeder Mensch sollte auf mögliche Einsamkeit achten, so wie man Hunger oder Durst beachtet. Wenn sich jemand einsam fühlt, sollte er direkten Kontakt zu andern Menschen suchen, das ist das Wesentliche. Direkte Kontakte sind über soziale Medien nicht möglich.
- Pressegespräch von Pro mente Austria zur Fachtagug "Psychische Gesundheit in Zeiten gesellschaftlichen Wandels" am 27.03.2019