Angststörung (Phobie)

Frau mit Angststörung sitzt am Boden
Herzrasen, Atemnot, Zittern: Frauen sind von Angsterkrankungen deutlich häufiger betroffen als Männer.
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Angst, die vor einer realen Gefahr warnt, ist gut und sinnvoll. Von Angststörung spricht man dann, wenn Ängste regelmäßig ohne reale Bedrohung auftreten, wenn sie das Leben des Betroffen:en beherrschen, ihn quälen und einengen.

Medizinische Expertise

Siegfried Kasper

O. Univ.-Prof. Dr. h.c. Mult. Dr. med. Siegfried Kasper

Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Professor und Ordinarius für Psychiatrie
Spitalgasse 23, 1090 Wien
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Inhaltsverzeichnis

In Österreich leiden Schätzungen zufolge etwa 16 % an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Diese geht mit quälender, unkontrollierbarer Sorge und oft auch mit körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüchen, Schmerzen oder Zittern einher. Eine generalisierte Angststörung kann unbehandelt chronisch werden. Panik-Störungen, spezifische Phobien und generalisierte Angststörung sind Formen der Angststörungen. Egal welche Form der Angsterkrankung, es gilt: Je früher die Behandlung, umso bessere Aussichten.

  • Angststörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen Ängste regelmäßig ohne reale Bedrohung auftreten und das Leben des Betroffen:en beeinflussen.
  • Ursachen können biologische Faktoren, äußere Auslöser wie Stress oder traumatische Ereignisse sowie genetische Veranlagungen sein.
  • Je nach Art der Störung treten häufig Symptome wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche, Schmerzen und Zittern auf.
  • Die Diagnose erfordert oft ein einfühlsames Gespräch und kann auch mithilfe von Fragebögen und körperlichen Untersuchungen erfolgen, um andere Erkrankungen auszuschließen. 
  • Die Behandlung erfolgt in der Regel mittels Psychotherapie oder medikamentös.
Art psychische Erkrankung
Ursachen neurobiologische Faktoren, psychologische Faktoren, genetische Faktoren, Vorliegen eines medizinischen Leidens
Symptome Je nach Art der Störung; Symptome wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche, Schmerzen und Zittern
Diagnose einfühlsame Gespräche, Fragebögen, körperliche Untersuchung (um andere Erkrankungen auszuschließen)
Therapie Psychotherapie, Antidepressiva, Beruhigungsmittel (kurzfristig und unter ärztlicher Anweisung)

FAQ (Häufige Fragen)

Ist eine Angststörung eine psychische Erkrankung?

Angststörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen Ängste regelmäßig ohne reale Bedrohung auftreten. Ursachen können biologische Faktoren, äußere Auslöser wie Stress oder traumatische Ereignisse sowie genetische Veranlagungen sein.

Wie äußern sich Angststörungen?

Die Symptome sind je nach Grundstörung verschieden. Sehr viele Ängste gehen mit körperlichen Symptomen einher wie:

  • Herzrasen,
  • Atemnot,
  • Schweißausbrüchen,
  • Schmerzen
  • oder Zittern
Was für Angststörungen gibt es?

Es gibt verschiedene Formen von Angststörungen, darunter die generalisierte Angststörung, Panikstörungen, Phobien (spezifische und soziale Phobien) und die posttraumatische Belastungsstörung.

In gewissen Momenten hat jeder Mensch Angst. Sie stellt eine normale Reaktion und wichtige Überlebensfunktion in Reaktion auf eine Bedrohung oder auf psychischen Stress dar. 

Als Störung wird Angst jedoch bezeichnet, wenn:

  • sie in unangebrachten Situationen auftritt,
  • zu häufig auftritt,
  • so intensiv und langanhaltend auftritt, dass sie den Alltag des Betroffen:en beeinträchtigt.

Konkrete Zahlen liegen für Österreich leider nicht vor. Schätzungen zufolge leiden etwa 16 % an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Frauen sind von den meisten Formen der Angsterkrankungen deutlich häufiger betroffen als Männer.

Video: Soziale Phobie

Soziale Phobien zeichnen sich durch starke Angst vor einer Beurteilung in sozialen Situationen aus. Welche Symptome auftreten und was dagegen hilft – darüber spricht Mag. Andrea Rocker, klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin. (18.12.2024)

Ob sich Angst in übersteigerter Form äußert, ist abhängig von einem Zusammenspiel neurobiologischer, erblicher und psychologischer Faktoren: 

  • Neurobiologische Faktoren: Die Ursachen für die verschiedenen Angstformen liegen zum einen im Gehirn: Bei Betroffenen mit Angststörungen ist der Wirkmechanismus von Nerven-Botenstoffen, wie Serotonin, Noradrenalin oder Gamma-Aminobuttersäure, gestört. Es liegt hier eine ähnliche biologische Basis vor wie bei Depressionen.
  • Genetische Faktoren: Auch eine genetische Veranlagung (Vulnerabilität) kann dazu führen, dass Menschen leichter als andere auf bestimmte Situationen mit Angst reagieren. In Familien von Betroffenen ist oft eine Häufung von Angsterkrankungen zu erkennen. 
  • Psychologische Faktoren: Als Auslöser zählen traumatische Erlebnisse (z.B. seelische oder körperliche Gewalt, Mobbing, Tod eines Angehörigen) oder langanhaltender, ausgeprägter Stress. Negative Erfahrungen können die Entstehung und Aufrechterhaltung von Ängsten begünstigen.

Auch durch ein medizinisches Leiden oder die Einnahme bzw. das Absetzen von Drogen oder Medikamenten können Ängste entstehen. So können Herzerkrankungen (wie Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz), Lungenerkrankungen (Asthma, COPD), hormonelle Probleme (z.B. bei Schilddrüsenüberfunktion), aber auch Alkohol, Aufputschmittel oder rezeptpflichtige Medikamente (wie Kortikosteroide) Angstgefühle verursachen. 

Die Symptome sind je nach Grundstörung verschieden. Bei der generalisierten Angststörung steht quälende, unkontrollierbare Sorge im Vordergrund – Betroffene machen sich ständig und immer und überall Sorgen, um die Partner:in, um die Kinder, um das Geld. Sie befürchten Krankheiten, Unfälle. Selbst Alltagsprobleme wie eine kaputte Waschmaschine können bei Angstpatient:innen zur Katastrophe ausarten. Permanente Ängste, denen man hilflos ausgeliefert ist, machen psychisch und physisch krank.

Sehr viele Ängste gehen mit körperlichen Symptomen einher wie:

  • Herzrasen,
  • Beklemmung in der Brust,
  • Atemnot,
  • Schwindel,
  • Übelkeit,
  • Schweißausbrüchen,
  • Schmerzen
  • oder Zittern.

Ängste können sich in ihrer Dauer und Intensität unterschiedlich äußern. Zudem können sie plötzlich, als Panik, auftreten oder sich langsam nach und nach über Minuten, Stunden oder auch Tage aufbauen.

Angststörungen lassen sich folgendermaßen einteilen:

Generalisierte Angststörung Die generalisierte Angststörung beginnt langsam, meist ohne einschneidendes Ereignis, die Wurzeln können schon in der Kindheit liegen (z. B. frühe Trennung von den Eltern). Ohne Therapie wird diese Angststörung chronisch und immer stärker.
Panikstörung/
Panikattacke
Bei Panik-Störungen dauern die Panikattacken zwischen 10 und 30 Minuten, sie können praktisch überall auftreten. Aus heiterem Himmel tritt starke bis stärkste Angst auf. Bedrohlich für Betroffene sind aber nicht nur das immense Angstgefühl, sondern auch die damit verbundenen körperlichen Symptome wie Herzrasen, ein Engegefühl in der Brust, Zittern, Schwindel. Patient:innen mit Panikattacken werden daher oft mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Spital eingeliefert.
Phobien (spezifische Phobie, Agoraphobie, Soziale Phobie)
  • Spezifische Phobien beziehen sich immer auf konkrete Objekte: Am bekanntesten sind da wohl die Flug- und Höhenangst. 
  • Als Agoraphobie bezeichnet man die Angst, sich auf öffentlichen Plätzen oder in Menschenmengen aufzuhalten. 
  • Soziale Phobie: Menschen haben Angst, an einer größeren geselligen Runde teilzunehmen oder in Gegenwart anderer zu essen oder zu schreiben – sie fürchten sich davor, peinlich aufzufallen, kritisiert zu werden.
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Die Posttraumatische Belastungsstörung tritt in Folge eines psychischen Traumas auf, das durch ein extrem belastendes bzw. lebensbedrohliches Ereignis ausgelöst wurde. Betroffene haben u.a. Flashbacks, Albträume, Schlafprobleme.

Bei der generalisierten Angststörung wird häufig gar keine Diagnose gestellt, Betroffenen ist auch vielfach gar nicht bewusst, dass hinter ihrem Leiden eine Krankheit steckt.

Auch von ärztlicher Seite erfordert eine Diagnose viel Einfühlungs- und Fingerspitzengefühl: In einem detaillierten Ärzt:in-Patient:in-Gespräch muss herausgefunden werden, ob tatsächlich eine krankhafte Angst besteht. Je offener die Patient:in über ihre Ängste redet, desto schneller kann eine Beurteilung erfolgen und Hilfe möglich sein. Auch Fragebögen können zum Einsatz kommen.

Bei auftretenden Symptomen, wie z.B. Herzrasen oder Schwindel, wird die Ärzt:in auch eine Reihe körperlicher Untersuchungen durchführen bzw. bildgebende Verfahren nutzen, um körperliche Erkrankungen ausschließen zu können.

Wird eine Angststörung diagnostiziert, kommt bei den meisten Patient:innen eine Psychotherapie oder medikamentöse Behandlung (allein oder in Kombination) zum Einsatz.

Psychotherapie Verschiedene Arten von Psychotherapie werden eingesetzt, es hat sich aber vor allem die kognitive Verhaltenstherapie als sehr wirksam erwiesen.
Medikamentöse Therapie Bei allen Formen der Angststörung können Antidepressiva erfolgreich eingesetzt werden und haben meist die entsprechende Zulassung für die jeweilige Indikation. Beruhigungsmittel (Benzodiazepine, Tranquilizer) werden auch häufig eingesetzt; sie sollten aber nur kurzfristig und nach ärztlicher Anweisung eingenommen werden, um die Gefahr der Abhängigkeit von diesen Medikamenten gering zu halten.

Werden die Ängste durch ein medizinisches Leiden verursacht, wird dieses behandelt und versucht zu beheben. 

Wichtig für eine erfolgversprechende Behandlung ist, dass die Patient:in umfassend über das Krankheitsbild aufgeklärt wird. So, dass der Betroffen:e seine Beschwerden als Ausdruck von Angst erkennen kann und auch lernt, zu seiner Erkrankung zu stehen.

O. Univ.-Prof. Dr. h.c. Mult. Dr. med. Siegfried Kasper, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie

Bei den meisten Patient:innen kommt eine Psychotherapie oder medikamentöse Behandlung, allein oder in Kombination, zum Einsatz.

O. Univ.-Prof. Dr. h.c. Mult. Dr. med. Siegfried Kasper, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie

  • Konfrontation mit Angst: Egal, um welche Art von Angst es sich handelt, frühzeitige Reaktion ist immer hilfreich. Wer unter einer einigermaßen beherrschbaren Angst leidet, sollte Situationen und Objekten, die ihm Angst machen, nicht ausweichen – zum Beispiel bei Höhenangst sehr wohl auf einen Aussichtsturm steigen. Konfrontation mit dem Angstfaktor nimmt häufig die Angst, Vermeidungsverhalten verstärkt sie indes.
  • Sport und Entspannungsübungen: Auch Sporteln kann Ängste lindern, hilfreich sind auch Entspannungsübungen (beispielsweise autogenes Training oder progressive Muskelentspannung).
  • Angst-Tagebuch: Das Führen eines Angst-Tagebuches kann hilfreich sein. Angst und Panik sind häufig mit anderen Gefühlszuständen verbunden. Wer diese Gefühle in einem Angst-Tagebuch beschreibt, kann so lernen, sie besser wahrzunehmen.
  • Darüber reden: Es ist gut, sich einem besonders nahestehendem Menschen anzuvertrauen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann im Umgang mit der Erkrankung helfen. 

Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

21. März 2025

Erstellt am:

25. April 2017

Stand der medizinischen Information:

21. März 2025


ICD-Code:
  • F41

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