Die Symptome können bei affektiven Störungen Stimmungseinbrüche (Depression) oder Hochstimmung (Manie) sein, bipolare affektive Störungen können zu starken Schwankungen führen. Bei Schizophrenien und schizoaffektiven Störungen findet man Wahnvorstellungen, Halluzinationen, das Gefühl, dass andere die eigenen Gedanken lesen können und Energiemangel. Schizophrenie tritt bei 1 %, bipolare affektive Störungen bei zirka 1,5 % und schizoaffektive Störungen bei etwa 0,8 % der Bevölkerung auf. Wenn diese psychischen Störungen nicht frühzeitig mit Psychotherapie und Medikamenten behandelt werden, kommt es zu einem schwereren Krankheitsverlauf. Im Gegensatz zu Neurosen (wie z. B. Angststörungen oder Zwangsstörungen) haben Menschen mit psychotischen Störungen durch den Realitätsverlust weniger bis gar keinen Einblick in ihre Krankheit.
- Psychose ist ein Überbegriff für schwere psychische Störungen, die mit einem Realitätsverlust verbunden sind.
- Bei den Betroffenen kann es unter anderem zu Wahnvorstellungen oder Halluzinationen kommen.
- Häufig treten diese Symptome bei schizoaffektiven Störungen und Schizophrenie auf.
- Psychosen können verschiedene Funktionen wie das Denken, Fühlen und die Wahrnehmung betreffen.
- Menschen mit psychotischen Symptomen werden mittels Medikamente oder Psychotherapie behandelt.
Art | Überbegriff |
---|---|
Beschreibung | psychische Störungen mit Realitätsverlust |
Formen | Schizophrenie, mono- und bipolare affektive Störungen, schizoaffektive Störungen |
Risikofaktoren | genetische Vorbelastung, akute Lebenskrise, Drogenkonsum |
Symptome | Depression, Manie, Halluzinationen, Wahn, Antriebslosigkeit |
Therapie | Psychotherapie, Psychopharmaka |
Schätzungen zufolge sind etwa ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung irgendwann im Leben von einer Psychose betroffen. Die häufigsten Formen sind die Schizophrenie und bipolare affektive Störungen. Frauen und Männer sind insgesamt in etwa gleich oft betroffen.
Als Ursachen für Psychosen wurden Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Begriff erstmals auftauchte, organische Erkrankungen des Nervensystems vermutet – also krankhafte Veränderungen im Gehirn. Tatsächlich können psychotische Symptome wie Stimmen hören oder Wahnvorstellungen auch durch organische Erkrankungen des Nervensystems hervorgerufen werden, wie z. B. Demenz.
Eine genetische Vorbelastung (z. B., wenn ein Elternteil bereits psychotische Symptome hatte) in Kombination mit einer akuten Lebenskrise kann zum Auftreten der ersten Symptome führen, bei Schizophrenie ist es auch oft Drogenkonsum, der das Auftreten der Krankheit begünstigt. Als möglicher Auslöser von Psychosen wird auch ein Ungleichgewicht in der Produktion eines Botenstoffs im Gehirn, dem Neurotransmitter Dopamin, in Erwägung gezogen.
Symptome von psychotischen Störungen betreffen verschiedene Grundfunktionen der menschlichen Psyche:
Übergeordnete Funktion | Symptome | Beispiele |
---|---|---|
Wahrnehmung | akustische, optische, körperliche Halluzinationen | Betroffene:r hört Stimmen, sieht oder spürt etwas, das nicht real ist (z. B. bestimmte Formen oder Schmerz) |
Denken | Denkverlangsamung, Zerfahrenheit, Wahn | der Denkprozess geht langsamer vor sich, das Gesagte ist unzusammenhängend, wahnhafte Gedanken entstehen (z. B. Verfolgungswahn) |
Ich-Funktionen | Gedankenausbreitung, Gedankenentzug, Gedankeneingebung | Betroffene:r hat das Gefühl, dass Gedanken ihm nicht allein gehören bzw. weggenommen oder aber von anderen vorgegeben werden |
Konzentration und Aufmerksamkeit | Auffassungsstörungen, Konzentrationsstörungen | Fragen oder Geschichten werden nicht verstanden, es fällt Betroffenen schwer, bei der Sache zu bleiben |
Antrieb | Antriebslosigkeit | Mangel an Energie |
Affektivität | Depressionen, Affektarmut, Manie/Hypomanie | Trübseligkeit und negative Grundeinstellung, verflachtes Gefühlserleben, krankhafte Hochstimmung/leicht gehobene Stimmung |
Die genannten Symptome treten in unterschiedlicher Stärke bei den verschiedenen Schizophrenie-Formen und schizoaffektiven Störungen auf. Bei den bipolaren affektiven Störungen sind vor allem Antrieb und Affektivität gestört.
In neueren Klassifikationssystemen für Krankheiten (z. B. ICD-10) werden die psychotischen Störungen, die nicht allein auf organischen Erkrankungen basieren, in drei Störungsbilder eingeteilt:
- Schizophrenie
- bipolare affektive Störungen
- schizoaffektive Störungen
Schizophrenie
Der Verlauf ist bei Schizophrenien sehr unterschiedlich: Es können kontinuierliche und phasenhafte Verläufe auftreten, wobei die psychotischen Symptome mal stärker, mal weniger stark ausgeprägt sind oder sogar ganz verschwinden. Bei etwa 20 % heilt die erste psychotische Phase vollständig aus und es treten später keine weiteren Symptome auf. Etwa 60 % der Betroffenen können trotz Erkrankung arbeiten, nur etwa 10 % werden pflegebedürftig. Zirka 10 % der Betroffenen sterben aufgrund einer Selbsttötung.
Bipolare affektive Störungen
Bipolare affektive Störungen treten typischerweise zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr auf, der Verlauf zeichnet sich durch den Wechsel von depressiven Phasen, manischen Phasen und Phasen ohne jegliche Symptome aus. Wenn bipolare affektive Störungen nicht behandelt werden, treten während der gesamten Lebenszeit oft mehr als zehn Krankheitsphasen auf, wobei die Zeiten ohne Symptome immer kürzer werden. Etwa 15 % der Betroffenen sterben aufgrund einer Selbsttötung.
Bipolare affektive Störungen können unterteilt werden in:
- Bipolar-I-Störungen: Depression und Manie (= krankhafte Hochstimmung) sind voll ausgebildet, ca. 1 % der Menschen ist irgendwann im Leben betroffen
- Bipolar-II-Störungen: Depression ist voll ausgebildet, aber Manie nicht (leichtere Form = Hypomanie), ca. 0,5 % der Menschen ist irgendwann im Leben betroffen
Schizoaffektive Störungen
Bei schizoaffektiven Störungen ist der Verlauf phasenhaft, ähnlich wie bei bipolaren affektiven Störungen. Chronische Veränderungen des Charakters (z. B. ein andauernder Verfolgungswahn) treten in der Regel nicht auf, langfristig gesehen ist der Verlauf für Betroffene günstiger.
Bei den schizoaffektiven Störungen liegen keine Häufigkeitsschätzungen vor, da sie aufgrund der Mischform zwischen schizophrenen, manischen und depressiven Symptomen oft nicht klar zugeordnet werden können. Es wird davon ausgegangen, dass 10 – 20 % aller an Schizophrenie oder affektiven Störungen erkrankten Menschen irgendwann in ihrem Leben auch Symptome der jeweils anderen Störung erleben. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, vor allem, wenn keine manischen Symptome vorliegen.
Die Symptome entwickeln sich meist über Jahre hinweg und sind zunächst nicht eindeutig zuzuordnen. Oft äußert sich die Schizophrenie dann akut in einer psychotischen Phase. Daher werden Betroffene meist in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses gebracht, wo dann erst die Diagnose gestellt wird.
Zur Diagnose werden die einzelnen Symptome genau erhoben, unter anderem mit Fragebögen. Diagnostisch können Erkrankungen mit psychotischen Symptomen erst im langfristigen Verlauf sicher in Klassifikationssysteme wie die ICD-10 eingeordnet werden. Denn durch den phasenhaften Verlauf ist zunächst unklar, ob es sich nur um ein einmaliges Ereignis handelt (z. B. vorübergehende akute psychotische Störung) oder sich ein langfristiger Verlauf entwickelt. Zudem muss beachtet werden, dass psychotische Symptome auch im Rahmen von organischen Störungen auftreten können.
Psychosen galten bis in die 1950er, als die ersten Psychopharmaka auf den Markt kamen, als weitgehend untherapierbar und wurden auch von den Vertreter:innen der Psychoanalyse eher vernachlässigt. Manchmal wurde Elektrokrampftherapie eingesetzt, bei der elektrischer Strom Krampfanfälle auslöst, da an Patient:innen mit Epilepsie beobachtet werden konnte, dass sich Psychosen nach einem Anfall besserten.
Mittlerweile werden Erkrankungen mit psychotischen Symptomen wie Schizophrenie, schizoaffektive und bipolare affektive Störungen sowohl mittels Psychotherapie als auch mit Psychopharmaka behandelt.
Es ist von großer Bedeutung, dass die Betroffen:e über die eigene Erkrankung Bescheid weiß – die Vermittlung dieses Wissens nennt man Psychoedukation. Eine vertrauensvolle und offene Gesprächsbasis mit der behandelnden Ärzt:in ist zudem wichtig. Betroffene müssen unbedingt ehrlich angeben, ob sie ihre Medikamente einnehmen, damit keine Fehldosierung passiert.
Außerdem sollten Betroffene bereit sein, sich unter Anleitung einer Ärzt:in auf verschiedene therapeutische Methoden und Medikamente einzulassen, um das beste Behandlungsmittel für die vorliegenden Störungen zu finden. Außerdem kann es sinnvoll sein, die Familie der Betroffene:n miteinzubeziehen – wenn Angehörige die Therapie unterstützen, erhöhen sich die Erfolgschancen.
- Psychiatrie - einschließlich Psychotherapie, R. Tölle & K. Windgassen, Springer Medizin Verlag, 16. überarbeitete und ergänzte Auflage, Heidelberg, 2012
- "The Concept of Psychosis: Historical and Phenomenological Aspects" von M. Bürgy. In: Schizophrenia Bulletin, 2008. (07.08.2023)
- "Psychose", Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (07.08.2023)