Haarausfall (Alopezie, Effluvium)

Frau mit Haarverlust zeigt ihre Bürste.
Fast jede 5. Frau ist von Haarausfall betroffen.
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Der Mensch hat normalerweise 85.000 bis 150.000 Kopfhaare. Der Verlust von 100 Haaren täglich ist normal, bei einer Haarwäsche dürfen es auch bis zu 300 sein. Erst wenn es weit mehr sind, spricht man von Haarausfall.

Medizinische Expertise

Daisy Kopera

Univ.-Prof.in Dr.in Daisy Kopera

Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Kaiser-Josef-Platz 3, 8010 Graz
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Am häufigsten kommt die androgenetische Alopezie vor, deren Ursachen hormonell-genetisch bedingt sind. Jeder 2. Mann und fast jede 5. Frau in Österreich leidet daran. Daneben gibt es auch Arten von Haarausfall, denen eine Krankheit zu Grunde liegt, beispielsweise den auffälligen, kreisförmigen Haarausfall (Alopecia areata), auch Hungerkuren können Auslöser sein.

In Österreich leiden etwa 50 bis 60 % aller Männer an hormonell-genetisch bedingtem Haarausfall (bei den unter 30-Jährigen ist es jeder Dritte), fast jede 5. Frau ist betroffen (nach anderen Quellen ist es jede 10. Frau zwischen 30 und 60). Bei Frauen ist jedoch eine Totalglatze sehr selten. Ob es den Einzelnen mit 25 oder 60 Jahren trifft, bestimmen die Erbanlagen. Neben dem hormonell-genetisch bedingten Haarausfall gibt es noch viele andere Gründe für Haarverlust. Nimmt man alle Formen zusammen, sind 70 % aller Männer und 40 % aller Frauen irgendwann in ihrem Leben von Haarausfall betroffen.

Jede Haarwurzel hat ein genetisch festgelegtes "Wachstumsprogramm", das ihr vorgibt, wann im Leben an welcher Körperstelle auf welchen Reiz hin ein Haar wächst oder ausfällt beziehungsweise verkümmert.

Hormonell-genetischer Haarausfall

Bei dem am häufigsten vorkommenden hormonell-genetisch bedingten Haarausfall (androgenetische Alopezie) verkümmern die Haarwurzeln langsam. Ursache ist eine vererbte Empfindlichkeit der Haarwurzelzellen auf Androgene (Sexualhormone, von denen Männer wesentlich mehr haben als Frauen). Die Erbanlagen bestimmen, in welchem Alter diese Art des Haarausfalls einsetzt; ob es mit Geheimratsecken oder Tonsur beginnt, bestimmt der genetische Code des Haares. Bei Frauen spielt die hormonelle Umstellung nach einer Geburt oder in den Wechseljahren eine Rolle, eine Totalglatze ist bei ihnen sehr selten und auch bei Männern gibt es eine Stelle (Haarkranz am Hinterkopf), wo die Haare mehr oder weniger lebenslänglich oder zumindest bis ins höhere Alter wachsen.

Kreisrunder Haarausfall

Eine weitere häufige Form des Haarausfalls ist die Alopecia areata. Es handelt sich um auffälligen, kreisförmigen Haarausfall mit einer oder mehreren runden kahlen Stellen am Kopf. Frauen sind öfter betroffen als Männer, der Altersgipfel liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Die Ursache ist nicht 100 prozentig geklärt, vermutlich handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Haarwurzeln wegen einer latenten Entzündung zu lange in der Ruhephase bleiben. Grundsätzlich sterben dabei die Haarwurzeln nicht ab, die Haare können also wieder nachwachsen.

Ruhephase der Haare

Normalerweise ist ein Kopfhaar vier bis sechs Jahre in der aktiven Wachstumsphase und geht dann in eine 2 bis 4 Monate dauernde Ruhephase über, in der sich die Haarwurzeln regenerieren. Danach wird wieder neues Haar produziert. Aufgrund schlechter Bedingungen kann sich die Ruhephase aber in die Länge ziehen. Die Haarwurzel geht zwar nicht zugrunde, aber die Anzahl der Haare geht deutlich zurück, neue kommen in der Ruhephase nicht nach. Die schlechten Bedingungen können sein: Extremdiät, einseitige Ernährung, Stress, psychische Belastung, Krankheit, Chemotherapie und andere Medikamente.

Diffuser Haarausfall

Zu den wichtigsten Formen des Haarausfalls gehört auch der diffuse Haarausfall (Alopecia diffusa): Haare gehen büschelweise aus oder das Haar dünnt sich merkbar aus, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Zu den Ursachen für diffusen Haarausfall gehören: Zink-, Biotin- oder Eisenmangel, Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, Hungerkuren, Infektionen, Krebs, Lebererkrankung, Diabetes, bestimmte Medikamente (es gibt mehr als 500 Medikamente, die das Haarwachstum stören können). Oft findet man auch keine Ursache.

Darüber hinaus kann auch chemische (zum Beispiel intensive Blondierung) oder physikalische (zum Beispiel zu strenges Zurückbinden der Haare) Haarschädigung zu vorübergehendem Haarausfall oder zu Haarstrukturschäden führen.

Erster Ansprechpartner sollte nach dem Hausarzt ein Dermatologe sein. Wichtig sind in jedem Fall eine ausführliche Anamnese sowie eine klinische Untersuchung mit Blutbefunden, Hormonstatus, eventuell auch Bestimmung des Haarstatus. Teure Haaranalysen, bei denen eingesandte Haare untersucht werden, tragen meist nicht zur Klärung der Ursache oder Linderung des Zustandsbildes bei.

  • Bei hormonell-genetisch bedingtem Haarausfall ist eine Eigenhaarverpflanzung die erfolgversprechendste Methode. Das kostet in Österreich allerdings 3.000 bis 11.000 Euro.
  • Einige Erfolge wurden auch mit Minoxidil-Lösung (eigentlich ein blutdrucksenkendes Mittel), mit Alfatradiol-haltigen Lösungen sowie mit den rezeptpflichtigen Finasterid-Tabletten (eigentlich Medikamente zur Behandlung der benignen Prostata-Hyperplasie, also der gutartigen Prostata-Vergrößerung) erzielt. Frauen mit erhöhten männlichen Hormonwerten im Blut könnten auch von einer Hormonbehandlung profitieren.
  • Sind zu lange Ruhephasen der Haarwurzeln schuld an schütterem Haar, könnte ein relativ neues Wirkstoffmolekül (Stemoxydine) Erfolg bringen (es reaktiviert Haare in ihrer Ruhephase). Hier geht es dann aber nicht um Glatzenbekämpfung, sondern um Haarverdichtung.
  • Therapie bei der Alopecia areata: Cortison und andere entzündungshemmende Medikamente, psychosomatische Behandlung. Mesotherapie (mit Mininadeln von 4 bis 12 Millimetern Länge werden Medikamente, Pflanzenpräparate oder Vitamine in Minidosen nach einem bestimmten Stichmuster genau dorthin gespritzt, wo sie notwendig sind) könnte bei Alopecia areata theoretisch helfen, kann aber die Ursache nicht bekämpfen.
  • Therapie beim diffusen Haarausfall hängt von der Grunderkrankung ab.
  • Laserbehandlungen werden angeboten, verbessern vielleicht die Durchblutung der Kopfhaut, bringen aber meist nicht das, was sie versprechen.
  • Therapie der Zukunft: Züchtung von Haarfollikeln (Haarbalg; Produktionsstätte eines jeden Haares).
  • Extremdiäten vermeiden: Crash-Kuren können leicht zu Haarausfall führen. Gelatinreiche Kost (Aspik, Rindsuppe) sowie Zink, Selen oder Kieselerde können die Haarstruktur verbessern, die Vitamine B, C und H sind wichtig für das Haarwachstum. Bei Billigangeboten einer Haartransplantation im Ausland genaue Erkundigungen einziehen.
  • Regelmäßiges Bürsten fördert die Durchblutung der Kopfhaut (Gesundheit der Kopfhaut beeinflusst den Haarwuchs). Haarwasser oder koffeinhaltige Shampoos könnten in einigen Fällen ein wenig helfen, garantierte Wirkung gibt es jedoch nicht.
  • Interview mit Univ.-Prof. Dr. Daisy Kopera im März 2013
  • Sommerakademie der österreichischen Apothekerkammer im Juni 2013
  • K. Wernitznig: "Schönheit von innen". In: Forum Gesundheit 2010, 3, S. 33
  • H. Jakesz: "Haarforschung. Stemoxydine aktiviert ruhenden Haarfollikel". In: Pharma Time 2012, 10, S.36-37

Autor:in:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

9. Dezember 2013

Stand der medizinischen Information:

9. Dezember 2013


ICD-Codes:
  • L63
  • L64

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