Sie ergänzt die rein somatische, also körperliche Betrachtungsweise des Menschen um eine psychologische Sichtweise. Behandelt werden organische Krankheiten, bei denen Auslöser und Verlauf von seelischen Problemen mitbestimmt werden.
"Holy Seven", („heilige sieben Krankheiten“) – war der klassische Katalog von sieben psychosomatischen Krankheiten, die 1950 von Franz Alexander beschrieben wurden.
- Ulcus ventriculi (Magengeschwür) und Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür)
- Asthma bronchiale (Bronchialasthma)
- Rheumatoide Arthritis (Chronische Polyarthritis)
- Neurodermitis (Hauterkrankung)
- Essentielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Colitis ulcerosa, Morbus Crohn (chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
Von einigen Autoren wird auch die Migräne zu den „Holy Seven der Psychosomatosen“ gezählt.
Unter der Annahme, dass spezifische Konflikte – v. a . in Kindheit und Jugend – zu einer entsprechenden Dynamik bei der Entstehung solcher Krankheitsbilder führen wurde dieses Konzept auch von Thure von Uexküll aufgegriffen. Er hielt organbezogene vegetative Störungen als Auswirkung eines unbewältigten Dauerstress und bezeichnete sie als Bereitstellungskrankheiten. Sie stellen die chronische Fortführung der Pathodynamik funktioneller Syndrome dar.
Der psychosomatische Ansatz ergänzt die rein somatische, also körperliche Betrachtungsweise des Menschen um eine psychodynamische Sichtweise. Behandelt werden organische Krankheiten, bei denen Auslöser und Verlauf von seelischen Problemen mitbestimmt werden, z. B. ein Magengeschwür, das durch beruflichen Stress ausgelöst wird. Beschwerden wie das Geschwür werden auf körperlicher Ebene durch Medikamentengabe behandelt. Ergänzend dazu erfolgt aber auch eine Psychotherapie, um die Ursache der Symptome – in diesem Fall den beruflichen Stress – zu ermitteln, zu bearbeiten und gegebenenfalls auch zu beheben.
Erkrankungen, die durch emotionale und psychische Konflikte wie beispielsweise Stress oder Überforderungen ausgelöst werden, können mittels psychosomatischer Medizin besser verstanden und auch effizienter und umfassender therapiert werden.
Die psychische Belastung führt bei den Betroffenen zu nachweisbaren organischen Veränderungen und körperlichen Beschwerdebildern.
Zu den klassischen psychosomatischen Erkrankungen zählen unter anderen
- Bluthochdruck
- Schilddrüsenüberfunktion
- Magen-Darm-Störungen wie Reizmagen, Magengeschwür, Reizdarm
- Atemstörungen wie Asthma und unnatürlich beschleunigte Atmung (Hyperventilation)
- Chronische Darmentzündungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
- Chronische Polyarthritis
- Neurodermitis und Arthritis
- Allergien wie Heuschnupfen
- Schlafstörungen und Essstörungen
- HNO-Erkrankungen wie Hörsturz, Tinnitus, Schwindel
- Ängste (Phobien) und Depressionen
- Herzrhythmusstörungen, Herzrasen
Krankheiten werden als ein Geschehen angesehen, das mehrere Ursachen haben kann. Sie ergeben sich aus dem Zusammenwirken seelischer, sozialer und biologischer Faktoren. Anstatt sich nur auf die Funktion der Organe zu konzentrieren, sind bei der Behandlung daher psychische und körperliche Aspekte gleichermaßen von Bedeutung. Das erfordert ein Zusammenspiel aller medizinischen Fachrichtungen. Bei der Diagnose und der Therapie arbeiten daher Ärzte fächerübergreifend mit Psychotherapeuten zusammen.
Nachdem der jeweilige Facharzt – beim Beispiel Magengeschwür etwa ein Internist – den körperlichen Befund stellt und die Symptome behandelt, erfolgt bei einem Psychotherapeuten ein therapeutisches Einzelgespräch. In den psychotherapeutischen Sitzungen werden aktuelle Beschwerden, Konflikte sowie gewohnheitsmäßige Verhaltensweisen und die persönliche Entwicklung des Betroffenen und seine Einstellungen thematisiert. Im intensiven Gespräch können die Auslöser der Erkrankung ermittelt werden. Zusammen arbeiten Arzt und Patient dann an einer Lösung des psychischen Problems, im Beispiel Magengeschwür durch Stress am Abbau von beruflichem Stress bzw. an einem gesünderen Umgang damit oder an der Verbesserung der eigenen Relilienz.
Psychosomatische Behandlungen sind immer dann sinnvoll, wenn eine Erkrankung nicht nur körperlicher bedingt ist, sondern auch durch psychische Einflüsse ausgelöst wird.
Denken Sie bei einer Erkrankung nicht immer nur an die Behandlung der Beschwerden. Das gilt vor allem wenn die Beschwerden trotz Therapie wiederkehrend auftreten. In einigen Fällen besteht die Möglichkeit, dass die Ursache der Beschwerden durch seelische Faktoren mit ausgelöst wird. Erst wenn dieser Auslöser geklärt ist, kann eine dauerhafte Besserung eintreten. Dafür ist es hilfreich, den Psychotherapeuten als Vertrauensperson anzusehen und offen über alle Probleme, Konflikte und Ängste in Ihrem Leben zu berichten.
Bei der psychosomatischen Medizin arbeiten verschiedene Fachrichtungen zusammen. Während ein Allgemeinmediziner oder Facharzt die Symptome behandelt, konzentriert sich ein Psychotherapeut oder Psychiater auf das Patientengespräch, um gemeinsam den Auslöser der Erkrankung zu finden.
Die komplette Übernahme der Behandlungskosten erfolgt nur bei einem stationären Aufenthalt. Wenn der Arzt eine psychosomatische Erkrankung feststellt, können Betroffene bei Ihrer Krankenkasse jedoch einen Zuschuss für die Psychotherapie beantragen. Den Rest der Kosten müssen Sie privat tragen.
- Gesundheit heute, Dr. med. A. Schäffler (Hrsg.), Trias Verlag, Stuttgart, 2014
- Duale Reihe: Psychiatrie und Psychotherapie, H.-J. Möller (Hrsg.), Thieme Verlag, 2009