Eisbaden & Kaltwasserschwimmen – Wie gesund ist es wirklich?

Frau die mit ausgestreckten Armen im kalten Wasser steht, im Hintergrund Winterlandschaft
Beim Eisbaden ist gute Vorbereitung wichtig.
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Eisbaden liegt im Trend. Damit das Baden im kalten Wasser aber nicht zur Gefahr wird, gilt es, Einiges zu beachten.

Medizinische Expertise

Christian Kienbacher

OA Ing. Mag. Dr. med. univ. Christian Kienbacher

Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Gastroenterologie & Hepatologie, Psychologe, Notarzt
Ordination, Endoskopie, Ultraschall, 1090 Wien
healthconcept.at
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In Skandinavien gibt es Eisbaden bzw. Kaltwasserschwimmen (engl. cold water immersion) schon lange, nun ist der Trend auch bei uns angekommen. Menschen, die sich ins Eiswasser wagen, schwören auf die gesundheitlichen Vorteile. Der extreme Kältereiz soll zum Beispiel das Immunsystem stärken und für gute Laune sorgen.

Eisbaden wird anekdotisch als Methode zur Verbesserung von Wohlbefinden und Gesundheit beschrieben. Wird Kaltwasserschwimmen von gesunden Personen in einem regelmäßigen, mit der Jahreszeit angepassten Modus praktiziert, kann es die Stresstoleranz erhöhen und eine gewisse Abhärtung bewirken.

  • Eisbaden soll viele positive Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit haben.
  • Das Schwimmen im kalten Wasser kann bei gesunden Menschen ein gutes Training für das Herz-Kreislauf-System sein.
  • Bei Menschen mit Vorerkrankungen ist Vorsicht geboten.
  • Ein internistischer Check wird im Vorhinein empfohlen.
  • Eisbaden sollte niemals allein durchgeführt werden. Eine Begleitperson kann im Notfall Hilfe leisten.
Vorteile u.a. positive Auswirkung auf Immunsystem, Herz-Kreislauf-System, Psyche
Risiken für Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes sowie Herz- und Gefäßerkrankungen nicht geeignet
Dauer anfangs wenige Sekunden, je nach Fortschritt bis ca. 2 – 5 Minuten

FAQ (Häufige Fragen)

Was bringt Eisbaden für den Körper?

Dem Trend ums kalte Bad werden viele positive Effekte zugeschrieben. So soll es z.B. das Immunsystem stärken, die Durchblutung fördern und Stress reduzieren. Die wissenschaftliche Evidenzlage ist diesbezüglich jedoch noch nicht ganz klar.

Wie oft ist Eisbaden in der Woche gesund?

Um positive Auswirkungen des Eisbadens zu verspüren, ist Regelmäßigkeit (etwa 2 Mal pro Woche) wichtig. Ein einmaliges Kaltwasserbad ist zwar ein Erlebnis, hat aber keinen relevanten Gesundheitswert.

Wie lange sollten Anfänger:innen Eisbaden?

Das Eisbad sollte nur wenige Sekunden dauern und nur langsam gesteigert werden. Auch Fortgeschrittene bleiben maximal wenige Minuten im kalten Wasser. 

Als Eisbaden oder Winterschwimmen bezeichnet man das Baden in kalten Gewässern – meist See, Fluss oder Meer. Es gibt keine strenge Definition dafür, ab wann man von "kaltem Wasser" spricht. Verschiedene physiologische Reaktionen können ab einer Temperatur von unter 15°C auftreten, die im Muster und Ausmaß bei 0°C sehr ähnlich sind. Studienprotokolle sind sehr unterschiedlich – von ungeübten Personen, die ein kurzes Eisbad nehmen, bis hin zu längeren statischen (im kalten Wasser bleiben, ohne sich zu bewegen) und dynamischen, erfahrenen Kaltwasserschwimmer:innen.   

Beim Eisbaden konkret liegt die Wassertemperatur unter fünf Grad Celsius. Das Eisbad dauert zunächst nur wenige Sekunden und kann mit der Zeit langsam gesteigert werden. 

Wichtig ist: Niemals alleine Eisbaden! Der Aufenthalt in eiskaltem Wasser kann lebensgefährlich sein.  

Eisbaden ist nur für gesunde Menschen empfehlenswert. Vom Bad im kalten Wasser sollte Abstand genommen werden bei: 

Prinzipiell ist es immer gut, sich vor dem Eisbad ärztlich untersuchen zu lassen. 

Dem Trend ums kalte Bad werden viele positive Effekte zugeschrieben. So soll es z.B. das Immunsystem stärken, die Durchblutung fördern und Stress reduzieren. Die wissenschaftliche Evidenzlage ist diesbezüglich jedoch noch nicht ganz klar. Für viele der attestierten Effekte liegt nur anekdotische Evidenz vor. 

Um positive Auswirkungen des Eisbadens zu verspüren, ist jedenfalls Regelmäßigkeit (etwa 2 Mal pro Woche) wichtig. Ein einmaliges Kaltwasserbad ist zwar ein Erlebnis, hat aber keinen relevanten Gesundheitswert. 

Wird der Körper dem kalten Wasser ausgesetzt, löst das einen Stresszustand aus. Ein Kälteschockreflex sowie verschiedene akut physiologische Reaktionen können auftreten wie, 

  • plötzliches Lufteinziehen,
  • Hyperventilation, 
  • Tachykardie, 
  • periphere Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße)
  • und Anstieg des Blutdrucks.

Eine kritische (und potenziell tödliche) Abnahme der Körpertemperatur wird durch eine Reduktion der Wärmeverlustrate verzögert. Durch Zittern als eine Form der Thermogenese wird die Wärmeproduktion gesteigert. Die Intensität des Zitterns hängt mit der Dauer und Schwere der Kälteexposition und individuellen Merkmalen der Person (z.B. Körperfettanteil, Blutfluss) zusammen. 

In Studien wurde bei wiederholtem regelmäßigen Kaltwasserschwimmen Anpassungsreaktionen beobachtet, die sich auf die Gesundheit auswirken. Wiederholtes Eisbaden führt zu einer Gewöhnung an den Kälteschockreflex, da die Reaktion bei gleicher Reizstärke abnimmt.

Sinkt die Temperatur auf der Haut, werden als Schutzreaktion die Kälterezeptoren an der Körperoberfläche aktiviert. Die Gefäße verengen sich, um das Blut im Körperinneren zu bündeln und die Organe vor der Kälte zu schützen. Der Blutdruck steigt an und die Arbeitsbelastung des Herzens wird erhöht. Wärmt man sich nach dem Kaltbad auf, weiten sich die Gefäße dann wieder und der Körper wird vom Blut regelrecht durchströmt.

Wird Kaltwasserschwimmen regelmäßig praktiziert, hat es einen positiven Einfluss auf kardiovaskuläre Risikofaktoren wie das Lipidprofil und senkt den Blutdruck. Auch der Stoffwechsel wird angeregt. Bei gesunden, fitten Menschen ist diese Belastung ein gutes Training für das Herz-Kreislauf-System, bei kranken Menschen kann dies jedoch gefährlich sein.

Der Stress, der durch das Eintauchen ins kalte Wasser verursacht wird, hat auch Einfluss auf verschiedene Hormone: 

  • Anstieg von Stresshormonen wie Katecholamine und Adrenocorticotropin (ACTH)
  • Anstieg von Cortisol
  • Erhöhung der Insulinsensitivität 
  • Ausschüttung von Thyreotropin (TSH)

Zudem kommt es zu einer Abnahme von Triglyzeriden.

Personen, die regelmäßig im Kaltwasser schwimmen, geben an, an weniger und milderen Infekten (der oberen Atemwege) zu erkranken, als vor ihrem Beginn mit dem Eisschwimmen. Dafür würde sich biologisch gesehen eine plausible Erklärung finden, denn der kurzfristige Kältestress versetzt das Immunsystem in Alarmbereitschaft und es bereitet sich auf die Abwehr von Infekten vor. Die Schleimhäute werden besser durchblutet und Bakterien und Viren gelangen schwerer in den Nasen-Rachen-Raum. 

Im Verlauf einer Akklimatisierung könnten sich sowohl die Parameter des Immunsystems als auch die Gesundheit verbessern. Tatsächlich liegen Hinweise vor, dass Kaltwasserschwimmen einen Einfluss auf die immunspezifischen Hämatologieparameter wie Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Immunglobuline hat. Untersuchungen der Auswirkungen von Kaltwasserschwimmen auf Parameter des Immunsystems führten jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es scheint aber einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an Stress und der Konzentration der Leukozyten zu geben.

Auch auf die Psyche scheint sich Eisbaden positiv auszuwirken. Durch den Kältestress werden Hormone freigesetzt: Das sympathische Nervensystem wird aktiviert und die Konzentration von Noradrenalin, Endorphinen und Cortisol wird erhöht. Dieser Hormoncocktail macht hellwach, leistungsfähig, stressresistent und glücklich.

Das Baden im kalten Wasser hat einen antidepressiv wirkenden Effekt und könnte bei einer regelmäßigen Nutzung zu einer Verbesserung des Wohlbefindens beitragen.   

Zudem wird vermutet, dass der Anstieg von Noradrenalin zu einer verminderten Schmerzwahrnehmung führt.

Es gibt auch Hinweise darauf, dass die mit der Thermogenese verbundenen Mechanismen der Energieverschwendung das Körpergewicht und die Fettmasse verringern könnten. So wird als Sicherheitsmechanismus des Körpers, um nicht auszukühlen, das braune Fettgewebe aktiviert, dessen Zellen Tryglizeride verbrennen und Energie, Zucker und Fett in Wärme umwandelt. 

Jedoch in begrenztem Ausmaß: Die Fettdepots betragen nur wenige Gramm und Thermogenese durch braunes Fettgewebe ist nur für einen Energieverbrauch von maximal etwa 20 Kalorien pro Tag verantwortlich.

Eisbäder werden gerne zur Regeneration nach intensiver sportlicher Betätigung genutzt, da angenommen wird, dass sich das Kaltwasserbad günstig auf das absolvierte Training und die Leistungsfähigkeit auswirkt. In vielen Studien werden positive Auswirkungen auf die Muskelkraft, den Muskelkater und die wahrgenommene Erholung nach dem Training untersucht. Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kaltwasserbäder trainingsinduzierte Entzündungen reduzieren können. Seitens der Wissenschaft gehen die Meinungen, inwiefern und ob Eisbäder positiv wirken, jedoch auseinander. 

Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Eisbaden nicht geeignet. Der extreme Kältereiz kann eine zu große Belastung für das Herz-Kreislauf-System bedeuten und lebensgefährlich sein. Auch gesunde, fitte Menschen sollten erst nach Absprache mit einer Ärzt:in im eiskalten Wasser baden und sich gut darauf vorbereiten. Wer erkältet ist oder sich nicht fit fühlt, sollte auf das Eisbad verzichten.

Vorsicht vor Unterkühlung

Der Körper beginnt bereits ab einer Körperkerntemperatur von 36°C mit Zittern, erhöhter Herzfrequenz und Atemrate. Wie schnell eine Unterkühlung droht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie: 

  • Temperatur des Wassers
  • Verweildauer
  • Geschlecht der badenden Person
  • Die individuelle Menge an weißem Fett

Wie lange man im kalten Wasser bleiben soll, ist individuell sehr verschieden. Unter anderem spielen Trainingsfortschritt und Wassertemperatur eine wichtige Rolle. Geht man zum ersten Mal Eisbaden, sollte man nur wenige Sekunden im Wasser bleiben.

  • Sprechen Sie mit einer Ärzt:in über Ihr Vorhaben.
  • Beginnen Sie bereits im Herbst mit dem Eisbaden, wenn die Temperaturen noch nicht ganz so kalt sind.
  • Duschen Sie regelmäßig kalt.
  • Atemübungen können helfen (siehe Wim-Hof-Methode).
  • Suchen Sie eine Begleitperson oder eine professionelle Trainer:in für das Eisbaden. Es sollte immer jemand dabei sein, der im Notfall helfen kann.
  • Vor dem Eisbaden sollte man gut aufgewärmt sein.
  • Tragen Sie Neoprenschuhe, Handschuhe und eine Mütze beim Eisbaden.
  • Langsam herantasten: Gehen Sie langsam und Schritt für Schritt ins Wasser. Niemals ins Wasser springen!
  • Zu Beginn reicht es aus, wenn Sie knöchel- oder kniehoch im kalten Wasser stehen.
  • Achten Sie auf eine ruhige und gleichmäßige Atmung.
  • Hören Sie auf Ihren Körper! Haben Sie das Gefühl, dass die Atmung schwerer wird oder der Kreislauf nicht mehr mitmacht, sollten Sie umgehend das Wasser verlassen.
  • Wichtig: Der Kopf bleibt – vor allem anfangs – über Wasser. Auch die Hände müssen nicht eingetaucht werden, da die Extremitäten besonders schnell auskühlen.
  • Das Eisbad sollte nur wenige Sekunden dauern und nur langsam gesteigert werden. Auch Fortgeschrittene bleiben maximal wenige Minuten im kalten Wasser. 
  • Nach dem Baden rasch die nassen Sachen ausziehen, gut abtrocknen und warm anziehen.

Eisbaden wird oft in einem Atemzug mit der Wim-Hof-Methode genannt, aber wieso? Die Wim-Hof-Methode ist eine wissenschaftlich anerkannte Atemtechnik des niederländischen Extremsportlers Wim Hof. Sie soll dabei helfen, den Körper – und vor allem die Abwehrkräfte – zu stärken. Durch die spezielle Atemtechnik soll sowohl Hitze als auch Kälte leichter ertragen werden. Die Wim-Hof-Methode verbindet Atmung, Kältetraining und Konzentration. 

So geht die Wim-Hof-Atmung:

  • 30- bis 40-mal tief und ohne Pause ein- und ausatmen
  • anschließend eine Minute lang die Luft anhalten
  • mehrere Runden wiederholen

Achtung: Falsch oder zu intensiv eingesetzt kann die Atemtechnik zu Schwindel oder Herzrasen führen. Wichtig ist, langsam zu beginnen und auf den eigenen Körper zu hören.
 
So geht die Kältetherapie:

Mit der Kältetherapie sollte erst begonnen werden, wenn die Atmung beherrscht wird. Wie auch beim Atmen sollte der Körper langsam an die niedrigen Temperaturen gewöhnt werden. Nach der Wim-Hof-Methode sind 2 – 5 Minuten täglich optimal. 

  • nach dem Duschen die Wassertemperatur auf Kalt stellen
  • zuerst Füße, dann Beine kalt abbrausen, später nach oben arbeiten, bis zum Schluss eine komplette kalte Dusche oder Eisbaden ausgehalten wird

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Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

4. Dezember 2024

Stand der medizinischen Information:

4. Dezember 2024

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