Erste typische Symptome der "Überzuckerung" sind vermehrtes Durstgefühl bei gleichzeitigem Harndrang, niedriger Blutdruck, Müdigkeit, Übelkeit und Bauchschmerzen. Diabetiker:innen sollten neben der vorbeugenden Maßnahme der regelmäßigen Blutzuckermessung im Falle einer Hyperglykämie viel trinken und gegebenenfalls Insulin spritzen. Tritt keine Besserung ein oder steigen die Werte weiter an, kann es unbehandelt zu akuten Komplikationen bis hin zum lebensbedrohlichen diabetischen Koma führen.
- Liegt der Blutzucker über dem Grenzwert von 250 mg/dl, spricht man von Hyperglykämie oder umgangssprachlich auch von "Überzuckerung".
- Hyperglykämie steht im Zusammenhang mit Diabetes.
- Mögliche Auslöser sind falsch eingenommene Medikamente, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung.
- Typische Symptome sind Bauchschmerzen, starke Müdigkeit und ein verstärktes Durstgefühl.
- Eine akute Hyperglykämie wird mit der sofortigen Gabe von Insulin behandelt.
- Bei ausbleibender Therapie können akute und langfristige Folgen entstehen.
Art | Ungesunder Blutwert |
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Beschreibung | Blutzuckerwert über 250 mg/dl |
Ursache | Diabetes |
Unmittelbare Auslöser | Ernährung, Medikamente, Infekt, Stress |
Symptome | starkes Durstgefühl, Bauchschmerzen, Müdigkeit |
Therapie | Gabe von Insulin |
Von Hyperglykämie spricht man bei einem Blutzuckerwert von über 250 mg/dl (13,8 mmol/l). Bedrohlich werden die Werte ab 400 mg/dl, Werte ab 600 bis 1.000 mg/dl können zu Bewusstseinstrübungen bis hin zum lebensgefährlichen diabetischen Koma führen. Die Krankheit Diabetes mellitus ist durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet. Das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird, senkt den Zuckergehalt im Blut, indem es dafür sorgt, dass der der Zucker über das Blut in die Zellen transportiert wird. Ist zu wenig oder kein Insulin vorhanden, bleibt der Zucker im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt.
Typ-1-Diabetiker:innen haben einen Insulinmangel, Typ-2-Diabetiker:innen eine Insulinresistenz, das heißt dass die Zellen auf das Insulin nicht ansprechen. Diabetiker:innen können den erhöhten Zuckergehalt im Blut nur mit einer blutzuckersenkenden Therapie regulieren, dessen Ziel es ist, akute und langfristige Komplikationen wie z.B. den diabetischen Fuß, Augenprobleme etc. zu vermeiden.
Leichte Schwankungen der Blutzuckerwerte nach oben gehören bei Personen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 zum Alltag. Sehr hohe Blutzuckerwerte (bis 600 mg/dl) mit gefährlichen Stoffwechselentgleisungen kommen je nach Diabetes-Typ unterschiedlich häufig vor:
- Die Stoffwechselentgleisung diabetische Ketoazidose betrifft pro Jahr etwa 4 bis 5 von 1.000 Diabetiker:innen. Ein Viertel aller diagnostizierten diabetischen Ketoazidosen tritt bei der ersten Diabetesdiagnose auf, wobei vor allem Kinder unter 4 Jahren davon betroffen sind.
- Die Stoffwechselentgleisung hyperosmolares Koma betrifft überwiegend ältere Typ–II-Diabetiker:innen und ist mit einem höheren Sterberisiko verbunden.
Mehr zum Thema: Diabetes » Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Eine Hyperglykämie kann verschiedene Ursachen haben:
- Zu viel und falsches Essen (z.B. Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen, wie Weißmehlprodukte, zuckerhaltige Getränke, Süßigkeiten)
- Falsche Einnahme der Diabetesmedikamente
- Zu niedrig dosiertes Insulin
- Insulindosis vergessen
- Stress
- Fieberhafte Infekte
- Zu wenig Bewegung
- Defekte Insulinpumpe
- Nachlässigkeit bei der Blutzuckermessung oder wenn sich dadurch zum ersten Mal eine Diabetes-Erkrankung bemerkbar macht.
Vor allem Diabetes Typ 1 wird oft erst durch die typischen Anzeichen einer Hyperglykämie diagnostiziert, da es dabei zu erhöhtem Harndrang, gleichzeitig zunehmendem Durstgefühl und deutlichem Gewichtsverlust kommt. Oft werden diese Beschwerden nicht ernst genommen, weil der Betroffen:e glaubt, dass der häufige Toilettengang die logische Folge des vielen Wassertrinkens sei. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Der Durst ist gesteigert, weil der Körper den hohen Wasserverlust ausgleichen muss.
Erste Symptome einer Hyperglykämie sind:
- Verstärktes Durstgefühl bei gleichzeitig erhöhtem Harndrang, da der Körper versucht, den hohen Zuckergehalt im Blut über den Urin auszuscheiden
- Bauchschmerzen
- Niedriger Blutdruck
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
Bei länger anhaltender Überzuckerung können weitere Symptome folgen:
- Sehstörungen
- Übelkeit
- Erbrechen
- spezifische Anzeichen für eine diabetische Ketoazidose: tiefe Atmung (Kussmaul-Atmung) und Acetongeruch der Atemluft (ähnlich wie Nagellackentferner)
- Bewusstseinsstörungen
Bei Menschen ohne Diabetes liegt der Blutzuckerspiegel nüchtern unter 100 mg/dl (5,6 mmol/l), nach dem Essen steigt der Wert gewöhnlich nicht über 140 mg/dl (7,8 mmol/l). Blutzuckerwerte über diesem Bereich bleiben oft lange Zeit symptomlos oder die Beschwerden werden falsch gedeutet. Je häufiger und vor allem je länger hohe Blutzuckerwerte vorkommen, desto größer sind auch die Risiken für akute wie langfristige Komplikationen. Der Zucker im Blut schädigt die kleinen und großen Blutgefäße sowie die Nerven. Die Folgen sind etwa
- Herzkreislauferkrankungen
- Augenerkrankungen
- Nierenerkrankungen
- Nervenstörungen
Bei Diabetiker:innen sollte sich der gemessene Blutzucker diesen Werten annähern, d.h. idealerweise nüchtern zwischen 90 und 120 md/dl (4,4 bis 6,7 mmol/l) und 2 Stunden nach dem Essen unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l) liegen. Werden die Selbstmessungen des Blutzuckers nicht regelmäßig oder nur selten durchgeführt und der Blutzuckerwert steigt unerkannt an, können mehrere Tage bis Wochen vergehen, bis aus einer nicht behandelten, leichten Hyperglykämie extreme Blutzuckerentgleisungen entstehen.
Typisch dafür sind:
- für den Typ-1-Diabetiker das ketoazidotische Koma und
- für den Typ-2-Diabetiker das hyperosmolare Koma
Diabetische Ketoazidose (DKA)
Wer ist betroffen? | Überwiegend Typ-1-Diabetiker:innen, aber auch insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker:innen |
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Was ist die Ursache? | Ein Insulinmangel, wodurch der Körper versucht, die fehlende Energie durch den Abbau von Fetten unter der Bildung von Ketonkörpern auszugleichen. Dies führt zu einer Übersäuerung (Azidose) im Blut. |
Wodurch wird der Insulinmangel ausgelöst? |
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Was sind die typischen Symptome? |
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Wenn die Behandlung fehlt? |
Unbehandelt kann die DKA zum lebensbedrohlichen ketoazidotischen Koma führen, das Nieren-, Herz- und Kreislaufversagen zur Folge haben kann und unbedingt intensivmedizinisch behandelt werden muss. |
Hyperosmolares Koma
Wer ist betroffen? | Diese schwerwiegende Form der Stoffwechselentgleisung betrifft überwiegend ältere Typ-2-Diabetiker:innen, da die Bauchspeicheldrüse noch genügend Insulin produziert. |
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Was passiert beim Hyperosmolaren Koma? | Eine Ketoazidose wird zwar verhindert, da es nicht zum Fettabbau kommt - die sehr hohen Blutzuckerwerte bewirken jedoch eine vermehrte Wasserausscheidung mit darin gelöster Glukose über die Nieren. Der enorme Flüssigkeitsverlust führt zur Austrocknung des Körpers und kann unbehandelt ebenso zum Koma führen. |
Was sind die Ursachen? |
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Verlauf | Das hyperosmolare Koma entwickelt sich im Gegensatz zu den recht plötzlich auftretenden Beschwerden der Ketoazidose oft schleichend über mehrere Tage und Wochen. |
Sofern es sich aufgrund der Symptome nicht um die Erstdiagnose Diabetes handelt, ist zur Feststellung einer Hyperglykämie nicht unbedingt eine Ärzt:in erforderlich. Es wird jeder Diabetiker:in empfohlen, mit ihrem Blutzuckermessgerät mehrmals täglich vor jeder Mahlzeit den Blutzucker zu messen. Bei Werten über 250 mg/dl (13,8 mmol/l) muss der Betroffen:e oder ein Angehöriger entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wichtig ist, dass die Diabetiker:in Schulungen in Anspruch nimmt und gut informiert ist, um erste Anzeichen einer oft schleichenden Überzuckerung rechtzeitig zu erkennen und richtig zu handeln.
Zur Feststellung schwerwiegender Stoffwechselabweichungen werden folgende Parameter untersucht:
- Bei Verdacht auf Ketoazidose: Neben dem Blutzucker wird zusätzlich der Harn auf Zucker und Ketonkörper untersucht. Außerdem werden im Labor der Grad der Übersäuerung (pH-Wert) sowie Blutgase und Blutsalze (Natrium, Kalium) analysiert.
- Bei Verdacht auf hyperosmolares Koma: Neben dem Blutzucker (sehr hoch, mindestens 600 mg/dl) und den Blutsalzen werden zusätzlich die Entzündungswerte analysiert, da diese Form der Stoffwechselentgleisung auch durch Infektionen verursacht werden kann. Im Gegensatz zur Ketoazidose ist keine Übersäuerung im Blut feststellbar.
- Die akute Hyperglykämie wird klinisch mit der sofortigen Gabe von Insulin behandelt.
- Betroffene sollten außerdem viel Wasser trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
- Der Blutzucker sollte in regelmäßigen Abständen gemessen und mittels Teststreifen die Azetonausscheidung im Urin überprüft werden.
Bei steigenden Werten, Verschlechterung des Zustands oder Zunahme der Symptome sollte nicht lange gezögert, sondern rechtzeitig die Notärzt:in kontaktiert werden.
Ernste Komplikationen wie Formen des diabetischen Komas müssen intensivmedizinisch behandelt werden. Je rascher gehandelt wird, desto weniger Folgeschäden an Organen (Magen, Darm) oder Nierenversagen sind zu erwarten!
Hinweis: Bewusstlosigkeit bei Diabetiker:innen kann sowohl von Unterzucker (Hypoglykämie) als auch von Überzucker ausgelöst werden. Gefährlicher ist jedoch der Unterzucker, deshalb sollte im Zweifel immer Zucker und niemals Insulin verabreicht werden!
Mehr zum Thema: Hypoglykämie » Welche Symptome können auftreten?
Vorbeugende Maßnahmen:
- Messen Sie regelmäßig selbst Ihren Blutzucker!
- Achten Sie auf Ihre Ernährung und halten Sie sich an die Empfehlungen der Ärzt:in
- Nehmen Sie spezielle Diabetesschulungen in Anspruch, um die Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen und richtig darauf zu reagieren
- Besprechen Sie mit Angehörigen und Freunden, was in einer Notfallsituation zu tun ist
- Vermeiden Sie Spritz-, Aufzieh- und Dosierfehler
- Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Injektionshilfen
- Tragen Sie Keton-Teststreifen und Normalinsulin mit sich
- Machen Sie regelmäßig Bewegung
- Vermeiden Sie Stress und Aufregung
Infektionen, Magen-Darm-Erkrankungen oder andere Medikamente können den Blutzuckerspiegel bzw. die Aufnahme von Insulin oder blutzuckersenkenden Medikamenten beeinflussen, daher gilt auch hier: Besprechen Sie eventuelle Dosisanpassungen mit Ihrer Ärzt:in!
- Diabetologie in Klinik und Praxis, H.U. Häring et al., 6. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart, 2011
- Schulungsbuch für Diabetiker, G.-W. Schmeisel, 7. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München, 2011
- Diabetes Handbuch, P. Hien et al., 7. Auflage, Springer Verlag, Berlin-Heidelberg, 2013
- Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, O. Hiort et al., Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg, 2010
- Deutsche Diabetes Hilfe/Diabetisches Koma (30.04.2020)
- Aktive Diabetiker Austria/Typ 1 Diabetes (30.04.2020)