Sich möglichst viel über das Thema Sexualität informieren zu wollen, ist ein Bedürfnis, das in der Jugend von ganz allein entsteht und einem völlig natürlichen Interesse entspringt. Smartphones und andere mobile Geräte bieten raschen und einfachen Zugang ins Internet. Bei der Suche nach Informationen kommen Jugendliche jedoch mit unterschiedlichsten Formen von sexuellen Inhalten in Berührung. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche lernen, die vielfältigen Informationen im Netz richtig zu bewerten und einzuordnen.
- Bei der Nutzung digitaler Medien kommen Jugendliche früh mit unterschiedlichsten Formen von sexuellen Inhalten in Kontakt.
- Zu den Inhalten, denen Heranwachsende im Netz begegnen, gehören unter anderem Pornos, die wenig bis gar keine seriösen Informationen bieten und verunsichern können.
- Heikle Themen, mit denen man sich bei der Nutzung digitaler Medien auch auseinander setzen sollte, sind Sexting, sexuelle Anmache, Cybergrooming und Sextortion.
- Die beste Prävention, um Kinder und Jugendliche zu schützen, lautet entwicklungsgerechte sexuelle Bildung und begleitende Aufklärung.
Körperliche Veränderungen, erste Liebesgefühle, erste Erfahrungen mit Sexualität – gerade in der Pubertät tauchen viele brennende Fragen auf, die beantwortet werden wollen. Es ist Teil der Entwicklung und des natürlichen Ablösungsprozesses, dass Jugendliche intimste Fragen nicht mehr mit den Eltern, sondern eher mit Gleichaltrigen besprechen möchten. Oft verlassen sie sich auf Informationen aus dem Freundeskreis, aber auch aus den digitalen Medien.
Im Internet haben sie die Möglichkeit konkrete Antworten zu erhalten – auf Fragen, die sie sich sonst vielleicht gar nicht stellen trauen würden und ohne langweilige biologische Details, die oftmals ohnehin unverständlich sind.
Häufige Fragen, die Jugendliche beschäftigen, sind z.B.:
- Wie geht Sex?
- Was muss man alles über Sex wissen?
- Wie "funktionieren" Menschen konkret in ihrer Sexualität?
- Was bedeutet Lust und wie fühlt sich das genau an?
- Wie muss man sich verhalten, um sexuell erwachsen und attraktiv zu sein?
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Sucht man nach Informationen im Internet, sind die Ergebnisse leider häufig ungefiltert. So gehören zu den Inhalten, denen Kinder und Jugendliche im Netz begegnen, unter anderem auch pornografische Darstellungen. Doch nicht nur bei der aktiven Recherche stoßen sie auf dieses Material. Auch über das Handy, per Mail oder Instant Messenger, werden pornografische Videoclips versendet.
Pornos bieten wenig bis keine seriösen Informationen und haben auch keinen bildenden Charakter. Sie zeigen nicht wie Menschen Sexualität in der Realität leben. Es handelt sich dabei vielmehr um Filme, die sich jemand ausgedacht hat, sozusagen sexuelle Fantasien. Meist sind es unrealistische Darstellungen, die viel übertriebene Aktivität und viele Körperflüssigkeiten beinhalten. Häufig wird ein Bild von Sexualität vermittelt, das Macht und Gewalt hervorhebt. Auch das Thema Konsens (Einvernehmlichkeit) wird nicht nähergebracht.
Fehlt den Jugendlichen die Kompetenz, die gesehenen Inhalte kritisch zu hinterfragen oder verfügen sie über kein weiterführendes Wissen, können Pornos durchaus verunsichern und die eigene Entwicklung und (zukünftige) Sexualität negativ beeinflussen.
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Neben der Recherche wird das Internet aber auch zur Kommunikation mit anderen Nutzer:innen sowie zur Unterhaltung genutzt. Soziale Netzwerke wie Instagram oder TikTok, aber auch Foren und Chats (z.B. in Online-Games) bieten die Möglichkeit, mit anderen zu interagieren. Auch die Möglichkeit der Selbstdarstellung wird in Sozialen Medien gerne genutzt: Man präsentiert sich selbst in Bildern, Videos, Postings und erhält von seinen Online-Kontakten Reaktionen in Form von Likes und Kommentaren.
Das Anbahnen und Beenden von Beziehungen geschieht heute häufig online. Man knüpft neue interessante Bekanntschaften, chattet und flirtet. So einfach und schnell das Kennenlernen im Netz auch stattfinden kann, so abrupt kann dieser neue Kontakt jedoch auch wieder (z.B. über Instant Messenger) beendet werden – manchmal auch ohne Angabe von Gründen. Ein bekanntes Dating-Phänomen in diesem Zusammenhang ist das "Ghosting": Dabei wird der Kontakt plötzlich und wortlos beendet, Anrufe werden blockiert und Nachrichten nicht mehr beantwortet – ohne erklärende Worte, ohne Abschiedsgruß. Betroffene werden oft mit vielen Fragen zurückgelassen.
Wichtige Themen im Zusammenhang mit digitalen Medien und Sexualität sind:
Sexting | Setzt sich aus den Worten "Sex" und "Texting" zusammen und beschreibt einen Trend, bei dem erotische Bilder bzw. Nacktfotos von sich selbst oder von anderen über das Handy verschickt werden. Meist werden anzügliche Aufnahmen zum Flirten oder als Liebesbeweis an Partner:innen gesendet. Gehen die Beziehungen in die Brüche, landen die Fotos jedoch häufig auf diversen anderen Handys oder auch im Internet und können unter einem größeren Publikum verbreitet werden. |
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Sexuelle Anmache, Dickpics | Eine der Schattenseiten von Sozialen Medien ist unerwünschtes Anbaggern. Nutzer:innen erhalten unaufgefordert Dickpics (Penisbilder) oder selten auch Vulvapics (Bilder von weiblichen Genitalien) und werden aufgefordert, intime Informationen oder Fotos von sich zu übermitteln. Unaufgeforderte Dickpics (und Vulvapics) sollten zumindest dem Betreiber der Plattform gemeldet werden. Erhält man mehrere solcher Bilder von einer Person, kann und sollte dies auch zur Anzeige gebracht werden. |
Grooming & Sextortion | Bei Cybergrooming und Sextortion handelt es sich um Straftaten, die wenn möglich, zur Anzeige gebracht werden sollten. Bei Grooming versuchen erwachsene Täter:innen sich das Vertrauen von Kindern/Jugendlichen zu erschleichen und bitten um ein reales Treffen – mit dem Ziel der sexualisierten Gewalt. Bei Sextortion gelangen Unbekannte an geheime Informationen oder Nacktfotos und erpressen die betroffene Person damit, z. B. mit der Drohung diese zu veröffentlichen. |
Unaufgeforderte Dickpics (und Vulvapics) sollten zumindest dem Betreiber der Plattform gemeldet werden. Erhält man mehrere solcher Bilder von einer Person, kann und sollte dies auch zur Anzeige gebracht werden.
Die einen nutzen digitale Medien mehr, die anderen vielleicht weniger – feststeht jedoch: Kinder und Jugendliche bewegen sich im Internet und man kann sie nur bedingt vor den Gefahren und Risiken des World Wide Webs schützen. Man kann versuchen ihnen den Zugang zu erschweren. In der Regel finden Jugendliche jedoch immer einen Weg, Verbote zu umgehen oder sie stoßen zufällig auf Inhalte. Umso wichtiger ist es, offen mit ihnen über Sexualität und digitale Medien zu sprechen.
Durch Aufklärung kann man das Kind in seiner sexuellen Entwicklung unterstützen und es so auch aktiv vor Übergriffen und Missbrauch schützen. Es ist hilfreich, wenn man mit Jugendlichen über Pornographie spricht und verdeutlicht, dass diese Inhalte wenig mit Sexualität in der Realität zu tun haben. Bringen Sie zum Ausdruck, dass Sex etwas Positives ist und, dass es völlig in Ordnung ist, sich darüber zu informieren. Zeigen Sie dem Jugendlichen, welche Informationsquellen im Internet seriös und empfehlenswert sind sowie hilfreiche Informationsmöglichkeiten außerhalb der Online-Welt wie z.B. Bücher oder Broschüren.
Damit sich Heranwachsende sicher und verantwortungsvoll im Netz bewegen, ist es nötig, dass sie digitale Kompetenzen erlangen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind z.B. über:
- Das Internet, das nicht vergisst: Einmal veröffentlichte Daten können oft nicht mehr gelöscht werden.
- Selbstportraits: Was ist okay? Was ist vielleicht zu freizügig? Oft kennen Jugendliche beim Veröffentlichen von Fotos kaum Grenzen.
- Das Recht am eigenen Bild: Aufnahmen zu verbreiten, auf der andere Personen nachteilig dargestellt werden, ist nicht erlaubt. Es bedarf das Einverständnis der abgebildeten Person, um ein Bild zu veröffentlichen.
- Einen kritischen Umgang mit Medien: Jugendliche sollten lernen, im Internet gefundene Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu hinterfragen.
- Das Verhalten in Sozialen Netzwerken und die Kommunikation mit Fremden: Man kann mit der Jugendlich:en z.B. konkrete Ausstiegsszenarien besprechen, sollte jemand online unangenehm oder aufdringlich werden.
Eltern sollten die rechtliche Lage kennen und auch ihre Kinder informieren können, dass ein Weiterleiten von eindeutigen Bildern (wie Nacktfotos, Dickpics) unter Gleichaltrigen unter Umständen auch strafrechtlich relevant für die Jugendlichen werden kann.
Die beste Prävention, um eine gesunde Entwicklung zu unterstützen und Kinder und Jugendliche vor Fehlinformationen und sexualisierter Gewalt zu schützen, ist entwicklungsgerechte sexuelle Bildung und begleitende Aufklärung – und das vom Kindergartenalter an. Eltern sollten dies von klein auf in ihrer Verantwortung sehen und auch den Zugang und die Teilnahme an Programmen zu sexueller Bildung in Kindergärten und Schulen ermöglichen.
- Hölzel Journal: Sexualität im Internet: „Jugendliche brauchen klare Exit-Strategien“ (08.04.2025)
- SaferInternet.at: Elternratgeber „Sexualität und Internet“ (08.04.2025)
- Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt: Sexuelle Bildung in sozialen Medien und Prävention sexualisierter Gewalt (08.04.2025)
- GMK Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur: Sexualität und digitale Medien (08.04.2025)
- Rat auf Draht Elternseite.at: Pornographie online – Was Sie als Eltern dazu wissen sollten (08.04.2025)
- Gewaltinfo.at: Sexualität und digitale Medien – Online Prävention sexualisierter Gewalt (08.04.2025)
- AOK Gesundheitsmagazin: Ghosting: Wenn jemand plötzlich aus dem Leben verschwindet (08.04.2025)