Je nach Wirkstoffklasse ist das Ziel einer Biologika-Therapie, körpereigene Botenstoffe und Eiweiße zu ersetzen, zu ergänzen oder zu blockieren. Damit werden krankhafte Prozesse aufgehalten, heilsame Vorgänge im Körper angestoßen oder unterstützt bzw. sollen sie auch körpereigene Substanzen bei Bedarf ersetzen. Biopharmazeutika kommen heute unter anderem in der Krebstherapie, der Behandlung von rheumatischen Autoimmunerkrankung (wie Arthritis, Psoriasis Arthritis) für die Optimierung der Blutgerinnung sowie als Hormon- und Hepatitis-Therapeutika zum Einsatz.
Biologika kommen bei folgenden Erkrankungen bzw. Therapien zum Einsatz:
Bluterkrankheit (Hämophilie)
Bei dieser erblichen Erkrankung mangelt es den Betroffenen an bestimmten Gerinnungsfaktoren. Das sind körpereigene Eiweiße, die einander bei inneren oder äußeren Verletzungen aktivieren, um Blutungen zu stillen. Fehlt einer dieser Faktoren, ist die Kettenreaktion gestoppt. Die Verletzung blutet weiter. Am häufigsten besteht ein Mangel an Faktor VIII oder Faktor IX. Beide Gerinnungsfaktoren werden auch biopharmazeutisch hergestellt. Der Bluterkranke kann sich diese selbst spritzen.
Thrombose
Zur Auflösung von Blutgerinnseln (Thromben) in den Blutgefäßen werden biotechnologisch hergestellte Fibrinolytika angewendet, die einem körpereigenen Enzym nachempfunden sind. Diese werden nur von einem Arzt in einem Krankenhaus als Injektion verabreicht.
Hormon-Ersatz-Therapie
Verschiedene Erkrankungen, die auf einen Hormon-Mangel zurückzuführen sind, lassen sich mittlerweile gut dadurch behandeln, dass biotechnologisch hergestellte Hormone zugeführt werden. Dazu gehört zum Beispiel das Insulin bei Diabetes. Weiters werden bestimmte Sexualhormone (Gonadotropine als unterstützende Biologika-Therapie im Rahmen der In-Vitro-Fertilisation) eingesetzt.
Unterstützung der Blutbildung
Für die Optimierung des Blutbildes ist es manchmal erforderlich, dem Körper bestimmte Wachstumsfaktoren und Eiweißstoffe zuzuführen, die rein für die Produktion ganz spezifischer Blutzellen verantwortlich sind. Auch hier steht eine Reihe von Biologika zur Verfügung. Diese werden vor allem bei Nierenschwäche, aber auch ergänzend bei Chemotherapien eingesetzt, um Nebenwirkungen zu verhindern.
Interferon-Therapie
Interferone sind Gewebshormone, die das Immunsystem unterstützen. Derzeit werden 3 verschiedene Interferon-Typen gegen verschiedene Erkrankungen eingesetzt (Interferon α, β, γ). Interferon α (A) gegen Krebs, Hepatitis B und Hepatitis C, Interferon β (B) gegen Multiple Sklerose und spezielle schwere Viruserkrankungen, Interferon γ (G) gegen Rheumatoide Arthritis, bestimmte Erbkrankheiten (wie Septische Granulomatose, bei der sehr wichtige Zellen der Immunabwehr nicht produziert werden), Knochenerkrankungen (wie Osteopetrose, eine genetische Erkrankung, bei der der Knochenabbau nicht ordnungsgemäß funktioniert) und Tumore. Bisher sind die Erfolge der Interferon-Therapie gegen Tumore gering.
Krebs
Vor allem in der Krebstherapie konnten in den letzten Jahren durch die Entwicklung von Biologika (monoklonale Antikörper) deutliche Fortschritte erzielt werden. So werden diese Medikamente z.B. bei Lymphdrüsenkrebs, Brustkrebs, Darm- aber auch Lungenkrebs mit großem Erfolg eingesetzt.
Hepatitis B
Es gibt einen Impfstoff zur Vorbeugung gegen Hepatitis B, der aus nachgebauten Teilen der Virushülle des Hepatitis-B-Virus besteht. Dabei handelt es sich um ein Biologikum, das als dreiteilige Impfung verabreicht wird. Danach ist das Immunsystem auf die Abwehr des Virus geschult.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper sind industriell hergestellte Abwehrstoffe, die den körpereigenen Abwehrstoffen oft sehr ähnlich sind und in der Medizin vielfältig eingesetzt werden. Die Anwendungsgebiete reichen von Tumor- bis hin zu chronischen Erkrankungen wie Rheumatoider Arthritis, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Psoriasis-Arthritis und anderen Autoimmunerkrankungen. Auch die Abstoßungsreaktionen von verpflanzten Organen, Infektionskrankheiten und Osteoporose werden unter anderem mit monoklonalen Antikörpern behandelt. Obwohl der Therapieerfolg vielversprechend ist, kann das Immunsystem durch die Biologika auch unerwünscht beeinflusst werden: Überempfindlichkeitsreaktionen, Unterdrückung oder Überaktivierung des Immunsystems oder Autoimmunerkrankungen können entstehen.
Biologika bzw. Biopharmazeutika sind pharmazeutische Arzneimittel, die biotechnologisch hergestellt werden. Biotechnologische Verfahren zur Herstellung von Biologika bedienen sich lebender Zellen, die meist genetisch verändert wurden, um daraus Biomoleküle zu gewinnen. Als Arzneimittel verabreicht sollen diese Wirkstoffe entgleiste krankhafte Vorgänge des menschlichen Körpers korrigieren oder das Immunsystem gegen eine bestimmte Erkrankung aktivieren.
Die Dauer einer Biologika-Therapie ist abhängig davon, welche Krankheit dadurch bekämpft werden soll. Während eine aktive Hepatitis-B-Immunisierung nach 3-teiliger Verabreichung vor der Erkrankung schützt, werden Biologika bei der Bluterkrankheit lebenslang angewendet. Bei der Krebstherapie hängt es von der Art und Ausbreitung der Erkrankung ab, wie lange diese monoklonalen Antikörper eingesetzt werden.
Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen, wie Rheuma, Psoriasis oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn) kommen Biologika erst dann zum Einsatz, wenn die Basistherapie mit entzündungshemmenden Medikamenten und eine Therapie mit langwirksamen Antirheumatika keine oder unzureichende Wirkung gezeigt hat. Die Gabe eines Biologikums erfolgt im Allgemeinen parenteral, d.h. unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes, als Spritze oder Infusion in eine Vene, in einen Muskel oder unter die Haut.
Eine Behandlung mit Biologika bedeutet immer einen Eingriff in das Immunsystem. Deshalb sind die häufigsten Nebenwirkungen Infektionen. Unterziehen Sie sich deshalb vor Beginn der Biologika-Therapie und in weiterer Folge alle 2 bis 3 Monate einer Kontrolluntersuchung, um sicherzustellen, dass Sie nicht an einer Infektion erkrankt sind.
Bei manchen Therapien mit Biologika sollten Sie sich in Grippezeiten von großen Menschenansammlungen fernhalten. Ihr Arzt wird Ihnen mitteilen, ob dies für Sie zutrifft. Außerdem sollten Sie regelmäßig Influenza-, Meningokokken- und Pneumokokken-Impftermine wahrnehmen. Allgemein gelten Totimpfstoffe und passive Impfstoffe unter einer Therapie, die das Immunsystem unterdrückt (=immunsuppressiv), als unbedenklich.
Lebendimpfstoffe sollten dagegen nicht verabreicht werden. Sollte eine Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln bzw. gegen Windpocken (Varizellen) notwendig sein, so muss eine Impfung vor Einleitung der immunsuppressiven Therapie erfolgen, da es sich bei den jeweiligen Impfstoffen um Lebendimpfstoffe handelt. Wenn Sie regelmäßig Biologika anwenden bzw. verabreicht bekommen, und nicht vor Beginn der Biologika-Therapie mit den notwendigen Lebendimpfstoffen geimpft worden sind, müssen Sie besonders darauf achten, sich nicht mit diesen Erregern anzustecken. Fragen Sie Ihren Arzt, was Sie dazu beitragen können. Wenn Sie verreisen möchten und nicht sicher sind, ob Sie alle nötigen Schutzimpfungen erhalten dürfen, erkundigen Sie sich im jeweiligen Impfzentrum oder bei Ihrem Facharzt.
Eine Therapie mit einem Biologikum sollte ausschließlich von einem Facharzt eingeleitet werden. Die reguläre Weiterbetreuung kann, abhängig von Art und Schwere der Erkrankung, durch den Hausarzt erfolgen. Regelmäßige Termine bei einem Facharzt, der auf Ihre Erkrankung spezialisiert ist, sind dennoch dringend anzuraten.
Für den Therapieerfolg mit Biologika ist es essentiell wichtig, dass Sie alle Hinweise des Arztes ernst nehmen und beachten. Absolute Therapietreue ist unumgänglich. Legen Sie Wert darauf, dass Sie sich mit der Wahl Ihres Arztes wohl fühlen und mit ihm über alles sprechen können, was Sie rund um Ihre Erkrankung und den Behandlungsablauf wissen möchten. Wenn Sie an einer Tumor- oder chronischen Erkrankung leiden, kann Ihnen vielleicht der Beitritt zu einer entsprechenden Selbsthilfegruppe Rückhalt und Sicherheit geben.
Nicht jeder Patient ist für eine Therapie mit Biologika geeignet. Sollte die Behandlung bei Ihnen keine oder nicht die gewünschte Wirkung zeigen, besprechen Sie Alternativen mit Ihrem Arzt. Sollten Sie eine Schwangerschaft planen oder bereits schwanger sein, informieren Sie umgehend Ihren Arzt. Monoklonale Antikörper sollen während der Schwangerschaft, in der Stillzeit, bei mittel- bis schwergradiger Herzinsuffizienz sowie bei schweren Infektionen nicht zum Einsatz kommen.
Biologika sind in der Regel eine teure Therapieform. Sollte Ihr Facharzt entscheiden, dass eine Biologika-Therapie für Sie die beste Therapieform ist, kann er die Kostenübernahme bei der Krankenkasse beantragen. Der Antrag wird daraufhin von einem Chefarzt der Krankenkasse geprüft. Wird der Antrag angenommen, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Medikation. Dies gilt für Therapien, die Sie selbst durchführen können. Werden die Biologika in Ihrem Krankenhaus verabreicht, sind solche Anträge nicht notwendig.
- Springer Medizin/ Monoklonale Antikörper (10.08.2020)
- Pschyrembel, Therapeutisches Wörterbuch, 4. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 2009