Bei einer Verbrennung handelt es sich um eine thermische Verletzung, die je nach Höhe der Temperatur und Dauer der Einwirkung zu einer Schädigung von Haut und Gewebe führen kann. Bei einer leichten Verbrennung werden primär die oberste Hautschicht (Epidermis) und die Schleimhaut geschädigt, Verbrennungen höheren Grades reichen von Schäden an Leder- und Unterhaut bis hin zu Beteiligung von Muskeln und Knochen.
Video: Verbrennungen und Verbrühungen: Wie und wann man richtig reagiert
Univ.-Prof. Dr. Lars Peter Kamolz (Leiter der Klinischen Abteilung für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie, Med Uni Graz) spricht über die Einstufung und richtige Behandlung von Verbrennungen verschiedenen Grades. (Webinar, 23.6.2021)
- Verbrennungen sind thermische Verletzungen die je nach Schweregrad alle Hautschichten sowie Muskel und Knochen betreffen können.
- Verbrennungen sind in vier Schweregrade eingeteilt.
- Die "Neunerregel" wird für die Berechnung der Fläche des verbrannten Körperareals eingesetzt. Dabei gilt: Die Größe einer Handfläche entspricht einem Prozent der Körperoberfläche.
- Oberflächliche Verbrennungen sind schmerzhaft, tiefe Verbrennungen dagegen kaum.
- Bei Verbrennungen dritten bis vierten Grades spricht man von der Verbrennungskrankheit.
- Die Therapiemaßnahmen richten sich nach der Schwere der Verbrennung.
- Erste Hilfe sollte bei allen Schweregraden geleistet werden.
- Kinder sollten bei Verbrennungen immer zum Arzt.
Art | thermische Verletzung |
---|---|
Symptome | Brandblasen, nässende Wunde, schwarz-brauner Schorf, Flüssigkeitsverlust, Schock |
Diagnose | Ermittlung von Verbrennungstiefe und -fläche, Anamnese durch den Verletzten |
Therapie | Erste-Hilfe-Maßnahmen, Kühlung, Wundreinigung, Verband, Operation |
Verbrennungen können durch unterschiedliche äußere Einflüsse herbeigeführt werden:
- Flammenwirkung
- heiße Gegenstände – hier spricht man von Kontaktverbrennung
- Flüssigkeiten – hier spricht man von Verbrühungen
- Dämpfe oder Gase
- starke Sonneneinstrahlung – kann zu Sonnenbrand führen
- elektrischer Strom oder Reibung
Sonderfälle sind Verbrennungen durch chemische Substanzen wie Verätzungen durch Säuren oder Laugen oder aber die Kälteverbrennung als Sonderform der Erfrierung, die ähnliche Schäden wie bei einer Verbrennung verursacht.
Grob eingeteilt besteht unsere Haut aus drei Schichten:
- Epidermis (Oberhaut): Die äußerste Schicht mit ihrem Schutzfilm aus Talg und Schweiß verhindert das Eindringen von Bakterien, Pilzen und fremden Substanzen und schützt den Körper vor dem Austrocknen. Leichte Verbrennungen sind meist auf die Oberhaut beschränkt.
- Dermis (Lederhaut, Corium, Cutis): Die Lederhaut liegt direkt unter der Oberhaut. Hier verlaufen fein verästelte, hautversorgende Blutgefäße, Muskelstränge und Nerven. Die Lederhaut gliedert sich in zwei Schichten. Die oberen Zellen sind mit der Epidermis verbunden und aktiver als die unteren. Eine oberflächliche Lederhaut-Verbrennung heilt leichter ab als eine tiefer reichende.
- Subcutis (Unterhaut): Die Subcutis besteht aus lockerem Binde- und Fettgewebe. Sie wird von größeren Blutgefäßen und Nerven durchzogen. Bei einer Verbrennung, die bis zur Unterschicht reicht, sind alle Hautschichten betroffen. Die Haut kann schwarz oder weiß verfärbt sein. Medizinische Behandlung ist notwendig.
Je nach Tiefe einer Verbrennung erfolgt die Einteilung von Brandwunden in vier Verbrennungsgrade:
Grad der Verbrennung | Betroffene Hautschichten | Beschwerden (klinisches Bild) |
1 | Epidermis | Rötung, starker Schmerz, wie Sonnenbrand |
2a | oberlächliche Dermis (Lederhaut) | Blasenbildung, Wundgrund rosig, wegdrückbare Rötung, starker Schmerz, Haare fest verankert |
2b | tiefe Dermis (Lederhaut) mit Hautanhangsgebilden | Blasenbildung, Wundgrund blasser, reduzierter Schmerz, Haare leicht zu entfernen |
3 | komplette Dermis | trockener, weißer, lederartig harter Wundgrund, keine Schmerzen, keine Haare mehr vorhanden |
4 | Unterhautfettgewebe, Muskelfaszie, Muskeln, Knochen | Verkohlung |
Neben dem Verbrennungsgrad gibt es auch eine Definition der Fläche des betroffenen Körperareals. Dabei gilt die so genannten Neunerregel:
- je Arm: 9 Prozent
- Kopf: 9 Prozent
- Brust und Bauch: 18 Prozent
- Rücken: 18 Prozent
- je Bein: 18 Prozent
- Genitalbereich: 1 Prozent
Alternativ dazu kann man das Ausmaß der Verbrennung schätzen, indem man der verbrannten Fläche die Größe der Handfläche des Betroffenen gegenüberstellt. Die Handfläche entspricht circa einem Prozent der Körperoberfläche.
Zusätzlich zu den oben genannten Parametern bedarf es nach Einlieferung ins Krankenhaus noch eine Anamnese, die selbst durch den Verletzten erhoben werden soll.
Folgende Punkte werden hierbei abgefragt:
- Mechanismus der Verbrennung (Flamme, Explosion, Stromunfall, Kontakt, chemisches Agens),
- Ort: (offener oder geschlossener Raum)
- die Dauer der Exposition
- Grund: Fremdeinwirkung, Suizid, Epileptischer Anfall
Beurteilung von Verbrennungen durch apparative Methoden
Während Verbrennungen ersten, dritten und vierten Grades von den Verbrennungsexperten anhand der vorgegebenen Parameter einfach zu unterscheiden sind, ist die Verbrennung zweiten Grades – gerade im Übergang zwischen oberflächlicher und tiefer dermaler Verletzung etwas schwieriger zu beurteilen. Aus diesem Grund wurde der Begriff "Verbrennung unbestimmter Tiefe" etabliert.
Bis dato gibt es jedoch keine zufriedenstellenden Techniken, die diese diagnostische Lücke schließen könnten. Lediglich die Laser-Doppler-Imaging Technik (LDI) zeigt in Studien vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich der Heilungsdauer von Verbrennungswunden.
Erfahrene Experten können nach erfolgter Anamnese und wenn man weiß, wie die Verbrennung zustande gekommen ist gut innerhalb der Stufen im zweiten Grad unterscheinden un die entsprechende Therapie einleiten.
In der ersten Phase einer Verbrennung erscheint die betroffene Stelle erst weiß, später bildet sich ein schwarz-brauner Schorf. Blasen entstehen, wenn sich die Epidermis von der darunter liegenden Lederhaut ablöst. Ist die Brandwunde offen, kommt es zum Nässen, da Flüssigkeit aus der Blutbahn austritt.
Patienten mit oberflächlichen Verbrennungen verspüren oft Dauerschmerzen sehr großer Intensität, besonders bei Berührung und Bewegung des verbrannten Areals.
Patienten mit besonders schweren Verbrennungen wiederum nehmen dagegen in den ersten Stunden wenig oder gar keine Schmerzen wahr. Mögliche Ursachen dafür sind stressbedingte Endorphinproduktion oder eine komplette Zerstörung der Nervenfasern.
Hier spricht man auch von der Verbrennungskrankheit, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert.
Verbrennungskrankheit
Die Verbrennungskrankheit ist mit dem Verbrennungsgrad 3 bis 4 und bei Erwachsenen mit 15 Prozent verbrannter Körperoberfläche (Kleinkinder 8 Prozent) gekennzeichnet.
- Dabei kommt es zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Blutkapillaren für Wasser und damit zu einer Flüssigkeitsverschiebung. Folge sind Flüssigkeitsverlust und Schock.
- Durch die massive Hautschädigung kommt es zu einem starken Wärmeverlust, der Energieverbrauch des Köpers ist erhöht.
- Die Organe werden schwächer durchblutet. Die Folge kann Multiorganversagen sein.
Erste-Hilfe-Maßnahmen bei kleinen Verbrennungen
- Unmittelbar nach der Verbrennung die betroffene Körperstelle unter handwarmem Wasser für maximal zehn Minuten kühlen. Eine gut merkbare Regel bei Erwachsenen lautet: 20 Minuten lang mit 20 Grad warmen Wasser. Kinder sollten auf jeden Fall kürzer unter das Wasser, kleine Kinder nur ein paar Minuten.
- Kleider bei einer Verbrennung nur dann entfernen, wenn sie nicht an der Haut haften. Bei einer Verbrühung dagegen sofort entfernen.
- Leichte Verbrennungen ohne Blasenbildung brauchen keine weitere Versorgung. Wichtig ist, die Verletzung sauber zu halten und bei offenen und nässenden Wunden auf Salben zu verzichten.
Erste-Hilfe-Maßnahmen bei großflächigen Verbrennungen
Als Ersthelfer am Unfallort sollten beim Betroffenen die Vitalfunktionen geprüft werden. Hilfreich für die Erstmaßnahmen ist hier folgendes Merkwort: DR ABC
- Danger: Aus der Gefahr entfernen!
- Response: Ist der Patient ansprechbar?
- Airways: Sind die Atemwege frei?
- Breathing: Atmet der Betroffene spontan?
- Circulation: Ist ein ausreichender Kreislauf vorhanden?
Je nach Ausmaß sollten schließlich folgende Maßnahmen eingeleitet werden:
- Kleiderbrand sofort mit Wasser löschen oder die Flammen mit einer dicken Decke ersticken
- Notruf 144 wählen
- Bei großen Verbrennungen Kleidung am Körper lassen, diese haften meiste schon an der Haut und ein Entfernen verursacht weitere Hautverletzungen. Bei einer Verbrühung muss man Kleider sofort entfernen.
- Wunden mit einem sterilen Brandtuch oder Wundauflage abdecken. Mit einem lockeren Verband fixieren.
- keine Hausmittel (Puder, Mehl, Öl,….) verwenden
- betroffene Person in eine Aludecke einwickeln, Beine hochlagern, auf die Rettung warten
Ist die Person bewusstlos, muss die Atmung überprüft werden.
- Atmung vorhanden: verletzte Person in stabile Seitenlage bringen, Atmung laufend überprüfen, bis die Rettung eintrifft
- keine normale Atmung vorhanden: Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten
Verbrennungen bedürfen je nach Schweregrad unterschiedliche Therapiemaßnahmen. Grundsätzlich gilt: Erste Hilfe kann lebensrettend sein. Entscheidend ist hier die Schwere der Verbrennung.
Klinische Therapie bei Verbrennungen
Nach Abschluss der Erstmaßnahmen und Aufnahme in eine Klinik erfolgt die weiterführende Therapie, je nach Ausmaß der Verbrennung. Bei leichten Verbrennungen reichen in vielen Fällen Schmerzmittel aus. Wenn notwendig erfolgen auch eine Wundreinigung und die Abtragung der Blasen.
Die Grundpfeiler klinischer Therapie sind:
- Wunde freilegen, gekühlt wird nur wenn der Patient 10 Minuten nach der Verbrennung ins Spital kommt
- nekrotisches Gewebe entfernen
- Wundabdeckung mit nicht haftendem Verbandsmaterial
- Infektionsprophylaxe
- Volumensubstitution: Ab einer verbrannten Körperoberfläche von 15 Prozent bei Erwachsenen und 8 Prozent bei Kindern wird eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr notwendig, um einem Volumenmangelschock und einer möglichen Sepsis oder SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome) entgegenzuwirken.
- Schmerztherapie
- bei höhergradigen Verbrennungen: Thromboseprophylaxe
- plastische Versorgung nach Abwenden der Lebensgefahr
Die Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie die Behandlung unterscheiden sich grundsätzlich nicht zu den Maßnahmen bei Erwachsenen, ein paar Ausnahmen gilt es jedoch zu beachten:
- frühere Schockreaktion: Bei Kindern besteht das Risiko für eine Schockreaktion bereits ab fünf Prozent verbrannter Körperoberfläche. Siehe Handflächenregel – die Handfläche des Kindes entspricht einem Prozent der Körperoberfläche.
- immer zum Arzt: Generell gilt: Verbrennungen und Verbrühungen bei Kindern oder Säuglingen sollten immer ärztlich begutachtet werden, da das Gesamtausmaß der Verletzung oft erst nach ein paar Tagen ersichtlich wird.
- keine Kühlung: Bei Neugeborenen und Säuglingen darf keinesfalls eine Kühlung durchgeführt werden, da die Gefahr einer lebensbedrohlichen Unterkühlung besteht.