Krafttraining für Frauen

Frau beim Krafttraining.
Krafttraining ist richtig gemacht auch für Frauen gut geeignet.
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Gewichte stemmen ist reine Männersache? Keineswegs! Auch Frauen profitieren von wohlgeformten Muskeln. Was sollten Sie beim Krafttraining beachten und wie vermeiden Sie "klassisch-weibliche" Trainingsfehler?

Medizinische Expertise

Bernhard Franzke

Mag. Bernhard Franzke

Experte für Sportmedizin
Rienößlgasse 11/8, 1040 Wien
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Aus Angst, zu viel Gewicht aufzubauen, schrecken Frauen häufig vor einem Krafttraining zurück. Zu Unrecht, zumal sowohl die weibliche Muskelzusammensetzung (morphologisch kein Unterschied zu "männlichen" Muskeln; die Hormone machen den Unterschied) als auch die Hormonsituation einem übermäßigen Muskelaufbau entgegenwirken. Wer die Scheu vor Hanteln und Co überwindet, profitiert von einer Vielzahl an positiven Auswirkungen auf den Organismus. So wirkt Krafttraining präventiv gegen Osteoporose und hilft, das Erscheinungsbild von Cellulite zu reduzieren. Wichtig ist es, die richtige Trainingsbalance zu finden und mit ausreichend Gewicht zu trainieren.

Wer an Krafttraining denkt, assoziiert damit in erster Linie Muskeln – also einen optischen Aspekt. Das Training mit Hanteln und Co bietet aber noch viel mehr. Es hält nicht nur fit, sondern auch jung. Warum konkret?

  • Cellulite verschwindet

  • Osteoporose-Risiko sinkt

  • Hormone im Gleichklang

  • Erhöht Grundumsatz

Krafttraining verbessert das Erscheinungsbild bei Cellulite

Zwischen Oberhaut- und Unterhautfettgewebe liegt das extrem flexible, weibliche Bindegewebe. Die Fettzellen nutzen diese Elastizität gnadenlos aus. Sie drängeln sich durch die Haut und verursachen auf diese Weise die typischen Dellen. Starke und vor allem geformte Muskeln glätten die Züge der Haut – sie wirkt dadurch straffer und fester.

Wirkt präventiv gegen Osteoporose

Viele kleine Häufchen unbewegliche Substanz. So könnte man sich das Bild des Menschen ohne Knochen vorstellen. Über 200 Knochen stützen und stabilisieren das menschliche Gerüst (Stützapparat). Dabei ist der Körper rund um die Uhr damit beschäftigt, neue Knochensubstanz aufzubauen. Ab dem 35. Lebensjahr lässt die Aktivität dieser Aufbauzellen nach. Krafttraining reduziert den Abbau von Knochensubstanz. Warum? Muskeln sind über Sehnen am Knochen befestigt. Beim Krafttraining zieht sich der Muskel zusammen und übt damit Druck auf die Knochen aus. Um nicht zu zerbrechen, muss sich der Knochen anpassen. Er ist gezwungen, neue Substanz aufzubauen und wird dadurch stabiler.

Verbessert das hormonelle Gleichgewicht

Auch die körpereigene Hormonproduktion nimmt etwa ab dem 30. Lebensjahr ab. Beim Krafttraining werden vermehrt die Wachstumshormone Somatotropin und Testosteron ausgeschüttet. Diese stimulieren nicht nur den Muskelaufbau, sie regulieren auch den Fettstoffwechsel und fördern den Fettabbau. Wichtig, um eine Gewichtszunahme im Alter zu verhindern.

Erhöht den Grundumsatz

Muskeln wirken wie kleine Brennöfen. Die sinnbildlich für Nahrung stehenden "Holzscheite" werden direkt in Wärme umgewandelt. Die daraus resultierende Gleichung ist einfach: Mehr Muskelmasse = höherer Grundumsatz. Das bedeutet: Sie verbrauchen selbst im Ruhemodus mehr Energie als inaktive "Couchpotatoes".

Frauen haben zwar diegleiche Zusammensetzung, aber weniger Muskelmasse (weniger Wachstumshormone und Testosteron) als Männer: Im Vergleich zu Männern haben Frauen etwas weniger Kraft zur Verfügung – weil weniger Muskelmasse. Konkret beträgt die durchschnittliche Maximalkraft etwa 60% der Kraftleistung von Männern.

Woran liegt das? Die Ursache dafür: ein geringeres Muskelvolumen.

Weibliche Hormonsituation: Testosteron lautet das Schlagwort für einen effizienten Muskelaufbau. Dieses Hormon lässt die Muckis förmlich sprießen. Vorteilhaft für Männer, die nicht nur leichter Muskeln aufbauen, sondern auch "massiger" werden. Der Testosteron-Spiegel einer Frau ist im Durchschnitt 10 bis 20 Mal niedriger als der eines Mannes. Interessant: die Kraftfähigkeit der Frau schwankt im Laufe eines Zyklus. Der Grund dafür: die instabile Hormonsituation, die zu unterschiedlicher Konzentration der Sexualhormone Gestagen und Progesteron führt.

Sie verzichten auf ein Krafttraining, in der Angst, bald wie ein weiblicher Popeye auszusehen? Keine Sorge, um das Thema Krafttraining ranken sich viele Mythen. Ein überdurchschnittliches Muskelwachstum bei Frauen ist einer davon. Doch es gibt noch andere "Muskel-Märchen":

Mythos 1: Cardiotraining ersetzt das Krafttraining

Sie stehen stundenlang am Stepper, in der Hoffnung, dadurch einen Knack-Po zu bekommen? Der Wunsch wird nur teilweise in Erfüllung gehen. Zwar geht Ausdauertraining den Kalorien ordentlich an den Kragen, Muskeln werden Sie jedoch nur bedingt aufbauen.

Das Geheimnis hinter dem Knack-Po verbirgt sich im Prozentsatz des sogenannten "onerepetitionmaximum". Das bedeutet: das Muskelvolumen vergrößert sich nur durch gezielten Muskelaufbau (Hypertrophie). Und dieser wird wiederum erst ausgelöst, wenn der Muskel mit mindestens 40-50 % des maximal möglichen Gewichtes belastet wird. Noch effektiver ist das Krafttraining zwischen 60-80 % des 1RM. Mit reinem Ausdauertraining lässt sich dieser Effekt nicht erzielen, da hier in einem Bereich von maximal 30 % des 1RM trainiert wird.

Mythos 2: Krafttraining verursacht unschöne Muskelberge

Der eingangs angesprochene, bei Frauen niedrige Testosteronspiegel schränkt das Muskelwachstum stark ein. Das frauenspezifische Hormon Östrogen tut sein übriges. Es bindet überflüssiges Testosteron und macht es somit unwirksam. Eine Studie hat ergeben, dass Frauen selbst bei hochintensivem Training nicht mehr als 1,5 bis maximal 3 kg reine Muskelmasse pro Jahr aufbauen. Nur Krafttraining formt den Körper und verleiht "gewollte" Kurven.

Sie fragen sich: Warum sind Bodybuilderinnen mit übermäßigen Muskelpaketen bepackt? Diese nehmen meist synthetische Wachstumshormone zu sich. Anabolika manipulieren das natürliche Hormongleichgewicht und fördern die Testosteron-Produktion. Mehr Testosteron bedeutet mehr Muskeln, auch bei Frauen – die gesundheitsschädigende Wirkung sei dahingestellt.

Mythos 3: Krafttraining ermöglicht eine lokale Fettverbrennung

Um einen Waschbrettbauch zu bekommen, investieren Sie täglich 10 Minuten in Sit-ups? Ansonsten sind Sie eher inaktiv? Vorsicht! Der Körper lässt sich nicht austricksen – eine isolierte Fettverbrennung an definierten Körperstellen ist kaum möglich. Sichtbare Resultate erzielen Sie nur, indem Sie den Gesamtfettanteil Ihres Körpers reduzieren. Der Weg dorthin führt über eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining.

1. Fehler: Zu wenig Gewicht

Ein beim Krafttraining häufig vorkommender Fehler: Die Wahl eines zu niedrigen Gewichts. Durch den ausbleibenden Reiz fühlt sich der Muskel rasch unterfordert. Die Folgen: die straffenden und körperformenden Effekte bleiben aus. Wenn pro Satz 20 und mehr Wiederholungen möglich sind, sollten Sie das Gewicht erhöhen. Eine Hypertrophie erreichen Sie erst in einem Wiederholungsbereich von 6-12 Wiederholungen pro Übung. Danach sollte der Muskel "müde" sein.

2. Fehler: Einseitiges Muskeltraining

Bein- und Brustpresse sind Ihre Lieblingstrainingsgeräte? Fordernden Maschinen gehen Sie aus dem Weg? Besser nicht! Wer unangenehme Geräte meidet, riskiert muskuläre, mitunter sehr schmerzhafte Dysbalancen - also ein muskuläres Ungleichgewicht. Das bedeutet: wenn ein Muskel zu viel und der andere gar nicht trainiert wird, kann es passieren, dass der vernachlässigte Muskel entweder verkürzt oder geschwächt ist. Achten Sie daher immer darauf, bei Ihrem Programm auch die "Gegenspiegel" zu trainieren. Heißt: Beim Rücktraining auf den Bauch achten, Vorder- und Rückseite des Oberschenkels, ebenso wie Bizeps und Trizeps trainieren usw.

Für Anfängerinnen: Sportneulinge starten am besten mit einem Kraft-Ausdauer-Training. Der Unterschied zum Hypertrophie-Training: Eine höhere Wiederholungsanzahl.

Im Detail könnte ein Anfängerinnen-Training so aussehen

  • Wie oft pro Woche? 2 bis 3 Trainingseinheiten pro Woche, idealerweise mit 2-3 Mal Ausdauertraining an den Nicht-Kraft-Tagen kombiniert

  • Anzahl der Wiederholungen: 15

  • Anzahl der Durchgänge: 2-3

  • Dauer der Pausen zwischen den Durchgängen: 30 Sekunden bis 3 Minuten

  • Welches Gewicht? Wählen Sie ein Hantelgewicht, das Sie als schwer bis mittelschwer empfinden und mit dem 15 Wiederholungen möglich sind.

Für fortgeschrittene Kraftsportlerinnen:

  • Wie oft pro Woche? 3 bis 4 Trainingseinheiten pro Woche, ergänzt durch Ausdauertraining

  • Anzahl der Wiederholungen: 8 bis 12

  • Anzahl der Durchgänge: 2-3

  • Dauer der Pausen: zwischen 60 Sekunden und 3 Minuten

  • Welches Gewicht? Wählen Sie das Gewicht so, dass maximal 8 bis 12 Wiederholungen durchgeführt werden können. Eine 13. Wiederholung sollte nicht mehr möglich sein.

Sowohl für Anfängerinnen als auch für Fortgeschrittene gilt:

  • Achten Sie auf ausreichend Regenerationszeiten. Ein Muskelaufbau ist nur im Ruhemodus möglich. Sportlicher Überehrgeiz mündet rasch in einem Übertraining. D.h. z.B. Training jeden zweiten Tag.

  • Maschinen- oder Hanteltraining? Beides hat seine Vorteile. Maschinentraining bietet vor allem Sicherheit. Es ermöglicht einen kontrollierten Bewegungsablauf und spricht vor allem isolierte Muskelgruppen an. Anfängerinnen, die gerne alleine trainieren, finden in Krafttrainingsmaschinen adäquate "Begleiter".

  • Bei freien Gewichten: hier werden innerhalb einer Übung deutlich mehr Muskeln beansprucht – nicht zuletzt aufgrund der höheren Koordinationsanforderungen. Studien belegen zudem einen schnelleren Kraftzuwachs.

  • Welches Hantelgewicht? Hierfür gibt es keine konkrete Richtschnur. Das "ideale" Trainingsgewicht hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem vom Trainingszustand der einzelnen Muskeln und von den Muskelgruppen selbst. Hinzu kommen individuelle Gegebenheiten, die von Frau zu Frau variieren.

  • Auf eine fehlerfreie Ausführung achten! Die richtige Körperhaltung und eine korrekte Ausführung beugen Fehlbelastungen vor, die im schlimmsten Fall zu Verletzungen führen können. Anfängerinnen empfiehlt sich daher ein (Personal) Training unter Anleitung.

  • Keine Angst vor den Trainingsplänen der Männer! Physiologische Unterschiede zwischen Mann und Frau wirken sich kaum bis gar nicht auf die Trainingsempfehlungen aus. Orientieren Sie sich bei der Trainingsgestaltung an den allgemeinen Richtlinien für ein Krafttraining.


Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

28. Mai 2024

Erstellt am:

22. Juni 2017

Stand der medizinischen Information:

22. Juni 2017

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