Psychodrama

Patienten bei einer Psychodrama-Therapieeinheit.
Das Psychodrama kann bei allen Menschen eingesetzt werden, die mit immer wiederkehrenden belastenden Situationen konfrontiert sind.
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Im Psychodrama wird das Erleben von problematischen Situationen in einer Einzelsitzung oder im Gruppensetting mit Hilfe von anderen Gruppenteilnehmern szenisch (handelnd) dargestellt.

Medizinische Expertise

Sabine Kern

Mag.a Sabine Kern, MSc

Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin
Dürergasse 14-16/6, 1060 Wien
www.sabinekern.at
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Diese Psychotherapie- und Coaching-Methode fördert die Kreativität und Spontaneität, wodurch das Rollenrepertoire vergrößert und neue Lösungswege eingeschlagen werden können. Das Psychodrama wird genutzt, um langandauernde Probleme (z.B. Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen, Depressionen) oder Konflikte mit Mitmenschen neu zu beleuchten und zu verstehen.

Das Psychodrama kann bei allen Menschen eingesetzt werden, die mit immer wiederkehrenden belastenden Situationen konfrontiert sind. Außerdem ist es bei folgenden Störungsbildern sinnvoll:

  • Akute oder posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung: Belastende und traumatische Erlebnisse (z.B. Katastrophen, Unfällen, Gewalttaten) sind nicht leicht zu verarbeiten; wenn das misslingt, kann es zu psychischen Störungen kommen. Psychodrama hilft dabei, immer wieder aufkommende belastende Bilder, Gefühle und Erinnerungen zu verarbeiten.
  • Abhängigkeit und Sucht: In psychodramatischen Interventionen werden die Ursachen bearbeitet, die in eine Abhängigkeit oder Sucht geführt haben, und Strategien entwickelt, wie der Suchtkreislauf durchbrochen werden kann.
  • Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen: Psychodrama kann Betroffenen helfen, ihre Gefühle besser wahrnehmen, einordnen und regulieren zu können – z.B. durch die Technik des sogenannten Doppelns.
  • Somatoforme Störungen: Wenn seelische Probleme körperliche Symptome hervorrufen, zeigt das Psychodrama den Zusammenhang von Körpersprache und unbewältigten Gefühlen auf.
  • Angststörungen: Im Psychodrama können betroffene Personen mit ihrer Angst szenisch in Kontakt treten, um sie besser in ihr Leben zu integrieren.
  • Depressionen: Besonders in der Gruppentherapie können Menschen mit Depressionen Selbstwirksamkeit und eine Erhöhung des Selbstwerts erfahren.
  • Konflikte in Beziehungen: Seien es die Beziehung zum Partner, zu Familienmitgliedern, oder zu Arbeitskollegen: Psychodrama hilft dabei, das eigene Verhalten und das der Konfliktpartner besser zu verstehen und besser damit umzugehen.

Sowohl das eigene Verhalten und Erleben als auch das jener Personen, die für das Problem von Bedeutung sind (z.B. Eltern, Arbeitskollegen, Partner), werden im Rollenspiel dargestellt. Durch den Rollenwechsel erlangen Personen mehr Einsicht über das eigene Verhalten und das von anderen und bekommen "Werkzeuge" (z.B. vorgestellte Hilfsfiguren, die die Personen in schwierigen Situationen bekräftigen) mit nach Hause, um neue Verhaltensweisen im Alltag einzubauen.

In jeder Psychodrama-Einheit – egal ob in der Einzel- oder Gruppentherapie – durchlaufen Sie 3 Phasen:

  • Erwärmungsphase,
  • Aktionsphase und
  • Integrationsphase

Diese sollen nachfolgend am Beispiel "Konflikte am Arbeitsplatz" erläutert werden: Stellen Sie sich dazu vor, Sie hätten eine Arbeitskollegin, die ständig versucht, Arbeit auf Sie abzuschieben – und Sie trauen sich nicht, Nein zu sagen.

Erwärmungsphase

In dieser Phase fragt Ihr Therapeut Sie, mit welchem Problem Sie heute zu ihm kommen bzw. nach den Veränderungen, die es seit der letzten Sitzung gegeben hat und wie gut Sie das Gelernte im Alltag integrieren konnten. Aktuelle Probleme haben dabei immer Vorrang. Wenn es sich um ein Gruppensetting handelt, können alle Mitglieder ihre Probleme ansprechen, gemeinsam mit dem Therapeuten einigen Sie sich, welches davon szenisch dargestellt werden soll.

Aktionsphase

In der Aktionsphase können Sie Ihren Konflikt am Arbeitsplatz z.B. mit Muscheln, Figuren oder anderen Symbolen auf dem Tisch darstellen oder Sie verwenden Stühle, um die verschiedenen Rollen zu markieren, in die Sie schlüpfen werden. Dann versetzen Sie sich nacheinander sowohl in die eigene Rolle als auch in die Rolle der Arbeitskollegin – was sind ihre Gründe, warum sie Ihnen die Arbeit zuschiebt? Die Beziehung, die sie zueinander pflegen, wird Ihnen durch diesen Rollenwechsel deutlicher bewusst.

Außerdem sollen eigene Verhaltensmechanismen dabei aufgedeckt werden: Warum können Sie selbst nicht "nein" sagen? Ist das möglicherweise ein Verhalten, das Sie bereits in Ihrer Kindheit erlernt haben? Ihr Therapeut hilft Ihnen dann dabei, diese angelernten Mechanismen zu durchbrechen: z.B. stellt er Ihnen eine Hilfsfigur, eine Art innere Stimme zur Seite (auf der Tischbühne als weitere Figur oder auf der "richtigen" Bühne als Stuhl), die Sie bekräftigt darin, auch einmal Nein sagen zu können und trotzdem eine gute und liebenswerte Kollegin zu sein.

In der Gruppe werden all diese Rollen von anderen Teilnehmern eingenommen. Sie leiten an, wie die Situation am Arbeitsplatz gespielt werden soll – entweder Sie spielen selbst mit oder Sie sehen zu. Auch die Rolle der Hilfsfigur wird von einer realen Person verkörpert.

Ihr Therapeut wird Sie während der Aktionsphase einladen, verschiedene Techniken einzusetzen, z.B. folgende:

  • Doppeln: Wenn Sie ins Stocken geraten und Ihr inneres Erleben nicht gut formulieren können, kann der Therapeut selbst oder jemand aus der Gruppe Sie doppeln. Dazu nimmt die Person genau die gleiche Haltung ein wie Sie und fühlt sich in Ihre Situation und versucht, auszudrücken, was gerade in Ihnen vorgeht.
  • Rollenwechsel: Dabei können Sie nicht nur mit einer anderen Person (z.B. Ihrer Arbeitskollegin) die Rolle wechseln, sondern die Situation auch aus ganz anderen Perspektiven wie aus jener des Computers oder des Chefs zu betrachten versuchen. Die Beteiligung des Protagonisten wird durch den Rollenwechsel erhöht.
  • Spiegeln: Beim Spiegeln ist das Gegenteil der Fall – es soll mehr Distanz zur Szene geschaffen werden. Sie bewegen sich dazu mit dem Therapeuten an den Rand der Bühne (im Gruppensetting wird Ihre Rolle durch eine andere Person eingenommen) und der Therapeut stellt Ihnen Fragen wie: "Was können Sie von hier erkennen?", "Was denken Sie aus dieser Perspektive über die Lage der Person?" oder "Welchen Rat können Sie der Person aus dieser Position heraus geben?"

Integrationsphase

Sie haben das Problem mit Ihrer Arbeitskollegin aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet - dadurch wird eine neue Sicht auf den Konflikt möglich. In der Integrationsphase bespricht der Therapeut nun mit Ihnen, wie Sie das im szenischen Spiel Gesehene, Gefühlte und Erlebte in der Realität nutzen können.

Sie lernen, sich über eigene Verhaltensmechanismen klar zu werden (z.B. immer Ja zu sagen, um gemocht zu werden), aber auch das Verhalten anderer besser zu verstehen (z.B. könnte die Kollegin gar nicht wissen, dass Sie selbst sehr viel zu tun haben) und in solchen Situationen neue Strategien anzuwenden (z.B. die innere Stimme zu visualisieren, die sagt: "Deine Kollegin mag dich auch noch, wenn du ihr einmal eine Bitte ausschlägst").

In dieser Phase ist auch der Input der anderen Gruppenteilnehmer sehr nützlich, der durch folgende Techniken erfragt werden kann:

  • Rollenfeedback: Dabei schildern (im Gruppensetting) alle Personen (bzw. im Einzelsetting der Therapeut), die eine Rolle eingenommen haben, wie sie diese erlebt haben. Z.B. könnte die Darstellerin in der Rolle der Arbeitskollegin rückmelden, dass sie sich nicht wie von Ihnen beschrieben egoistisch gefühlt hat, sondern das Gefühl hatte, es würde Ihnen nichts ausmachen, ihre Arbeit zu übernehmen.
  • Sharing: Beim Sharing erzählen die anderen Gruppenteilnehmer von Situationen in ihrem Leben, in denen sie sich ähnlich gefühlt haben wie in der Situation, die Sie in die Sitzung mitgebracht haben. Das soll Sie entlasten, weil Sie sehen, dass Sie nicht alleine mit solchen Problemen sind. Aber auch für die anderen Gruppenteilnehmer bietet das Sharing Entlastung, weil sie die während dem Spiel aufgekommenen Gefühle und Gedanken mitteilen dürfen.

Psychodrama sollte dann in Anspruch genommen werden, wenn Menschen ihre Lebensfreude verlieren und das Gefühl haben, schwierige Lebenssituationen nicht alleine bewältigen zu können. Wenn nur Coaching notwendig ist (wie z.B. bei Problemen am Arbeitsplatz) reichen oft 5-10 Sitzungen schon aus. Wenn eine psychische Störung vorhanden ist, kann die Behandlung aber auch ein Jahr oder länger dauern.

Der Vorteil am Psychodrama ist, dass sich nicht alles über die Sprache abspielt, Situationen werden szenisch dargestellt, anstatt nur darüber zu reden. Als Teilnehmer am Psychodrama – sei es im Einzel- oder Gruppensetting – sollten Sie Freude am Spiel mitbringen und die Bereitschaft, sich dem psychodramatischen Prozess und den Gruppenmitgliedern zu öffnen. Sie sollten die Fähigkeit mitbringen, sich in andere (Rollen) einzufühlen und Feedback darüber zu geben.

Die Psychodrama-Therapie wird von Psychotherapeuten mit abgeschlossener Psychodrama-Ausbildung durchgeführt. Diese findet in Österreich im universitären Kontext statt. Auch Lebens- und Sozialberater können einen Lehrgang für Psychodrama absolvieren und psychodramatische Techniken im Rahmen von Beratung und Coaching durchführen.

Sie können sich zum Beispiel diejenigen Strategien aufschreiben, die Ihnen im Alltag besonders gut geholfen haben, damit Sie darauf zurückgreifen können, wenn wieder einmal eine schwierige Situation (z.B. mit einer Arbeitskollegin) auftritt. Wenn Sie sich überfordert fühlen, zögern Sie nicht, erneut die Hilfe eines Therapeuten aufzusuchen.

Für Personen, die ihre Probleme nur auf sprachlicher Ebene kommunizieren können/wollen, ist Psychodrama weniger gut geeignet; die Freude am kreativen Spielen und die Arbeit mit Symbolen (zusätzlich zu Worten) sind ein wichtiger Bestandteil des Psychodramas. Zu beachten ist, dass nicht alle Techniken bei allen Erkrankungen eingesetzt werden können – bei schwerer Schizophrenie kann es unmöglich sein, sich in andere Rollen zu versetzen.

Des Weiteren sollten nur Psychotherapeuten ausgewählt werden, die wirklich auf die vorliegenden Störungen oder Probleme spezialisiert sind. Wenn Sie keine vertrauensvolle Beziehung mit Ihrem Therapeuten aufbauen können, sollten Sie über einen Wechsel nachdenken – eine funktionierende Beziehung ist das Um und Auf der Therapie.

Für die Psychodrama-Therapie gibt es, wie bei allen anderen anerkannten Psychotherapie-Arten, einige Kassenplätze. Sofern eine psychische Erkrankung vorliegt, können bei einigen Psychodrama-Therapeuten Therapieplätze in Anspruch genommen werden, bei welchen die Krankenkasse zur Gänze für die Behandlung aufkommt.

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, die Therapie von Wahl-Psychotherapeuten durchführen zu lassen. Die Kosten pro Einheit liegen im Schnitt bei 80 bis 100 Euro, die Gebietskrankenkassen erstatten davon 21,80 Euro zurück, die BVA 40 Euro. Wenn ein Coaching in Anspruch genommen wird und keine psychische Erkrankung vorliegt, gibt es keine Rückerstattung von der Krankenkasse.

  • Interview mit Mag.a Sabine Kern, MSc, (Lehr-)Psychotherapeutin, Supervisorin, Coach, Klinische und Gesundheitspsychologin
  • Psychodrama: Eine Einführung, C. Stadler, S. Kern, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2010
  • Psychodrama-Therapie: Grundlagen, Methodik und Anwendungsgebiete, W. Bender, C. Stadler, Schattauer Verlag, Stuttgart, 2012
  • Psychodrama-Therapie: Ein Handbuch, H. Pruckner, J. Fürst, K. Ottomeyer, Facultas, 2012
  • Kern, Sabine & Hintermeier, Sonja (Hrsg) (2018): Psychodrama-Psychotherapie im Einzelsetting. Theorie und Praxis des Psychodramas. Facultas

Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

11. Juli 2019

Erstellt am:

6. Juli 2016

Stand der medizinischen Information:

11. Juli 2019

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