Heftige Gelenkschmerzen sind die Folge (Gichtanfall): Das Gelenk schwillt an, ist überwärmt, schmerzt stark und ist sehr berührungsempfindlich. Die Ursache für diese Symptome ist zu viel Harnsäure im Blut. Sie entsteht einerseits beim Abbau von Purinen, die der Körper mit purinreicher Nahrung (zu viel Wurst, Innereien, manche Fischsorten) aufnimmt. Weiters können Nierenfunktionsstörungen zur verzögerten Ausscheidung von Harnsäure führen. Klarheit über erhöhte Blutspiegel bringt ein Blutbild. Mit harnsäurearmer Ernährung, Alkoholverzicht und Medikamenten lässt sich meist der akute Ausbruch dieser Rheuma-Erkrankung vermeiden.
Etwa jeder dritte Mann (zirka 30 % aller österreichischen Männer) und 3 % der Frauen weisen erhöhte Harnsäurewerte auf, bei jedem 10. Mann mit gesteigerten Werten entwickelt sich im Laufe des Lebens eine Gicht. Zum ersten Gichtanfall bei Männern kommt es fast immer zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Frauen sind wesentlich seltener – meist erst nach den Wechseljahren – mit Gichtanfällen konfrontiert.
Die Ursache für Gicht ist zu viel Harnsäure im Blut. Sie entsteht beim Stoffwechsel aus Abbauprodukten, den sogenannten Purinen. Einerseits produziert der Körper Purine bei der Zellerneuerung, andererseits nehmen wir sie auch über unsere Nahrung auf. Zu viele Purine kann der Körper nicht verwerten und scheidet sie über die Nieren aus.
Ist der Harnsäurespiegel im Blut erhöht...
- ...so ist entweder die Ernährung zu purinreich
- ...oder es liegt eine Erbkrankheit vor, die die übermäßige Produktion von Harnsäure fördert
- ...und/oder die Nieren scheiden zu wenig Harnsäure aus.
Die überschüssige Harnsäure bildet Kristalle in verschiedenen Geweben (Gelenke, Haut, Gelenkumfeld, Nieren). Diese Harnsäurekristalle verursachen dort äußerst schmerzhafte Entzündungsprozesse. Es kann jahrelang dauern, bis sich Beschwerden bemerkbar machen. Klarheit über erhöhte Blutspiegel bringt ein Blutbild.
Gicht kann auch als Folge von Erkrankungen auftreten, die mit erhöhtem Zelluntergang einhergehen und somit Purine freisetzen, wie etwa bei Leukämie. Auch Störungen der Nierenfunktion können einen Rückstau der Harnsäure verursachen.
Folgende Krankheitsbilder werden unterschieden:
- Der akute Gichtanfall
- Die chronische Gicht
Akuter Gichtanfall
Die klassische Schmerzattacke bei einem akuten Ausbruch beginnt plötzlich in der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden, meist nach üppigem Essen mit reichlichem Alkoholgenuss. Durch den "Purinschub" werden große Mengen von Harnsäurekristallen in den Gelenken freigesetzt und lösen akute Entzündungsprozesse aus. In 90 % der Fälle ist nur ein Gelenk betroffen, es kann das Sprung- oder Daumengrundgelenk schmerzen, meist ist es aber das Großzehengrundgelenk. Das Gelenk der großen Zehe ist beim akuten Anfall stark gerötet, prall geschwollen, schmerzt schon in Ruhe und sehr bei Bewegung und ist extrem druck- und berührungsempfindlich. Es ist oft nicht möglich, die Bettdecke über die betroffene Zehe zu ziehen, da dies als sehr schmerzhaft empfunden wird.
Chronische Gicht
Der akute Zustand kann mehrere Stunden oder auch Tage dauern. Nach Abklingen des Anfalls kann eine monate- oder jahrelange Phase ohne Beschwerden folgen, bis der nächste Anfall auftritt. Ohne Behandlung werden die beschwerdefreien Intervalle meist immer kürzer, bis sich schließlich eine chronische Gicht entwickelt. Das betroffene Gelenk verformt sich, starke Schmerzen sind ständige Begleiter. In und rund um das Gelenk, aber auch in zahlreichen anderen Geweben und Organen, können sich kleine schmerzlose, derbe Gichtknötchen bilden. Chronische Gicht schädigt die Nieren, es kann zu Nierenschwäche kommen. Durch die über Jahre erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut können sich auch Nierensteine bilden, eine weitere Manifestationsform – schmerzhafte Nierenkoliken – kann auftreten.
Die Ansammlung von zu viel Harnsäure im Blut (Hyperurikämie) macht zunächst keine Beschwerden. Bei einer Hyperurikämie liegt die Harnsäurekonzentration im Blut bei Frauen über 6 mg/dl, bei Männern über 7 mg/dl. Mit steigender Harnsäurekonzentration wächst das Risiko eines Gichtanfalls. Blutkontrollen beim Arzt können erhöhte Harnsäurespiegel nachweisen.
Bei einem akuten Anfall bringt eine Gelenkspunktion mit anschließender Untersuchung der Gelenkflüssigkeit, in der sich die Menge der Harnsäurekristalle direkt im Mikroskop nachweisen lässt, den eindeutigen Beweis der Diagnose Gicht. Die Höhe der Harnsäurekonzentration im Blut ist bei einem Gichtanfall dabei nicht immer so aussagekräftig. Im Blutbild sind daher im akuten Anfall oft lediglich erhöhte Entzündungswerte (CRP) festzustellen, die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) sind ebenfalls häufig erhöht.
Veränderungen im Röntgenbild sind im frühen Stadium nicht charakteristisch. Gelenkdeformationen, Knochen- und Weichteilabnützungen, die mittels Röntgenuntersuchung festgestellt werden, finden sich erst im fortgeschrittenen Stadium.
Nierensteine: Viele Betroffenen kommen erst aufgrund von Nierenkoliken zum Arzt. Durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen bilden sich Steine in den Nieren, eine Form der bereits chronischen Gicht.
Der Arzt wird in seiner Diagnose die Gicht auch klar von Erkrankungen wie Arthrose bzw. Arthritis abgrenzen.
Bei der Therapie wird zwischen der Behandlung eines akuten Gichtanfalls bzw. der chronischen Gicht unterschieden:
- Bei einem akuten Gichtanfall wird das Gelenk ruhig gestellt, mittels Kälteanwendung (Kältebeutel, kalter Topfenwickel...) gekühlt. Entzündungshemmende Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wirken schmerzlindernd und bekämpfen die Entzündung. Eine Kortisontherapie bzw. Kortisoninjektion in das betroffene Gelenk kann bei schweren Fällen vom Arzt durchgeführt/verordnet werden.
- Bei der chronischen Gicht ist es wichtig, über lange Frist den Blut-und Gewebespiegel der Harnsäure zu senken. Dazu kommen harnsäuresenkende Arzneimittel (Urikostatika) zum Einsatz.
In jedem Fall ist der Verzicht auf purinreiche Lebensmittel und Alkohol sehr wichtig.
Bei der Gicht spielt die richtige Ernährung eine große Rolle. Um die Harnstoffkonzentration zu senken (die Blutwerte sollten unter 5,5 mg/dl liegen) ist es wichtig, purinarm zu essen und Alkohol strikt zu meiden. Bei Übergewicht sind Allgemeinmaßnahmen wie mehr Bewegung und Gewichtsabnahme sehr hilfreich.
Wer zu Gicht neigt, sollte folgende Lebensmittel meiden, oder nur in geringen Mengen genießen, da sie einen hohen Harnsäuregehalt aufweisen:
- Innereien (vor allem vom Schwein, Rind, Gans, Leber, Kalbsbries, Nieren, Hirn)
- Fisch - und Fischerzeugnisse (v.a. Hering, Ölsardinen, Thunfisch, Fischstäbchen)
- Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen, Sojabohnen)
- Wurst wie Bratwurst, Salami
- Alkoholische Getränke, vor allem helles Bier, Wermut, Schnaps, Kognak
Außerdem ist es sehr wichtig, viel Wasser zu trinken – 2,5 Liter täglich –, um die Harnsäure über den Harn auszuspülen.
- T. Müller: Gicht oder mehr. In: Hausarzt 2013, 8, S. 8-10
- H. Lehnert, F. Sayk, B. Koletzko: Stoffwechselerkrankungen. In: H. Lehnert, Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, Stuttgart, 2010, S. 449-453
- J. Gruber: Gicht: Alte Erkrankung - neue Therapie. In: Journal für Mineralstoffwechsel 2009, 16 (3), S. 111-114 (07.02.2019)