Die Nierenkolik ist meist äußerst schmerzhaft. Steine im Harnleiter können zu Nierenversagen, zu einer Infektion und gar zu Blutvergiftung und Tod führen. Viele Menschen entwickeln mehrmals im Leben Steine im Harntrakt – die Vorbeugung ist somit von zentraler Bedeutung. Dr. Stephan Seklehner, Privat-Dozent und Oberarzt in der Abteilung für Urologie am Landeskrankenhaus Baden, referierte im Zuge eines MeinMed-Abends im Volksbanksaal Baden. Der Facharzt an der Abteilung für Urologie am Landesklinikum Baden spannte einen interessanten Bogen, bei dem alle Facetten zur Problematik von Nierensteinen beleuchtet wurden.
Nierensteine sind ein häufiges Problem das etwas mehr Männer als Frauen betrifft. In Österreich liegt der Anteil bei ca. 5% der Bevölkerung. Es gibt Gegenden, wie der Süden der USA oder dem arabischen Raum, wo das Steinleiden wesentlich häufiger ist. Damit zeigt sich, dass dabei ein geografischer Unterschied besteht. In heißen Ländern ist die Wahrscheinlichkeit, Nierensteine zu entwickeln höher als in kühleren Gefilden. Grund dafür ist in erster Linie die zu geringe Flüssigkeitszufuhr. Dadurch ist der Harn konzentrierter und das Risiko, Nierensteine zu entwickeln, größer. „Neben einer zu geringen Trinkmenge, sind auch hochkalorische Ernährung, Salz, tierische Proteine, Bewegungsmangel, Übergewicht, das metabolische Syndrom sowie anatomische oder genetische Ursachen Risikofaktoren der Steinbildung“, so Mediziner Stephan Seklehner.
Zur Entstehung von Nierensteinen liegen mehrere Theorien vor. Steine können kleiner als ein Sandkorn aber auch mehrere Zentimeter groß sein. Stein ist also nicht gleich Stein, wenngleich alle Steine leider Beschwerden verursachen können. Sie können zu Harnstauung, zu Schmerzen, Blutungen und einer Infektion führen. Steine können sich aber auch umgekehrt infolge einer Infektion bilden.
Neben einer zu geringen Trinkmenge sind auch hochkalorische Ernährung, Salz, tierische Proteine, Bewegungsmangel, Übergewicht, das metabolische Syndrom sowie anatomische oder genetische Ursachen Risikofaktoren der Steinbildung.
Mediziner unterscheiden Steine je nach anatomischer Lage, Zusammensetzung, Röntgenverhalten und Ursache. Die meisten Steine bestehen aus Calcium und sind im Röntgen darstellbar. Nicht darstellbar im Röntgen sind u. a. Harnsäuresteine. Infektsteine sind eher selten, bestehen aus Magnesium-Ammonium-Phosphat und bedürfen einer konsequenten Therapie und Nachsorge bei großer Rezidivgefahr.
Im ersten Diagnoseschritt führt der Arzt ein Patientengespräch, danach erfolgt eine klinische Untersuchung. Mithilfe von Ultraschall, Computertomographie (CT) und gegebenenfalls Röntgen ist eine zuverlässige Diagnose möglich.
Der Ultraschall ist eine gängige Untersuchung, die keine Strahlenbelastung für den Patienten birgt, kosteneffizient ist, und mit der Nierensteine meist gut darstellbar sind. „Der Harnleiter ist allerdings nur eingeschränkt schallbar. Steckt also ein Stein hier fest, ist er selbst bei einer Ultraschalluntersuchung oft nicht direkt darstellbar“, so Seklehner. Ultraschall ist eine gute Methode, die eine erste Orientierung ermöglicht. Harnabflussstörungen kann man mithilfe dieses Verfahrens sichtbar machen. Im Akutfall treten bei Harnleitersteinen oft Schmerzen auf, da der Harn nicht entsprechend abfließen kann, in diesem Fall liegt die Verdachtsdiagnose „Stein im Harntrakt“ auf der Hand.
Die Computertomographie ohne Kontrastmittel hat die höchste Sensitivität. Dadurch werden rasch de facto alle Steine sichtbar, auch Steine im Harnleiter. Der Nachteil der Methode sind die Strahlenbelastung, die Verfügbarkeit und die höheren Kosten.
Die Röntgenuntersuchung bringt ebenfalls eine Strahlenbelastung mit sich und hat eine geringe Sensitivität als die CT, da nur röntgendichte Steine, die eine gewisse Größe haben, darstellbar sind.
Was tun, wenn ein Nierenstein diagnostiziert wurde? „Im besten Fall passiert nichts, der Stein kann aber auch wachsen und zu Entzündungen führen. Scharfkantige Steine können Blutungen verursachen. Fällt ein Stein in den Harnleiter und verschließt diesen, kommt es zu einer schmerzhaften Nierenkolik. Typisch ist ein akut einsetzender Wellenschmerz, Übelkeit und Erbrechen sowie mitunter auch Blut im Harn. Mithilfe eines Harnteststreifens kann auch nicht sichtbares Blut im Harn nachgewiesen werden.
Die erste medizinische Maßnahme ist die Verabreichung schmerzstillender Substanzen. Mit bildgebenden Verfahren wird dann die Steinlage und Steingröße festgestellt. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen – je nach Diagnose – von konservativem Management bis hin zu einer Akut-Operation. Letztere ist indiziert bei großen Steinen, die unwahrscheinlich spontan abgehen, oder wenn Gefahr in Verzug ist. Dies beinhaltet Nierenversagen oder Infektionen, die bis zur Blutvergiftung und Tod führen können.
Nicht alle Steine im Harnleiter müssen entfernt werden. Sind sie klein, verursachen keine Infektionen und der Betroffene kommt mit einer Schmerzmitteltherapie gut zurecht, muss primär kein Eingriff erfolgen. Steine bis zu 4 Millimeter gehen mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 90 % von selbst ab. Allerdings kann dies mehrere Wochen dauern. Regelmäßige Kontrollen beim Urologen sind ein Muss.
Die konservative Therapie besteht aus der Gabe von Schmerzmitteln, von Medikamenten, die den Harntrakt relaxieren (Alphablocker) und, wenn nötig, Antibiotika. Stiegensteigen und Bewegung kann das Abgehen des Steines beschleunigen. Geht der Stein nicht ab, ist eine Operation sinnvoll.
Durch eine entsprechende Therapie wird der Harnabfluss bei Verstopfung von der Niere aus wieder gewährleistet. Eine Möglichkeit dabei ist das Setzen eines Doppel-J-Katheters, ein Harnleiterstent, der einen ungestörten Harnabfluss ermöglicht. Dadurch wird die Niere geschützt und die Gefahr ist gebannt.
Im Zuge einer perkutanen Nephrostomie (PCN) erfolgt ein direkter Zugang zum Nierenbecken durch die Haut hindurch. Am Körper wird ein Säckchen angebracht, in das der Harn fließt. Diese Methode wird angewendet, wenn sehr rasch gehandelt werden muss, keine Narkosetauglichkeit vorliegt oder aus anatomischen Gründen kein Harnleiterstent gesetzt werden kann.
Eine elektive Nierensteintherapie ist sinnvoll, wenn der Betroffene Beschwerden hat, der Stein eine gewisse Größe erreicht hat oder Lebensumstände vorliegen, die einer Steinfreiheit bedürfen. Auch der Patientenwunsch ist maßgeblich, ob eine Operation durchgeführt werden soll.
Bei der extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) wird der Stein von außen mit Stoßwellen zertrümmert. Die Fragmente sollen dann auf natürlich Weg abgehen. Bei diesem Eingriff ist eine Narkose nicht zwingend erforderlich, als Alternative bietet sich eine Schmerzmittelgabe. Im Zuge dieser Therapie wird eine Stoßwelle pro Sekunde abgegeben, insgesamt werden in einer ca. 45-minütigen Behandlung oft mehr als 3.000 Schuss abgegeben. Das Problem dabei ist: Bei größeren und harten Steinen muss die Therapie oft wiederholt werden. Wenn Steine zerbröseln, können diese unter Umständen den Harnleiter verstopfen. Stein-Fragmente können zurückbleiben und mit einer beträchtlichen Wahrscheinlichkeit neue Steine bilden. Dieses Verfahren wird mittlerweile nicht mehr in allen Kliniken durchgeführt und wird durch die endourologischen Therapieoptionen (Ureterorenoskopie, perkutane Nephrolitholapaxie) zusehends abgelöst.
Im Zuge einer Ureterorenoskopie (URS) – einer Harnleiter-Nierenpiegelung – wird vom Urologen ein dünnes Gerät durch die Harnröhre in die Blase, weiter in den Harnleiter und, wenn nötig, bis hinauf in die Niere eingeführt. Mithilfe des Lasers wird der Stein direkt aufgearbeitet. Mit einer Fasszange oder einem Körbchen werden die Bröckchen am Ende der OP entfernt. Die Methode ist hocheffektiv und es ist kein Hautschnitt nötig.
Bei der perkutanen Nephrolitholapaxie (PCNL) wird die Niere von außen punktiert und das Operationsgerät direkt zum Stein gebracht. Dieser kann dann mit einer Art Presslufthammer, einem Laser oder mit Ultraschallwellen aufgearbeitet werden. Die PCNL ist die invasivste, doch zugleich effizienteste Methode, vor allem um große Steine aufzuarbeiten. Ein längerer Spitalsaufenthalt als mit ESWL oder URS ist in der Regel nötig.
Jeder Patient kann durch spezielle Maßnahmen selbst sein/ihr Risiko der neuerlichen Steinbildung beeinflussen. „Ich empfehle Patienten mit Steinen im Harntrakt, sich an eine kompetente fachärztliche Beratung zu wenden. Kein Mensch, kein Stein ist gleich – es bedarf individueller Konzepte“, so Facharzt Stephan Seklehner abschließend.