Ernährung bei Schilddrüsenunterfunktion

Frau greif sich au ihren Hals, wo sich die Schilddrüse befindet
Radieschen, Kohl, Karfiol und Kresse sollten bei einer Schilddrüsenunterfunktion nur gelegentlich verspeist werden.
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Die Schilddrüse produziert wichtige Hormone und ist für daher für wichtige Stoffwechselvorgänge, wie die Funktion unserer Muskeln oder unseres Nervensystems maßgebend.

Medizinische Expertise

Rita Longin

Mag.a Rita Longin

Ernährungswissenschafterin
Gerhart Hauptmann-Straße 4/6, 2000 Stockerau
rita-ayurveda.at
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Voraussetzung ist, dass die Hormonausschüttung in Balance bleibt. Eine träge Schilddrüse produziert zu wenige Hormone, das wird als Unterfunktion (Hypothyreose) bezeichnet. Dafür gibt es viele Ursachen, das häufigste Problem ist Jodmangel. Mehr als die Hälfte der Europäer:innen nehmen zu wenig Jod zu sich. Die richtige Ernährung bei Schilddrüsenunterfunktion kann helfen das Organ wieder in Balance zu bringen.

  • Bei einer Unterfunktion (Hypothyreose) produziert die Schilddrüse zu wenige Hormone.
  • Typische Symptome sind ständige Müdigkeit, niedriger Blutdruck und Gewichtszunahme.
  • Wichtig ist für Betroffene vor allem die Versorgung mit Jod und Selen.
  • Geeignete Lebensmittel sind Fisch und diverse Gemüsesorten.

Eine Schilddrüsenunterfunktion tritt eher im Alter auf, etwa 25 % der über 60-Jährigen sind von einer Unterfunktion betroffen. Diese, sowie schwangere Frauen sollten den Hormonstatus ihrer Schilddrüse im Auge behalten, denn die Anzeichen werden häufig übersehen.

Meist klagen Betroffene über:

Neben einer medikamentösen Therapie ist die Ernährung eine wichtige Säule in der Therapie und Vorsorge. Jod und Selen sind die wichtigsten "Bausteine", die die tägliche Ernährung enthalten sollte.

Der täglich empfohlene Bedarf liegt bei 200 Mikrogramm pro Tag, das entspricht etwa einer 100 Gramm Kabeljau-Portion oder etwa einem Kilo Äpfel. Kinder benötigen etwa 100 Mikrogramm Gramm, Schwangere 230 und Stillende 260 Mikrogramm.

Tatsächlich liegt der tägliche Jodkonsum der Österreicher:innen gerade mal bei der Hälfte dieser Menge, im Gegensatz zu ozeanischen und mediterranen Gebieten, die durch fischreiche Ernährung viel an Jod aufnehmen.

1963 wurde in Österreich die erste "Jodsalzprophylaxe" erlassen. Einem Kilogramm Salz mussten 10 mg Jod beigefügt werden, 1990 wurde dieser Wert auf 20 mg erhöht. Zum Größenvergleich: Erwachsene benötigen etwa 200 Millionstel Gramm täglich von diesem Spurenelement. Mit 5 Gramm Speisesalz pro Tag führt man etwa 100 Mikrogramm Jod zu.

Einen besonders hohen Jodgehalt haben Nahrungsmittel aus dem Meer, weil Algen und Seetiere Jod speichern und dieses für sie lebenswichtig ist.

Nachstehend eine Übersicht über wichtige Jodquellen pro 100 Gramm:

Schellfisch, Kabeljau, Muscheln 250-300 µg
Algen bis 300 µg
Brokkoli, Kohl, Kartoffeln bis 15 µg
Spinat 12 µg
Karotten 15 µg
Schwarzer Tee 10 µg
Milch, Eier 10-12 µg
Roggenbrot 9 µg
Fleisch, Leber 14 µg

Speisesalz (2000 Mikrogramm = 2 mg), 10 Gramm Speisesalz (2 TL) würden den Tagesbedarf decken, allerdings wird empfohlen, pro Tag nur etwa 1 TL Salz zu konsumieren.

Der Jodanteil hängt bei Fleischprodukten jedoch wesentlich von der Fütterung der Tiere (mit jodreichem Futter), bei pflanzlichen Nahrungsmitteln von der Bodenbeschaffenheit (jodarmer/-reicher Boden) ab. Günstig auf die "Jodbilanz" wirkt sich auch die Verwendung von jodiertem Speisesalz aus. Auch industriell hergestellte Lebensmittel, wie Brot, Wurst, Käse oder Fertiggerichte sollten Jodsalz enthalten, dies ist jedoch nicht verpflichtend. Hersteller geben die Verwendung von jodiertem Speisesalz üblicherweise auf der Verpackung an.

Schwangere sollten täglich zirka 230 Mikrogramm (also 230 Millionsten Gramm pro Tag) Jod zu sich nehmen, um Schädigungen des Ungeborenen zu vermeiden. Eine vorübergehende, durch die Ärzt:in verordnete Tabletteneinnahme ist in dieser Zeit sinnvoll.

Bei Jodmangel kann es u.a. kommen zu:

  • Fehl- oder Totgeburten
  • in späterer Folge Taubstummheit
  • Schilddrüsenerkrankungen
  • Wachstumsstörungen

Ein typisches Jod-Mangel-Erkrankungsbild, das vor einigen Jahrzehnten noch häufig war, wird in der Medizin als "Kretinismus" bezeichnet. Die Kinder wiesen Schäden am Skelett, wie Kleinwuchs auf, sie neigten zu Schwerhörigkeit, Taubheit oder geistiger Behinderung. Üblicherweise werden heute Kinder, die im Krankenhaus geboren werden, einem routinemäßigen "Neugeborenen-Screening" 5 Tage nach der Geburt unterzogen, bei dem eine eventuelle Schilddrüsenfunktionsstörung diagnostiziert werden kann.

Säuglinge müssen pro Tag zirka 40 - 80 Mikrogramm Jod aufnehmen, da die weibliche Brustdrüse Jod in dieser Phase "speichern" kann, ist diese Zufuhr durch Muttermilch gesichert. Für Kinder wird mit zunehmendem Alter (von 1 - 14) eine Jodmenge von 100 - 200 Mikrogramm empfohlen.

Liegt ein Jodmangel vor, sollte man bestimmte Nahrungsmittel nur gelegentlich zu sich nehmen, wie:

  • Kohl
  • Karfiol
  • Rüben
  • Kresse
  • Radieschen 

Diese Lebensmittel enthalten Glucosinolate. Dabei handelt es sich um Einfachzucker-hältige Moleküle, die in Pflanzen gebildet werden und ihnen den typischen Geschmack verleihen. Problematisch dabei ist jedoch, dass diese Moleküle mit Jod einen "Wettlauf" absolvieren, welche der beiden Teilchen sich in der Schilddrüse einlagern kann. Glucosinolate verhindern die problemlose Einlagerung von Jod in der Schilddrüse.

Auch die in Soja- und Hirseprodukten enthaltenen Flavonoide blockieren die Einlagerung von Jod, vor allem bei Kindern kann dies bei zu geringer Jodzufuhr zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen. Glucosinolate können außerdem zu Thiocyanaten abgebaut werden, die ebenfalls mit der Jodeinlagerung in der Schilddrüse konkurrieren. Sie finden sich u.a. in:

  • Süßkartoffeln
  • Leinsamen
  • Hirse
  • aber auch im Zigarettenrauch

Vor allem bei Stillenden hindert Rauchen die Jodaufnahme, da das Spurenelement in dieser Phase nicht nur in der Schilddrüse, sondern vorübergehend auch in der Brustdrüse eingelagert wird.

Eine ständig übermäßige Jodzufuhr kann den gegenteiligen Effekt bewirken, nämlich zu einer Schilddrüsenüberfunktion. Erklärt wird dies durch den "Wolf-Chaikoff-Effekt". Dabei wehrt sich die gesunde Schilddrüse vor exzessiver Jodzufuhr und blockiert die Jodeinlagerung in den Schilddrüsenfollikeln.

Selen: wichtig für den Stoffwechsel

Selen ist ein Bestandteil von Enzymen und Proteinen und spielt beim Stoffwechsel der Schilddrüse eine wichtige Rolle. Der Selenbedarf beträgt pro Tag zwischen 30 und 70 Mikrogramm bei Erwachsenen. Enthalten ist das Spurenelement in:

  • Fisch
  • Fleisch
  • Eiern
  • Milch- oder Getreideprodukten
  • Nüssen
  • Spargel

Selenhaltige Proteine ("Dejodasen") aktivieren die Schilddrüsenhormone und setzen einen Regelkreis in Gang, der die Schilddrüse vor Schäden durch Freie Radikale schützt. Diese Schutzfunktion ist jedoch nur möglich, wenn der Schilddrüse ausreichend Selen zugeführt wird.

Wichtige Selenquellen sind (pro 100 Gramm)

Hering, Thunfisch 110-140 µg
Steinpilze 180 µg
Leber 55-58 µg
Karpfen, Garnelen, Rotbarsch, Garnelen 40-60 µg
Weizenkleie 110 µg

Eisen

Bei einer Funktionsstörung der Schilddrüse, wie der Unterfunktion, ist die Drüse nicht in der Lage, ausreichend Eisen aufzunehmen. Eisenmangel verursacht eine Störung der Schilddrüsen-Peroxidase (TPO). Dabei handelt es sich um ein Enzym, das die "Initialzündung" für die Bildung von Schilddrüsenhormonen gibt. Liegt ein Eisenmangel vor, werden daher keine Schilddrüsenhormone gebildet. Vor allem in der Schwangerschaft ist das problematisch, da eine reibungslose Schilddrüsenfunktion für Mutter und Kind lebenswichtig ist. Über die tägliche Nahrung sollten zwischen 10 mg (Männer) und 15 mg (Frauen) Eisen zugeführt werden.

Besonders reich an Eisen sind (pro 100 Gramm):

Petersilie 97 mg
Minze 88 mg
Thymian 30 mg
Schweineleber 18 mg
Weizenkleie 16 mg
Kakao 10 mg
Sojabohnen 8,6 mg
Linsen 8 mg

Die Schilddrüse ist ein Beispiel, wie biochemische Prozesse in Feinabstimmung verlaufen. Eine ausgewogene, durchdachte Ernährung ist die ideale Ergänzung, damit unsere größte Hormondrüse gesund bleibt und wird.


Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

27. Februar 2024

Erstellt am:

3. Januar 2017

Stand der medizinischen Information:

1. Juli 2020

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