In Österreich wird die Manualtherapie von Ärzten mit einem speziellen ÖAK-Diplom ausgeführt. Das "Werkzeug" des Therapeuten sind seine Hände (lat. Manus = Hand): Mit gezielten Handgriffen werden Blockaden oder Verspannungen gelöst. Im Fall von Unbeweglichkeit von Gelenken oder bei verschobenen Wirbeln greift der Therapeut manuell ein, indem er diese wieder "einrichtet". All dies erfolgt ohne Kraftaufwand und soll einerseits die Schmerzen lindern, andererseits die Ursache der Blockaden auflösen. Wichtig ist jedoch, dass der Betroffene auch außerhalb der Therapie ein aktives Training durchführt.
- In der manuellen Therapie sollen Blockaden und Verspannungen durch gezielte Handgriffe gelockert werden.
- Typische Anwendungsgebiete sind Bewegungseinschränkungen an der Wirbelsäule, die mit Fehlstellungen in Zusammenhang stehen.
- Ist der Körper in seiner Mobilität eingeschränkt, bewegt der manuelle Therapeut die betroffene Stelle immer wieder mit sanften Bewegungen wie Drehungen oder Dehnen. Dies kann mitunter auch sehr schmerzhaft sein.
Manuelle Medizin bzw. Therapiemethoden sind sinnvoll, wenn eine Bewegungseinschränkung an einem Gelenk vorliegt, wie z.B.
- Einschränkungen in Funktion und Bewegung der Wirbelsäule, denen keine Erkrankung der Nervenwurzeln zugrunde liegt, sondern Fehlhaltungen, Fehlbelastungen, Abnutzung oder Verletzungen.
- Beschwerden an der Wirbelsäule, die von einer Verhärtung der angrenzenden Muskelpartien begleitet sind
Nicht geeignet ist eine manuelle Behandlung bei
- Akutem Bandscheibenvorfall
- Schwindel aufgrund einer schlechten Durchblutung von Arterien, die das Gehirn mit Blut versorgen
- entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule (z.B. bei rheumatischer Arthritis)
- Tumoren
- degenerativen Veränderungen an Wirbelsäule oder Gelenken
Die manuelle Medizin beruht auf den Grundlagen von Anatomie und Physiologie. Im Zentrum des Interesses steht dabei die Verbindung zwischen Gelenken bzw. Bewegungssegmenten der Wirbelsäule. Ein Bewegungssegment der Wirbelsäule besteht aus zwei benachbarten Wirbeln, die durch Bandscheiben, Wirbelgelenke, Sehnen und Muskeln verbunden und daher beweglich sind. Diese verfügen im gesunden Zustand über einen bestimmten Spielraum an Bewegung, der bei bestimmten Beschwerden eingeschränkt oder sogar blockiert sein kann, was jeweils recht schmerzhaft sein kann. Hier setzt der Arzt an und untersucht einerseits, wo die "Schmerzgrenze" bei der Bewegung besteht, bzw. ob diese durch mögliche Blockaden (z.B. einen "Hexenschuss") hervorgerufen wird. Er untersucht, wie weit sich der Betroffene selbst bis zu dieser Schmerzgrenze bewegen kann oder ob dieser Grenze eine Erkrankungsursache (z.B. Bandscheibenvorfall) zugrunde liegt. Erst wenn feststeht, dass es sich um eine reversible (umkehrbare) Einschränkung handelt und dass keine andere Ursache (z.B. Schädigungen an der Nervenwurzel) vorliegt, darf der Arzt oder Therapeut eine mobilisierende oder manipulierende Therapie einleiten.
Sowohl bei der Manipulation als auch bei der Mobilisation sollen blockierte Bewegungssegmente wieder beweglich gemacht werden. Der Therapie geht ein umfassender Befund voran, der letztlich über die Art der manuellen Therapie entscheidet. Die Therapie wird von einem Therapeuten mithilfe von Bewegungen am Betroffenen durchgeführt, dieser "lässt" diese Segmente also bewegen und bleibt dabei selbst passiv.
Je nach Art der Beschwerden können Gelenkteile z.B. durch Zug voneinander entfernt werden, um den Schmerz zu lindern. Es kann aber auch eine Dehnung der Bänder erfolgen, um die Beweglichkeit zu steigern. Eine andere Möglichkeit ist es, Gelenkteile parallel zueinander zu bewegen, um den ursprünglichen Spielraum der Beweglichkeit wiederherzustellen.
Mit sanften Bewegungen, wie z.B. Rotationen oder durch Dehnen, bewegt der Therapeut im Zuge einer Mobilisation die betroffene Zone so lange, bis sich der Bewegungsspielraum bis hin zur Schmerzgrenze erhöht. Bei einer so genannten "Traktation" wird das betroffene Gelenk gedehnt, das ist vor allem bei Muskelverkürzungen sinnvoll. Eine andere Variante ist die Gleitmobilisation. Dabei werden die von der Blockade betroffenen, aneinander liegenden Gelenkflächen sanft parallel gegeneinander bewegt, um den Bewegungsspielraum zu erhöhen. Vergleichbar ist dieser Mechanismus, wenn Sie sich zwei Glasplatten vorstellen, zwischen die eine Flüssigkeit geträufelt wird. Reiben Sie nun diese beiden Glasplatten aneinander, fühlt es sich an, als ob sie sanft aneinander kleben würden. Der physikalische Begriff für diesen Zusammenhalt ist "Adhäsion". An Gelenken sind Blockaden oder Verspannungen mit diesem Zusammenhalt vergleichbar. Daher werden – wie die Glasplatten, die sich beim gezielten Verschieben sanft voneinander lösen – auch die Gelenke gegeneinander verschoben, um die Blockaden zu lösen. Wichtig ist, dass sanfte Bewegungen die Mobilität wiederherstellen und dass diese letztendlich ohne Schmerz gegeben ist. Die Mobilisation in der Manualtherapie hilft bei leichten Blockaden.
Bei hartnäckigen Fällen und wenn Mobilisation nicht wirkt, ist eine Manipulation indiziert. Diese erfolgt mit rascheren Bewegungen als die Mobilisation. Um dies anhand des Bildes mit den aneinander klebenden Glasplatten zu zeigen: Lassen sich diese Platten durch sanfte Bewegungen nicht voneinander lösen, sind ruckartige Bewegungen erforderlich, um die Adhäsionskraft zu überwinden. Der Unterdruck zwischen den beschriebenen Platten entweicht mit einem Knacken. Auch bei der Manipulation werden zwei Bewegungssegmente parallel bewegt, der Druck in der dazwischen liegenden (Gelenks-)Flüssigkeit entweicht mit einem hörbaren Knacken.
Üblicherweise sind die Beschwerden nach der Therapie nicht mehr zu erwarten. Sollte es neuerlich zu Schmerzen kommen, muss eine weitere Diagnose gestellt werden und gegebenenfalls eine andere Erkrankung (Entzündung, Abnützung) in Erwägung gezogen und eine andere Therapie gewählt werden.
Manuelle Techniken sind nur nach einer eingehenden Diagnostik durchzuführen. Diese obliegt dem Arzt. Da eine derartige Therapie bei unsachgemäßer Anwendung nicht nur unwirksam sein, sondern mitunter auch zur Verstärkung der Beschwerden führen kann, dürfen nur Fachleute diese Techniken durchführen, wie Ärzte oder Physiotherapeuten. Die von der Österreichischen Ärztekammer angebotene Diplomausbildung richtet sich an Mediziner. Ziel ist es, manuelle Therapie – basierend auf einer umfassenden Diagnose – durchzuführen. Im Ausbildungscurriculum für Physiotherapeuten in Österreich wird die Manualtherapie ebenfalls gelehrt und befugt den Therapeuten zu einer fachlichen Behandlung, nicht aber zu einer Diagnosestellung.
Eine manuelle Therapie ist meist bei akuten Schmerzen hilfreich und lindert die Beschwerden bereits nach 1 oder 2 Behandlungen. Die Verläufe können jedoch unterschiedlich sein. So etwa sind Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen, die seit längerer Zeit bestehen, hartnäckiger als Akutschmerzen. Daher ist auch die Dauer der Behandlung von Fall zu Fall unterschiedlich lang – eine Besserung kann mitunter erst nach mehreren Sitzungen eintreten. Der behandelnde Therapeut empfiehlt zudem auch spezielle Übungen für zuhause, die auf das individuelle Problem zugeschnitten sind. Wichtig ist, diese Anleitungen auch konsequent und regelmäßig durchzuführen, um den bestmöglichen Therapieerfolg zu erzielen.
Die Manualtherapie zielt darauf ab, "reparierbare" Funktionsstörungen am Bewegungsapparat oder an der Wirbelsäule zu beheben. Erkrankungen, bei denen z.B. Nervenwurzeln betroffen sind (Bandscheibenvorfall), Entzündungen vorliegen (rheumatoide Arthritis), bei bösartigen Tumoren, Knochenerkrankungen (z.B. fortgeschrittene Osteoporose), bei schweren Gefäßstörungen (z.B. Aneurysma, Durchblutungsstörungen an der Halsschlagader) oder nach Operationen, muss von einer Manualtherapie im betreffenden Bereich abgesehen werden.
Die Kosten für ein Verfahren der manuellen Medizin werden, je nach Indikation und Art der Therapie von den Kassen teilweise zurückerstattet.