Die verschiedenen Störungen können angeboren sein (z.B. Sprachentwicklungsstörungen) oder durch Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, Demenz) und Unfälle (z.B. mit Schädel-Hirn-Trauma) zustande kommen. Logopäden stehen verschiedenste Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung: Massagen der am Sprechen beteiligten Muskulatur, Sprechübungen, Gedächtnisübungen, Rollenspiele oder auch Apps. Dadurch sollen betroffene Erwachsene oder Kinder (wieder) die Fähigkeit erlernen, mit ihren Mitmenschen zu kommunizieren und die Freude am Sprechen (wieder) entdecken.
Bei folgenden Störungsbildern können Logopäden helfen:
- Sprachstörungen: Zu den Sprachstörungen bzw. den Störungen des Spracherwerbs zählen Aussprachestörungen, wie z.B. die Fehlbildung der S-Laute (Sigmatismus = Lispeln) und fehlerhafte Aussprache von anderen Lauten, z.B. Kanne statt Tanne (phonologische Störungen). Sprachentwicklungsstörungen umfassen Probleme bei: Bildung grammatikalischer Regeln, Wortfindung, Bildung des eigenen Wortschatzes, Lesen und Rechtschreibung.
- Redestörungen: Zu den Redestörungen zählen Stottern, Poltern, Mutismus und Sprechangst.
- Zentrale Sprach- und Sprechstörungen: dazu zählen Aphasie (z.B. nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma), Dysarthrophonien und Sprechapraxien sowie kognitive Dysphasie (Sprachabbau bei Demenz) und Dyspraxie (bei Demenz).
- Stimmstörungen: Als Stimmstörungen oder Dysphonien werden jene Störungen bezeichnet, die den Stimmklang und die Leistungsfähigkeit der Stimme beeinträchtigen, z.B. Heiserkeit.
- Schluckstörungen: Bei Dysphagien ist der Essvorgang beeinträchtigt, da Probleme mit dem Einspeicheln der Speisen und/oder dem Schlucken derselben bestehen.
- Weitere Störungsbilder: Myofunktionelle Störungen kommen aufgrund eines falschen Schluckmusters zustande, das durch die daraus resultierenden Zahnfehlstellungen Artikulationsstörungen verursacht. Rhinophonien bezeichnen Störungen des Stimmklanges, das sogenannte Näseln. Zusätzlich können bei Patienten auch Atemstörungen/Dyspnoe (z.B. bei Demenz) und Störungen der orofazialen Funktionen, wie (Ab-)Beißen, Kauen, Schlucken, Speichelflussregulierung (ebenfalls bei Demenz) auftreten.
SPRACHE | SPRECHEN | STIMME | REDEN | SCHLUCKEN | |
---|---|---|---|---|---|
Sprachentwicklungsstörungen, Lese-/Rechtschreibprobleme | X | ||||
Aussprachestörungen | X | X | |||
Stottern, Mutismus, Sprechangst | X | ||||
Poltern | (X) | X | |||
Aphasie/Dysphasie (Sprachverlust) | X | ||||
Dysarthrophonie (Störung der Sprechmotorik und der Sprechkoordination) | X | X | |||
Sprechapraxie/Dyspraxie | X | X | X | ||
Dysphagie (Schluckstörung) | X | ||||
Dysphonie (Stimmstörung) | X | ||||
Rhinophonie (Näseln) | X | X | |||
Myofunktionelle Störung | X |
Bevor Sie oder Ihr Kind von einem Logopäden behandelt werden, wird das individuelle Störungsbild abgeklärt. Die Diagnose wird dabei oft interdisziplinär gestellt – HNO-Fachärzte, Neurologen und Psychologen arbeiten je nach Bedarf zusammen. Die logopädische Therapie findet dann nach ärztlicher Verordnung statt. Die logopädische Diagnostik, die Erhebung darüber, wo die größten Probleme liegen, ist besonders wichtig für die Therapieplanung. Gemeinsam mit dem Logopäden besprechen Sie dann die Ziele, die Sie erreichen wollen.
Logopädie: Gezielte Übungen
So unterschiedlich die Störungsbilder sind, so verschieden sind auch die Behandlungsmaßnahmen: Mit gezielten Übungen, die Ihnen der Logopäde zeigt und gemeinsam mit Ihnen durchführt, werden die Probleme behandelt – z.B. die heisere Stimme gestärkt, das Schlucken geübt oder der Wortschatz vergrößert.
Massage durch Logopäde
Wenn auch die Muskulatur beeinträchtigt ist, z.B. nach Schlaganfällen, kann der Logopäde diese manuell stimulieren, etwa durch eine Massage. Die für das Sprechen wichtigen Muskelpartien sollen so wieder aktiviert und "erfühlt" werden. Wenn Patienten mit Demenz behandelt werden, soll der Abbau bei sprachlichen und Sprech-Fähigkeiten, sowie bei orofazialen Funktionen, durch gezieltes Trainieren vermieden werden. Außerdem wird geübt, Schlucken, Atmung und Stimmführung aufrechtzuerhalten.
Apps können Therapie unterstützen
Zunehmende Bedeutung finden bei Erwachsenen, aber auch bei Kindern, spezielle Apps, die in der durch Geräte unterstützten Kommunikation helfen. Damit können die Betroffenen selbst Übungen – von Wortschatz- bis Ausspracheübungen – durchführen.
Grundvoraussetzungen der Kommunikation
Logopäden behandeln nicht nur das Problem "an sich", sondern beschäftigen sich auch mit den Grundvoraussetzungen der Kommunikation (z.B. Differenzierung verschiedener Laute, Verarbeitungsfähigkeit von Informationen, motorische Fähigkeiten). Zusätzlich wird Ihnen auch dabei geholfen, mit Ihrer Störung umgehen zu lernen und Ihr Selbstbild zu stärken. Neben den therapeutischen Maßnahmen nehmen Logopäden eine beratende und vermittelnde Funktion für Mitbetroffene, behandelnde und pflegende Personen ein, um den Alltag in den Bereichen Sprache, Sprechen, Stimme, Atmung und Schlucken adaptieren zu können. Im Sinne der Erhaltung einer bestmöglichen Lebensqualität ist ein Einbinden aller Betroffenen von großer Bedeutung. Denn auch diese müssen lernen, mit der neuen Kommunikationssituation umzugehen, z.B. wenn Sie sich durch eine neurologische Erkrankung nur mehr schlecht artikulieren können.
Die therapeutischen Maßnahmen können auch in Spiele verpackt sein, was besonders ansprechend für Kinder ist. Der Logopäde erfindet z.B. mit Ihrem Kind Geschichten, bei denen er etwa grammatikalische Strukturen einbaut, die das Kind dann durch das Lernen am erwachsenen Vorbild selbst verwendet, wenn es Teile der Geschichte erzählt. Spiele wie Memory oder Rollenspiele werden aber durchaus auch bei Erwachsenen eingesetzt, z.B. nach Schlaganfällen.
Die logopädische Therapie findet zumeist in Einzelsitzungen statt, selten auch in Gruppen. Wenn Sie aufgrund einer akuten Erkrankung, z.B. nach einem Schlaganfall, in Behandlung sind, werden tägliche Sitzungen notwendig sein, damit Sie die Sprech-, Stimm- und Schluckfunktionen automatisieren. Die Länge der einzelnen Therapieeinheiten hängt von der individuellen Belastbarkeit des Patienten ab. Während in der Akut-Phase (z.B. nach Unfällen oder Schlaganfällen) oft nur 10 Minuten mit dem Betroffenen gearbeitet werden kann, sind bei belastbareren Patienten Einheiten von 45 bis 60 Minuten üblich. Von der Krankenkasse werden 10 Einheiten bewilligt, dann muss ein neues Ansuchen gestellt werden. Die Dauer der gesamten Therapie richtet sich nach der jeweiligen Diagnose – bei guter Mitarbeit des Patienten können sehr schnell Erfolge sichtbar werden (z.B. bei myofunktionellen Störungen), bei Patienten mit neurologischen Störungen sind die Behandlungszeiten oftmals sehr lang.
Nach der logopädischen Therapie ist es wichtig, dass Sie das Gelernte aktiv in Ihren Alltag einbauen. Kommunikation kann zudem nie alleine stattfinden – suchen Sie sich Menschen, die Zeit haben, mit Ihnen zu reden und Ihnen zuzuhören. Trauen Sie sich, zu reden – auch, wenn es nicht mehr so leicht fällt wie früher (z.B. nach Schlaganfällen) oder Sie befürchten, dass Ihr Sprachfehler peinlich sein könnte (z.B. Stottern).
Wenn Ihr Kind von einem Logopäden behandelt wurde, ist es wichtig, dass Sie als Elternteil ebenfalls mitwirken und auch nach der Therapie die Lernfortschritte Ihres Kindes durch motivierendes Feedback unterstützen.
Die Ausbildung zum Logopäden findet an einer Fachhochschule statt und dauert 3 Jahre. Logopäden arbeiten z.B. in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Rehabilitations- und Therapiezentren sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Teilweise sind Logopäden auch in Kindergärten und Schulen zu finden oder sie haben eine eigene Praxis. Fortlaufende Weiterbildungen sind für Logopäden verpflichtend.
Führen Sie die Übungen, die der Logopäde Ihnen in den Therapieeinheiten zeigt, auch zu Hause selbstständig durch. Wichtig ist, dass Sie die neu gelernten Verhaltensweisen ins tägliche Leben integrieren und z.B. bei Stimmstörungen in den für Ihre Stimme "kritischen" Situationen anwenden.
Der Erfolg der Logopädie ist immer auch von Veränderungen der anatomischen Struktur abhängig. Wenn z.B. ein für den Sprechvorgang wichtiger Nerv bei einem Unfall durchtrennt wurde oder wichtige Strukturen durch Krankheiten zerstört wurden, ist die Rehabilitation nur bedingt möglich. Ansonsten wird zumindest an einer Verbesserung der Lebensqualität gearbeitet. Besonders bei Kindern ist die Unterstützung durch das Umfeld wichtig – wenn diese nicht erfolgt, ist die langfristige Wirkung der logopädischen Therapie gefährdet.
Wenn während einem Krankenhaus-, Reha- oder Kuraufenthalt die Leistungen eines Logopäden in Anspruch genommen werden, sind die Kosten von der Krankenkasse gedeckt. Für den gesamten Reha- oder Kuraufenthalt sind jedoch in der Regel von den Patienten Zuzahlungen zu leisten. Teilweise gibt es in Krankenhäusern auch Ambulanzen, bei denen logopädische Leistungen auf Kosten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden können.
Logopädische Angebote in Schulen und Kindergärten werden meist vom Land finanziert, bei Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Pflegeheimen ist die Kostenübernahme von der jeweiligen Organisation abhängig.
Außerhalb der zuvor genannten Einrichtungen können auch niedergelassene Logopäden besucht werden. Bei Vertragslogopäden sind die Kosten nach ärztlicher Verordnung der Therapie gedeckt, während diese bei Wahllogopäden bzw. Privatlogopäden teilweise bzw. nicht von der Kasse rückerstattet werden.
- Interview mit Karin Pfaller, MSc, Präsidentin Berufsverband logopädieaustria, am 18.06.2014
- Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 1: Selbstverständnis und theoretische Grundlagen, M. Grohnfeldt (Hrsg.), Verlag W. Kohlhammer, 2. Auflage, Stuttgart, 2005
- Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 2: Erscheinungsformen und Störungsbilder, M. Grohnfeldt (Hrsg.), Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2001
- Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 4: Beratung, Therapie und Rehabilitation, M. Grohnfeldt (Hrsg.), Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2003
- Gesundheit.gv.at - Gesundheitsberuf Logopäde (29.07.2014)