Coming-out

Mann hält stolz eine Regenbogenfahne und lächelt
Ein Coming-out kann ein bedeutender Schritt sein, um authentisch und selbstbestimmt zu leben.
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Der Weg des Erkennens, Akzeptierens und Bekanntmachens der eigenen sexuellen und romantischen Orientierung kann schwierig und langwierig sein – aber auch befreiend und ermutigend.

Medizinische Expertise

Daniela Hameder

Mag.a Daniela Hameder

Psychotherapeutin, klinische Sexologin und Sexualtherapeutin
Silbergasse 1/11, 1190 Wien
www.hameder.at
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Inhaltsverzeichnis

Das (äußere) Coming-out ist meist kein einmaliges Ereignis. Für queere Menschen stellt sich im Alltag immer wieder die Frage, wann und vor wem sie sich outen. Diese Entscheidung sollte stets individuell und selbstbestimmt erfolgen.

  • Coming-out beschreibt den Prozess des Erkennens und Akzeptierens der eigenen Geschlechtsidentität sowie romantischen bzw. sexuellen Orientierung.
  • Man unterscheidet zwischen dem inneren und dem äußeren Coming-out.
  • Ein Coming-out kann langwierig und verwirrend sein. Betroffene fühlen sich häufig unsicher und allein.
  • Wichtig ist, sich nicht entmutigen zu lassen und sich selbst Zeit zu geben.
  • Organisationen und Beratungsstellen können bei einem Coming-Out begleiten und unterstützen. 

FAQ (Häufige Fragen)

Was versteht man unter einem "Coming-out"?

Unter einem "Coming-out" versteht man den Prozess, bei dem man sich der eigenen Geschlechtsidentität sowie romantischen und sexuellen Orientierung bewusst wird – und sich dazu bekennt.

In welchem Alter outen sich queere Menschen?

Das Alter und die Dauer des Coming-out sind individuell und können je nach Person stark variieren.

Was ist der Unterschied zwischen "Coming-out" und "Outing"?

Das "Outing" unterscheidet sich vom "Coming-out" dadurch, dass es nicht selbstbestimmt erfolgt. Eine andere Person zu outen bedeutet, ihre sexuelle Orientierung ohne ihre Zustimmung vor anderen bekannt zu geben. Jemanden unfreiwillig zu outen, verletzt die Privatsphäre der betroffenen Person und kann großen Schaden anrichten. 

Unter einem Coming-out versteht man den Prozess, bei dem man sich der eigenen Geschlechtsidentität sowie romantischen und sexuellen Orientierung bewusst wird – und sich dazu bekennt. 

Dabei wird zwischen zwei Formen unterschieden:

Inneres
Coming-out
Selbstentdeckung, Wahrnehmung der eigenen Empfindungen und Selbstakzeptanz
Äußeres Coming-out Die eigene sexuelle Orientierung, romantische Präferenz und Geschlechtsidentität werden vor anderen offengelegt.

Das Alter und die Dauer des Coming-out sind individuell und können je nach Person stark variieren. Während manche es als einen allmählichen/schrittweisen Prozess erleben, macht es bei anderen plötzlich "klick". Es ist auch möglich, dass sich die vermeintlich fix geglaubte Orientierung im Laufe des Lebens noch ändert. 

Outing

Das "Outing" unterscheidet sich vom Coming-out dadurch, dass es nicht selbstbestimmt erfolgt. Eine andere Person zu outen bedeutet, ihre sexuelle Orientierung ohne ihre Zustimmung vor anderen bekannt zu geben. Jemanden unfreiwillig zu outen, verletzt die Privatsphäre der betroffenen Person und kann großen Schaden anrichten. 

Schon in Märchen wird Kindern erzählt, wie die Prinzessin vom Prinzen gerettet wird, und in den meisten Filmen werden Frauen von Männern geküsst. In einer Welt, in der hauptsächlich die Liebe zum anderen Geschlecht sichtbar ist, kann es sehr verwirrend sein, zu bemerken, dass man sich – entgegen der herrschenden Norm – zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt. Auch wenn man sich nicht in den Kategorien Mann und Frau wiederfindet, kann es erstmal schwierig sein, sich selbst zu verstehen und zu akzeptieren. 

Während ihres Coming-out fühlen sich Betroffene häufig unsicher und allein. Dennoch sollte man sich nicht unter Druck setzen und sich selbst Zeit geben. Es ist okay, sich nicht zu 100 % sicher über die eigene Sexualität oder Geschlechtsidentität zu sein. Die Sexualität eines Menschen entwickelt sich ein Leben lang. Man ist niemandem Rechenschaft schuldig – außer sich selbst. Und wie auch immer sich eine Person definiert – es ist vollkommen natürlich und in Ordnung.

Ob in der Familie, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz: Ein Coming-out ist keine Pflicht. Ob eine Person sich outet oder nicht ist eine sehr persönliche Entscheidung. Es kann jedoch ein bedeutender Schritt sein, um authentisch und selbstbestimmt zu leben.

Gründe, die für ein Coming-out sprechen:

  • Offenheit: Betroffene möchten sich mit anderen frei über ihre Gefühle austauschen können.
  • Authentizität: "echte" Verbindungen und tiefere zwischenmenschlichen Beziehungen
  • Sichtbarkeit: Schluss mit dauerhaftem Verbergen – Betroffene möchten sich nicht länger verstecken oder verstellen müssen.
  • Stressreduktion: Das dauerhafte Verstecken bringt ein erhöhtes Niveau von Stress mit sich.
  • Empowerment: Erhöhung von Autonomie und Selbstbestimmung
  • Beitrag zur Wahrnehmung der LGBTIQA*-Community schaffen
  • Coming-out als politisches Statement

Gründe, die gegen ein Coming-out sprechen können:

  • Befürchtung negativer Reaktionen im eigenen Umfeld
  • Gesellschaftliche Nachteile (von Diskriminierung, Stigmatisierung bis hin zur Gefährdung der eigenen Sicherheit)
  • LGBTIQA*-Identitätskategorien werden als nicht passend oder zu limitierend empfunden
  • Belastende (Lebens-)Umstände wie etwa Flucht/Migration, Krankheit, Wohnungslosigkeit können verhindern oder erschweren, sich mit der eigenen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität auseinanderzusetzen. 

Ob persönlich, am Telefon, per Textnachricht oder E-Mail – es gibt keine "richtige" Art und Weise, wie ein Coming-out ablaufen muss. Wesentlich ist, dass man sich zu dem Zeitpunkt bereit dazu fühlt. Mit der Zeit wird dieser Schritt auch leichter.

Vor einem (äußeren) Coming-out kann es helfen…

  • …sich zu überlegen, was man sagen möchte;
  • …mögliche Reaktionen darauf zu bedenken;
  • …zuerst mit Nahestehenden zu sprechen, denen man vertraut. Das schafft ein unterstützendes Umfeld, in dem man sich akzeptiert und sicher fühlt. 

Gibt es im Umfeld keine Vertrauenspersonen, stehen anonyme und vertrauliche Beratungsstellen als Unterstützung zur Verfügung (siehe weiter unten "Infos und Unterstützung").

Coming-out in der Familie

Das Coming-out in der Familie kann zusätzliche Herausforderungen mit sich bringen, da Erwartungen der Eltern, wie der Wunsch nach Enkelkindern oder einer klassischen Hochzeit, eine Rolle spielen können. Diese Vorstellungen sind heutzutage jedoch nicht mehr unerfüllbar. Dennoch sollte betont werden: Es obliegt nicht in der eigenen Verantwortung, etwaige Wünsche anderer zu erfüllen. Jeder Mensch hat das Recht, so zu leben und zu lieben, wie es zu einem passt. Das eigene Glück und die persönliche Identität sollten stets im Mittelpunkt stehen.

Traut man sich seinen Verwandten, Freund:innen und Bekannten an, weiß man oft nicht, wie sie reagieren werden. Ein Coming-out ist heute immer noch schwierig, aber zum Glück einfacher als noch vor einigen Jahren. Die meisten Menschen haben mittlerweile kein Problem mehr mit dem Thema. 

Sollten nahestehende Personen geschockt sein, brauchen sie manchmal nur etwas Zeit, um die Nachricht zu verarbeiten und sich an die neue Vorstellung zu gewöhnen. Viele Heterosexuelle mussten sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Thema auseinandersetzen, da sie es bisher nicht betroffen hatte und sie möglicherweise keinen Kontakt zu queeren Menschen hatten. Oft bemerken sie dann, dass es sich um falsche Vorstellungen und Vorurteile handelt und diese nichts mit der Person an sich zu tun haben. Mit etwas Zeit und eventuell einer Beratung können sie der Identität und Lebensweise der geouteten Person mit dem nötigen Respekt begegnen.

Für Betroffene, die sich in diesem herausfordernden Coming-out-Prozess befinden, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass es vollkommen in Ordnung ist, so zu sein, wie man ist – und zu wissen, dass sie nicht alleine sind:

  • Es gibt Organisationen und Beratungsstellen, die bei einem Coming-out begleiten und unterstützen können:
    • Die HOSI (Homosexuelle Initiative) ist z. B. die größte politische Interessensvertretung der LGBTIQA*-Community in Österreich und bietet Unterstützung beim Coming-out und in Fällen von Diskriminierung.
    • Auch die Courage* Beratungsstellen stehen Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite
  • Vernetzen in LGBTIQA*-Communities: Es kann helfen, mit anderen queeren Menschen in Verbindung zu treten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
  • Fühlt man sich noch nicht bereit für einen Schritt "nach draußen", kann es auch helfen, sich mit dem Thema durch LGBTIQA*-Literatur etwas vertrauter zu machen. Es gibt Bücher mit Erfahrungsberichten sowie hilfreiche Ratgeber zum Thema "Coming-out".

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

14. Januar 2025

Stand der medizinischen Information:

14. Januar 2025

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