Die Wiederherstellung des entfernten Gewebes, bzw. der gesamtem Brust, gehört zu den Kerngebieten der Plastischen Chirurgie. Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Methoden um Brüste so zu rekonstruieren, dass die Betroffenen zufrieden sind und das kosmetische Ergebnis der gesunden Brust entspricht. Die Brust kann mit Eigengewebe oder einem Implantat aufgebaut werden. Die Brustrekonstruktion kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt – sofort oder Jahre später – erfolgen. Den meisten Patientinnen fehlt oft die seelische Kraft für die körperlich anstrengende Kombination beider Eingriffe, daher entscheidet sich ein Großteil für einen späteren Eingriff.
-
Frauen nach (oder vor) der vollständiger Entfernung der Brust (bei Brustkrebs)
-
Frauen nach einer Teilentfernung der Brust
-
Frauen, die ein Brustkrebs-Gen tragen und sich vorbeugend beide Brüste entfernen lassen.
Die Betroffenen können sich, bei gegebenen medizinischen Voraussetzungen für eine Sofortrekonstruktion gemeinsam mit der Krebsoperation entscheiden oder die Wiederherstellung auf unbestimmte Zeit verschieben. Je nachdem, ob neben Brustgewebe Haut und/oder der Warzenhof entfernt wird, muss mit insgesamt 2-3 Operationen gerechnet werden, um den Wiederaufbau abzuschließen, wobei im Falle der Sofortrekonstruktion natürlich eine OP weniger zu machen ist.
Brustaufbau mit Eigengewebe
Bei einem Brustaufbau mit Eigengewebe-Lappenplastik kommen derzeit hauptsächlich 3 Varianten zum Einsatz:
-
Latissimus-dorsi-Lappen: Haut und Muskel vom Rücken
-
TRAM Lappen: 5 Variationen, Haut und Fett vom Bauch, bei den meisten Variationen auch Teile eines der beiden geraden Bauchmuskel
-
Gracilis-Lappen: Haut, Fett und Muskel von der Oberschenkelinnenseite
Bei einem Brustaufbau mit Eigengewebe-Eigenfetttransplantation wird Eigenfett entnommen, präpariert und in die Brust eingebracht. Diese Methode ist relativ neu und wird nicht überall routinemäßig eingesetzt.
-
Gestielter Unterbauchlappen (TRAM-Lappen, Transversus Rectus Abdominis Muskellappen): Dabei wird Haut und Fettgewebe vom Unterbauch verwendet und durch einen Tunnel in die Brust verschoben. Das Gewebe bleibt mit einem der 2 geraden Bauchmuskel verbunden, in welchem das Blutgefäß verläuft, das Blut in den Lappen befördert. Für Raucherinnen und Frauen mit starkem Übergewicht ist diese Methode jedoch nicht erste Wahl, da es bei diesen Betroffenen zu Durchblutungsstörungen des Lappens kommen kann.
-
Freier Unterbauchlappen (freier TRAM-Lappen): Bei diesem Verfahren werden – im Unterschied zum gestielten TRAM-Lappen – die den Lappen versorgenden Blutgefäße durchtrennt und mit dem Mikroskop an die Brustbeingefäße angenäht. Bei diesem Verfahren wird nur ein Teil des geraden Bauchmuskels "geopfert", was jedoch in Bezug auf die Schwächung der Bauchdecke keinen Vorteil gegenüber der gestielten Methode aufweist. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Gefäßnaht sich verschließt (2-4 %) und dass deshalb der Lappen abstirbt.
-
Freier Perforator-Lappen, DIEP-Lappen, Deep Inferior Epigastric Perforator): Bei diesem etwas aufwändigeren Verfahren wird kein Bauchmuskelgewebe verwendet. Das versorgende Gefäß wird mühsam aus dem Bauchmuskel herauspräpariert, der Lappen besteht daher nur aus Haut, Fett und dem Gefäß. Der Anschluss im Empfängerbett gleicht dem freien TRAM – Brustbeinarterie.
Für diese Techniken ist ein Krankenhausaufenthalt von 8-10 Tagen erforderlich. Die Operation dauert etwa 4-6 Stunden. Schonung der Bauchdecke ist eine wesentliche Nachsorge, auch eine Bauchbandage (außer beim DIEP) sollte etwa 3 Monate getragen werden, um die Bauchwand zu stabilisieren.
-
Gestielter latissimus-dorsi-Lappen: Der große Rückenmuskel wird an seinem Ursprung (Beckenkamm, Wirbelsäule) abgelöst und in den Hohlraum der Brust verschoben. Die Blutgefäße am oberen Muskelansatz werden nicht durchtrennt und garantieren so die Blutversorgung des Lappens. Dieser Lappen ist etwas dünner als der Bauchlappen und die Methode daher eher schlanken Frauen zu empfehlen – fehlendes Gewebe bei größeren Brüsten kann jedoch auch mit Implantaten ausgeglichen werden. Bewegungseinschränkungen aufgrund des fehlenden Rückenmuskels sind unwahrscheinlich, denn die Muskelfunktionen werden von anderen Muskelpartien kompensiert. Diese Operation wird im Zuge eines 5-7-tägigen Krankenhausaufenthalts durchgeführt.
-
Freier gracilis Lappen: Der zarte Muskel der Oberschenkelinnenseite wird mit darüberliegenden Haut herausgelöst und mikrochirurgisch – wie beim freien TRAM – an die Brustbeinarterie angeschlossen. Eignet sich nur für die Wiederherstellung kleiner Brüste.
-
Eigenfetttransplantation: Seit 2003 ist die Eigenfetttransplantation im Brustbereich wieder zugelassen. Mit dieser herausragenden Methode kann man sehr natürlich sehr schöne Ergebnisse erzielen. Nachteil: Patientin muss Fett haben, und man benötigt meist 3-4 Etappen (Wiederholungen/Ergänzungen). Vorteil: sehr einfacher und die Patientin kaum belastender Eingriff.
Brustaufbau mit Fremdgewebe
-
Implantat: Bei intaktem Brustmuskel kann ein Implantat aus Silikon darunter eingebracht werden. Dieser Eingriff ist weniger belastend, weil der Aufbau weniger aufwändig ist als eine Brustwiederherstellung mit Eigengewebe. Moderne Implantate bestehen aus einer Silikonhülle und sind mit Silikongel (am häufigsten) oder mit einer Kochsalzlösung gefüllt. Sie sind im Allgemeinen sehr gut verträglich. Frauen müssen nach einer Brustrekonstruktion mit Implantaten nur wenige Tage (3-5) im Krankenhaus bleiben. Allerdings muss für diese Methode noch ausreichend Haut verbleiben, um das Implantat einzubringen. Dieses kann entweder unter den Brustmuskel oder unter die Haut gesetzt werden. Ist genug Haut vorhanden, kann das Fremdgewebe (meist Silikon) sofort implantiert werden, auch im Rahmen einer Tumoroperation.
-
Expander und Implantat: Ist zu wenig verbliebene Haut vorhanden, kann mit einem Expander die bestehende Haut zunächst schrittweise aufgedehnt werden. Dabei wird unmittelbar nach Entfernung der Brust an deren Stelle ein leerer Ballon mit einem Ventil eingebracht. In Abständen von etwa 2 Wochen werden über 3 Monate hinweg über das Ventil Kochsalzlösung in den Ballon eingebracht. Auf diese Weise dehnt sich das Gewebe langsam auf, und nach etwa 3 Monaten kann der Expander gegen ein Silikonimplantat ausgetauscht werden. Als Zugang wird fast immer ein kleiner Hautschnitt (3-5cm) in der Unterbrustfalte gewählt, weil es besser ist, die lange Narbe der Brustentfernung "in Ruhe" zu lassen. Weiters besteht die Möglichkeit, eine "Becker-Prothese" zu implantieren. Darunter versteht man einen Expander, der zu etwa 35 % seines möglichen Füllvolumens mit Silikongel gefüllt ist und ein Flachbettventil aufweist. Nach Abschluss des Dehnungsprozesses wird die Becker-Prothese einfach Vorort belassen, ein Austausch ist nicht erforderlich.
Im Zuge einer zweiten Operation können Brustwarze und Warzenhof wieder hergestellt werden. Das erfolgt entweder mittels eine kleinen Lappenplastik: für die Brustwarze wird ein Stück Haut der wieder hergestellten Brust verwendet.
- Mamillen-Sharing: Eine Hälfte der gesunden Brustwarze wird entnommen und auf die wieder hergestellte Brust eingebracht.
Die OP-Dauer variiert stark, von 30 Minuten bis 8 Stunden.
Maximal 14 Tage nach der Operation können Sie das Krankenhaus, mit einem speziellen Verband versehen, verlassen. Weiters erhalten Sie einen speziell angepassten Stütz-BH, den Sie etwa 4 Wochen lang tragen sollen.
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus haben Sie vielleicht noch einige Tage Schmerzen oder ein Spannungsgefühl im Brustbereich, daher sollten Sie die vom Arzt verordneten Schmerztabletten einnehmen.
Duschen und Baden sollten Sie bis zum völligen Abheilen der Wunde nicht.
Schonen Sie sich und verzichten Sie in den ersten 3 Wochen auf körperliche Anstrengung oder Sport. Nach etwa 6 Wochen sollten Sie jedoch wieder fit sein und Ihrer Arbeit bzw. Ihren sportlichen Ambitionen wieder nachgehen können.
Eine Wiederherstellung der Brust nach einer Krebsoperation wird von onkoplastischen Chirurgen (Allgemeinchirurgen, Gynäkologen) oder Plastischen Chirurgen durchgeführt. Diese Experten wissen, wie viel Tumorgewebe im gesunden Gewebe entfernt werden muss und mit welche Möglichkeiten es für die Rekonstruktion gibt.
Eine Brustkrebsoperation ist mit Ängsten, Unsicherheit und Ungewissheit behaftet. Daher sollten Betroffene über ihre Ängste sprechen, mit Angehörigen, mit dem Arzt oder in Selbsthilfegruppen. Wichtig ist Sorge dafür zu tragen, dass die Patientin mit dem Problem nicht allein gelassen wird, und dass Ansprechpartner in dieser Krisenzeit dazu beitragen können, das psychische Problem zu bewältigen.
Frauen, die sich einer Brustkrebsoperation unterziehen mussten, bei der Teile oder die gesamte Brust entfernt werden musste, sind einer starken seelischen Belastung ausgesetzt. Oft ist der Eingriff mit dem Gefühl verbunden, nach einer Brust(teil)entfernung keine "richtige Frau" mehr zu sein. Die Gedanken kreisen um das eigene Körperbild – wie ist es möglich, künftig chicke Blusen, Kleider oder Bikinis zu tragen? Diese vermeintlich körperlichen „Unzulänglichkeiten“ stürzen viele Frauen in eine psychische Krise. Obwohl es bei dem Eingriff oft möglich ist, brusterhaltend zu operieren, bleiben bei vielen Frauen Dellen in der Brust zurück, und Brust und Brustwarzen liegen möglicherweise nicht mehr symmetrisch. Bei diesen Fällen ist die Eigenfetttransplantation oft das Mittel der Wahl.
Hat sich der Tumor weiter ausgedehnt, kann eine Amputation der Brust nötig sein. Oftmals lässt sich diese Notwendigkeit jedoch erst bei der Operation feststellen, daher wird vor einer Brustkrebsoperation mit der Betroffenen ein ausführliches Gespräch geführt, bei dem die Frau über die Möglichkeiten einer Brustrekonstruktion von ihrem Arzt informiert wird.
Gesunde Ernährung, moderate regelmäßige Bewegung tragen ebenfalls dazu bei, die Erkrankung zu meistern. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Frauen, die regelmäßig Sport betreiben, das Risiko für eine neuerliche Krebserkrankung um 50 % senken, bzw. adipöse ein mehr als doppelt so hohes Risiko aufweisen, an Brustkrebs zu erkranken.
Der behandelnde Arzt wird Ihnen genaue Empfehlungen geben, wann und wie oft Nachsorgeuntersuchungen durchgeführt werden müssen. Meist sind diese Untersuchungen in den ersten 3 Jahren nach der Operation im Vierteljahres-Intervall nötig, im 5. und 6. Jahr halbjährlich, danach jährlich. Treten Beschwerden oder Schmerzen auf, sollte der Arzt jedoch auch außerhalb der festgelegten Termine sofort konsultiert werden.
Die routinemäßige Mammographie sollte 1-mal jährlich erfolgen. Bei Frauen, die ein Implantat direkt unter der Haut tragen, wird die Untersuchung mittels Magnetresonanztomographie durchgeführt.
Für starke Raucherinnen, Übergewichtige und Frauen, die bereits eine Bauch-Fettabsaugung hatten, ist die TRAM-Methode (Eigengewebe aus dem gestielte Unterbauchlappen) eher vorsichtig einzusetzen, da es aufgrund der schlechten Durchblutung zu einem Absterben des Lappengewebes kommen kann. Bei Entnahme des Gewebes aus dem Unterbauch muss der Zusammenschluss der Gefäße mikrochirurgisch erfolgen, daher hängt das Ergebnis wesentlich von der Erfahrung des Operateurs ab.
-
Lymphstau: Wurden die Lymphknoten im Zuge der Operation entfernt, bzw. eine Strahlentherapie durchgeführt, können Lymphstau oder -Ödeme entstehen. Das lässt sich trotz verbesserter Therapiemethoden vielfach nicht voraussehen oder verhindern. Lymphdrainage-Massagen können diese Entwicklung verhindern. Auch das Tragen von stützenden Bandagen bzw. das Hochlegen von Armen und Beinen entlastet den Lymphfluss. Als letztes Ausweg bei hartnäckigem Lymphödem kann eine Lymphgefäßtransplantation erwogen werden.
-
Tumormarker: Tumormarker sind Anzeichen von Entzündungen und können auch bei gesunden Menschen auftreten. Ein erhöhter Tumormarker nach einer Operation ist somit kein Hinweis für eine neuerliche Krebserkrankung. Ihr Arzt wird sie umfassend darüber informieren.
Die Kosten für eine Brustrekonstruktion infolge einer Krebsoperation werden von den Sozialversicherungsträgern übernommen. Die Krankenkassen übernehmen auch die Kosten, wenn ein genetischer Risikofaktor vorliegt und eine prophylaktische Mastektomie erfolgt.
Video: Plastische Chirurgie
Prim. Assoc. Prof. Dr. Klaus Schrögendorfer (Facharzt und Spezialist für rekonstruktive, ästhetische und plastische Chirurgie in Wien) beantwortet u.a. folgende Fragen: 1) Was ist die Ursache für die Entstehung eines Lymphödems und wie wird es behandelt? 2) Was ist ein Lipödem und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? 3) Welche Herausforderungen gibt es im Bereich der plastischen, rekonstruktiven Chirurgie noch?
- Meduniwien - Klinische Abteilung für Wiederherstellende und Plastische Chirurgie (31.03.2015)
- Pink Ribbon/Österreichische Krebshilfe, Brustkrebs (31.03.2015)
- Berufsverband der Frauenärzte, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (31.03.2015)