K.O., bekannt unter anderem aus dem Boxjargon, steht für "Knockout" und beschreibt, dass man außer Gefecht gesetzt ist. Bei K.O.-Tropfen passiert dieser Effekt nicht ohne Hintergedanken. Die Täter:innen mischen ihren Opfern unbeachtet stark einschläfernde Substanzen in das Getränk. In den meisten Fällen handelt es sich um Männer, die ihr weibliches Gegenüber sexuell gefügig bzw. wehrlos machen wollen. Deshalb werden K.O.-Tropfen auch als Vergewaltigungsdrogen bezeichnet.
Als K.O.-Tropfen werden verschiedene Substanzen bezeichnet. Sie werden als Szene-Drogen mitunter auch bewusst eingenommen, um einen euphorisierenden, zugleich beruhigenden Effekt zu erzielen. Manche Mittel sind sogar legal erhältlich, die nicht einvernehmliche Verabreichung an andere Personen ist aber immer strafbar.
Häufig zum Einsatz kommen:
- Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB, "Liquid Ecstasy", "Liquid X")
- Gamma-Butyrolacton (GBL)
- Flunitrazepam
- Temazepam
Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Wirkstoffe, die als K.O.-Tropfen missbraucht werden können.
Das Tückische an K.O.-Tropfen ist, dass die ersten Anzeichen nur schwer von einer Alkoholisierung zu unterscheiden sind. Typische erste Anzeichen, die meistens plötzlich auftreten, sind:
- anfängliche Euphorie
- Schwindel
- Übelkeit
- Sensibilitätsstörungen
- Taubheitsgefühl
- eingeschränkte Beweglichkeit
Entsprechende Dosierung vorausgesetzt, fallen Betroffene bereits nach 15 bis 30 Minuten in einen tiefen Schlaf bzw. werden ohnmächtig.
Das Erwachen nach einem durch K.O.-Tropfen verursachten Knockout ist für Betroffene äußerst unangenehm. Viele berichten von Symptomen, die in etwa mit einem sehr starken Kater zu vergleichen sind:
- Filmriss (Amnesie)
- vernebeltes Gefühl ("Brain Fog")
- Verwirrung
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Übelkeit
- Erbrechen
- Konzentrationsstörungen (mehrere Tage lang)
Die nach dem Erwachen erlebte Amnesie ist meistens sehr stark, Betroffene können sich an die vergangenen Stunden kaum bis gar nicht mehr erinnern. Viele berichten von einem schlagartigen Erinnerungsverlust, das heißt der "Filmriss" setzt an einer bestimmten Stelle der vergangenen Nacht sehr abrupt ein. Wenn die Stärke der Amnesie unverhältnismäßig zum konsumierten Alkohol steht, ist dies oft ein Indiz, Opfer von K.O.-Tropfen geworden zu sein.
Opfer eines sexuellen Missbrauchs erleben häufig wage Erinnerungen an das Geschehene, können aber keine genauen Angaben dazu machen. Blutergüsse, Schmerzen im Intimbereich und Spermaspuren sind mögliche Indizien für eine Vergewaltigung.
Achtung: Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass definitiv kein sexueller Missbrauch stattgefunden hat, wenn es keine sofort sichtbaren und eindeutigen Anzeichen gibt.
Vermutet man, selbst K.O.-Tropfen konsumiert zu haben, informiert man schnellstmöglich eine Freund:in oder eine andere anwesende Vertrauensperson. Ist keine solche Person anwesend, weist man im Idealfall mehrere Personen auf seine Situation hin. Als Helfer:in sollte man nicht von der Seite der Betroffene:n weichen und die Rettung rufen.
Ist die Sicherheit der Betroffene:n gewährleistet und besteht ein dringender Verdacht auf die Anwendung von K.O.-Tropfen, sollte in jedem Fall auch die Polizei informiert werden.
Ja. Die Präparate sorgen nur in seltenen Fällen direkt für langfristige Schäden und verursachen nur bei sehr starker Überdosierung unmittelbare Lebensgefahr. Es gibt aber zahlreiche Wege, wie K.O.-Tropfen indirekt für schwerwiegende Probleme sorgen können:
- kriminelle Handlungen: der Zweck des kriminellen Einsatzes von K.O.-Tropfen ist, das Opfer wehrlos zu machen – die Handlungen der Täter:innen während der Ohnmacht der Opfer kann naturgemäß auch langfristige körperliche Folgen haben
- post-traumatische Belastungsstörung: ein körperlicher Missbrauch ist eine traumatische Erfahrung, die für lange Zeit psychische Beschwerden nach sich ziehen kann – eine Behandlung, beispielsweise in Form einer Psychotherapie ist daher dringend anzuraten
- ausgesetzter Würgereflex: ohnmächtige Menschen sind nicht in der Lage, Erbrochenes auszuspucken und können im schlimmsten Fall daran ersticken
- Unfälle: auch wenn es im Zuge der Vergiftung zu keinem körperlichen Missbrauch durch die Täter:in bzw. die Täter:innen kommt, besteht aufgrund des schlechten Bewusstseinszustandes die akute Gefahr eines Unfalls
Ja, K.O.-Tropfen sind sowohl im Blut als auch im Urin nachweisbar. Es gibt allerdings nur ein recht kurzes Zeitfenster, in dem dies möglich ist:
- K.O.-Tropfen im Blut nachweisen: im Blut sind K.O.-Tropfen bis zu ca. 6 Stunden nach Konsum nachweisbar
- K.O.-Tropfen im Urin nachweisen: im Urin sind K.O.-Tropfen bis zu ca. 12 Stunden nach Konsum nachweisbar
Besteht der Verdacht auf eine Verabreichung mit K.O.-Tropfen und gibt es in diesem Zusammenhang womöglich sogar einen Verdächtige:n, ist daher schnelles Handeln gefragt. Begleiter:innen der Betroffene:n sollten dann unbedingt ihren Verdacht mit dem Krankenhauspersonal teilen, um eine entsprechende Testung schnell genug in die Wege zu leiten.
Nein. In Österreich erhältliche Präparate mit Flunitrazepam verfärben ein Getränk zwar blau und sind daher tatsächlich zu erkennen. Allerdings trifft dies nicht auf die anderen Wirkstoffe zu, zudem "erfahrene" K.O.-Tropfen-Kriminelle über diesen Effekt längst Bescheid wissen. Im Geschmack werden Getränke zwar theoretisch ein wenig bitter oder sogar etwas "seifig", praktisch lässt sich dies etwa in einem Cocktail aber kaum erkennen.
Es gibt jedoch immer wieder Bemühungen, Produkte zu entwickeln, die verunreinigte Getränke rasch erkennen sollen. In den letzten Jahren sind vor allem drei Ansätze medial diskutiert worden:
- Strohhalm, der K.O.-Tropfen erkennt: Drei US-amerikanische Schülerinnen entwickelten im Rahmen eines Schulprojekts 2017 einen Strohhalm, der leuchtet, wenn er in ein mit K.O.-Tropfen verunreinigtes Getränk getunkt wird. Sie meldeten ihre Entwicklung als Patent an, tatsächlich massenhaft produziert wurde der "Smart Straw" bis dato allerdings nicht. Der Strohhalm hatte außerdem das schwerwiegende Manko, nur GHB, aber keine anderen K.O.-Tropfen identifizieren zu können.
- Nagellack, der K.O.-Tropfen erkennt: Bereits Mitte der 2010er Jahre war die Idee im Umlauf, einen Nagellack zu entwickeln, der die Farbe verändert, wenn er mit narkotisierenden Substanzen in Kontakt kommt. So könnte man eine kleine Menge eines Getränks auf die lackierten Fingernägel tropfen und wäre bei einer Veränderung der Farbe gewarnt. Sogar in der Netflix-Serie "Wer einmal lügt" wird ein solcher Nagellack gezeigt. Tatsächlich aber kam der Lack nie über die Ideenphase hinaus und landete nicht am Markt.
- Armband, das K.O.-Tropfen erkennt: Das einzige aktuell bereits in Apotheken und Drogeriemärkten erhältliche Produkt zum Erkennen von mit K.O.-Tropfen verunreinigten Getränken ist ein Papier-Armband. Dieses ist eine Art tragbarer Schnelltest, der wiederum anhand weniger Tropfen eines Getränks eine mögliche Verunreinigung darstellen soll. Allerdings erkennt das Armband nur eine Verunreinigung mit GHB. Das heißt ein negatives Testergebnis hat keinerlei Aussagekraft über andere Substanzen mit dem gleichen oder einem ähnlichen Effekt. Das Armband sorgt daher höchstens für falsche Sicherheit und man sollte sich auf gar keinen Fall auf das Ergebnis verlassen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es aktuell kein Produkt gibt, das verlässlich erkennen lässt, ob ein Getränk mit K.O.-Tropfen verunreinigt wurde. Aus aktueller Sicht scheint ein solches Unterfangen angesichts der großen Bandbreite der möglichen Substanzen auch eher unrealistisch zu sein.
Es gibt einige Möglichkeiten, um das Risiko, ein verunreinigtes Getränk zu erwischen, so gering wie möglich zu halten:
- Getränke von Fremden ablehnen: Natürlich ist es in Ordnung, sich, auch von einer fremden Person, auf ein Getränk einladen zu lassen. Man sollte dies aber nur annehmen, wenn man es direkt von der Theke bzw. der Kellner:in erhält. Davon, sich von einer fremden Person ein Getränk bringen zu lassen, ist abzuraten.
- nicht allein unterwegs sein: Insbesondere jungen Frauen muss man tendenziell davon abraten, nachts allein unterwegs zu sein. Sollten einer Person tatsächlich K.O.-Tropfen verabreicht worden sein, ist es besser, wenn Freund:innen in der Nähe sind, die die Rettung alarmieren und für Sicherheit sorgen.
- Becher beobachten: Den ganzen Abend nur nervös auf den Becher zu achten, ist unangenehm. Man sollte ein Getränk aber zumindest nicht abstellen und für längere Zeit aus den Augen lassen. Wer auf die Toilette muss, kann den Becher vorübergehend einer Freund:in anvertrauen.
- bei Symptomen rasch reagieren: Wer sich schwindlig oder übel fühlt, sollte einer Freund:in Bescheid geben. Die Symptome sollten nicht als übliche Begleiterscheinungen des Alkohols abgetan, sondern ernstgenommen werden. Denn selbst wenn ultimativ der Auslöser doch Alkohol sein sollte, ist Vorsicht anzuraten.
- "Informationsoffensive K.O.-Mittel", Österreichisches Bundeskanzleramt (17.05.2023)
- "K.O.-Mittel und ihre Wirkung", Stadt Wien (17.05.2023)
- "Vorsicht vor K.O.-Tropfen", Österreichisches Gesundheitsministerium (17.05.2023)
- "K.O.-Tropfen – Wie erkennt man sie und wie schützt man sich davor?", Brisant (17.05.2023)