Zwanghaftes Spielen beschreibt ein häufiges und episodenhaft wiederholtes Spielen, das die Lebensführung des Betroffenen beherrscht und schwerwiegende Konsequenzen im persönlichen, familiären oder beruflichen Umfeld haben kann. Menschen, die an einer pathologischen Spielsucht erkranken, können dem Drang nach Glücksspielen nicht widerstehen. Betroffene besuchen regelmäßig Casinos, spielen zum Beispiel Roulette, Poker oder Automatenspiele oder verbringen sehr viel Zeit mit Online-Glückspielen.
Die Glücksspielsucht ist ein langwieriger Prozess und entwickelt sich meist sehr schleppend. Betroffene Personen haben häufig mit psychosozialen Problemen oder negativer Stimmung (Ängste, Depressionen, Schuldgefühle) zu kämpfen.
- Menschen mit Spielsucht leiden unter einem pathologischen Spielverhalten.
- In Österreich gibt es rund 60.000 Personen, die an einer Spielsucht leiden.
- Die Auswirkungen sind mit schweren psychischen Belastungen und großen Alltagsproblemen verbunden.
- Oftmals sind Betroffene stark verschuldet und von ihrem sozialen Umfeld isoliert.
- Die Behandlung einer Spielsucht kann mit Psychotherapie und/oder medikamentöser Behandlung erfolgen.
Art | Nicht substanzgebundene Verhaltenssucht |
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Risikofaktoren | Hohes Stresslevel, Einsamkeit, mangelnder Selbstwert. soziale Probleme |
Symptome | Unkontrolliertes, krankhaftes Spielverhalten, Schuldgefühle, Depressionen, Ängste, Vernachlässigung sozialer Kontakte |
Therapie | Psychotherapie, Medikamente |
In Österreich gibt es ungefähr 40.000 bis 60.000 Menschen, die von Glücksspielsucht betroffen sind – bezogen auf Live-Glücksspiele, wie etwa das Automatenspiel und Glücksspiel im Casino. Bei Online-Glücksspielen liegen die aktuellen Zahlen bei ungefähr 60.000 Österreicher:innen. Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren sind besonders stark davon betroffen. Bei Männern und jüngeren Menschen besteht generell ein höheres Risiko, an einer Spielsucht zu erkranken.
Es gibt mehrere Faktoren, die bei der Entstehung einer Spielsucht eine wichtige Rolle spielen. Allgemein gibt es biologische, psychische und soziale Faktoren, die eine Glücksspielsucht begünstigen können. Zu diesen Risikofaktoren gehören:
- Eigenschaften des Glücksspiels: Heutzutage besteht eine einfache und schnelle Verfügbarkeit des Glücksspiels, was die Suchtgefahr erhöht. Zusätzlich führen virtuelle Währungen oder Jetons dazu, dass die Spielenden unkontrollierter spielen und finanzielle Verluste in Kauf nehmen. Wenn öfters gewonnen wird, stellt sich rasch ein Lerneffekt ein, dass Gewinnen möglich ist. Gewinne lösen starke Glücksgefühle aus und intensivieren den Drang nach weiteren Erfolgserlebnissen. Im Gehirn werden Beinahe-Gewinne sehr ähnlich aufgenommen wie Gewinne. Verluste hingegen bleiben meist nur kurze Zeit im Gedächtnis gespeichert.
- Soziale Merkmale: Private Probleme, Stresssituationen, Alkoholkonsum, Einsamkeit, unglückliche Partnerschaften, Belastungen im Beruf oder Arbeitslosigkeit können für eine Spielsucht mitverantwortlich sein. Daher ist zum Beispiel die Anfälligkeit für Spielsucht bei Personen mit vielen erlebten Belastungen, geringem Einkommen oder einem starken Stresslevel, größer. Außerdem können ein starker Gruppendruck, das soziale Umfeld oder fehlende Anerkennung ein problematisches Spielverhalten begünstigen.
- Persönlichkeit: Ein geringer Selbstwert, schwach ausgeprägte Sozialkompetenzen, große Risikobereitschaft, mangelnde Impulskontrolle, Perfektionismus oder schlechter Umgang mit Geld erhöhen das Risiko. Außerdem führt das Spielen selbst dazu, dass sich die eigene Persönlichkeit verändert und dadurch ungünstiges Spielverhalten verstärkt. Im Zuge der psychischen Erkrankung kann während des Spielens das Phänomen des sogenannten "magischen Denkens" auftreten. Dabei glauben Betroffene, dass sie durch ihre Gedanken, Worte oder Handlungen, den Spielverlauf beeinflussen können und Macht über das Ergebnis haben.
- Vorerkrankungen: Dazu zählen Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen von Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Opiaten, Beruhigungsmitteln, usw., Depressionen oder andere Suchterkrankungen.
Beim Spielen werden drei verschiedene Formen unterschieden:
- Soziales Spielen: Im Mittelpunkt stehen Aufregung, Spaß und Entspannung. Es wird häufig in einem sozialen Umfeld gespielt. Dabei geht es vorwiegend um Spiele, die mit wenig Risiko verbunden sind und selten zu finanziellen Verlusten führen.
- Problematisches Spielen: Dieses Spielverhalten ist gekennzeichnet durch mehrmaliges Spielen und auch die Einsätze erhöhen sich. Meistens wird mehr Risiko eingegangen und das Spielen nimmt zunehmend mehr Zeit in Anspruch. Das private Umfeld, Freizeit und Beruf geraten immer stärker in den Hintergrund und werden stark vernachlässigt, da das Spielen immer höhere Priorität im eigenen Leben hat.
- Pathologisches Spielen: Beim pathologischen Spielen handelt es sich um ein unkontrolliertes, krankhaftes Spielverhalten. Das Spielen nimmt einen zentralen Platz im Leben ein. Es werden hohe Summen gesetzt und die Gefahr sich stark zu verschulden, ist groß. Der Druck, den finanziellen Verlust auszugleichen, steigt an und führt in manchen Fällen zu kriminellen Verhaltensweisen. Aufgrund der steigenden Probleme treten häufig Depressionen, Alkoholismus oder Suizidgedanken bei den Betroffenen auf.
Allgemein gesprochen lässt sich soziales Spielen als unbedenklich einstufen. Problematische Spieler:innen sind stark gefährdet, eine Spielsucht zu entwickeln und sollten versuchen, ihre Spielaktivitäten einzustellen oder zumindest stark zu reduzieren. Das pathologische Spielen ist gleichbedeutend mit Bestehen einer Spielsucht.
Einer aktuellen Studie zufolge nehmen sich Spielsüchtige dreimal öfters das Leben als Nicht-Betroffene. Wissenschaftliche Befunde zeigen, dass Selbstmord zu den zehn häufigsten Todesursachen gehört. Dabei belaufen sich fünf Prozent aller Suizide auf Personen mit pathologischem Spielverhalten. Im Allgemeinen ist bekannt, dass sich bei Spielsüchtigen die Tendenz zum Selbstmord verstärkt, wenn Depressionen oder Drogenkonsum vorkommen.
In der Regel stellt eine Psychiater:in die genaue Diagnose und klärt mögliche andere Erkrankungen ab.
Für die Stellung der Diagnose müssen folgende Merkmale zutreffen:
- Wiederholte Phasen von Glücksspiel über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr.
- Es müssen mindestens zwei oder mehr dieser Episoden auftreten.
- Betroffene setzen das Glücksspiel trotz Leidensdrucks und sozialen Problemen fort.
- Betroffene haben einen intensiven Drang zu spielen. Dieser ist nur schwer zu kontrollieren.
- Die Gedanken der Betroffenen kreisen andauernd um das Thema Glücksspiel.
Bei der Behandlung gibt es drei wesentliche Ansätze, die auch parallel zueinander angewendet werden können:
- Psychoedukation
- Psychotherapie
- medikamentöse Therapie
Psychoedukation
Der erste Schritt in Richtung Verbesserung ist die Bereitschaft des Betroffenen, sich Hilfe zu suchen. Im Rahmen einer sogenannten Psychoedukation erfahren Betroffene mehr über ihre Erkrankung, Möglichkeiten von Vorbeugung und Behandlung. Die Psychoedukation wird unter anderem von manchen psychotherapeutischen Ambulanzen als Gruppentherapie angeboten.
Psychotherapie
In der Psychotherapie sollen Betroffene vor allem lernen, gesunde Verhaltensweisen zu entwickeln, soziale Kontakte zu pflegen und sich weniger häufig Gedanken über das Glücksspiel zu machen. Außerdem lernen sie mit ihren Gefühlen und Impulsen besser umgehen zu können und erwerben Strategien, die hilfreich gegen das Spielverlangen sind.
Es gibt im Rahmen der Psychotherapie verschiede Einzel- und Gruppentherapieangebote. In Österreich gibt es verschiedene anerkannte Formen. Welche Methode sich am besten eignet, ist bei jeder Betroffene:n unterschiedlich. Auch Sozialarbeiter:innen können Betroffene den Behandlungsweg erleichtern und dabei helfen, wieder ein normales, gut strukturiertes Leben zu führen und den Umgang mit Geld zu verbessern. Bei starker Verschuldung kann bei der Schuldenregulierung unterstützt werden.
Medikamentöse Therapie
Unterstützend kann eine medikamentöse Behandlung durchgeführt werden. Zum Beispiel können sogenannte Opioidantagonisten oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer helfen, das Verlangen nach dem Glücksspiel zu dämpfen. Wenn eine ambulante Betreuung nicht ausreicht, kann eine Therapie im Krankenhaus sinnvoll sein.
Menschen mit einer Spielsucht können sich an Suchtberatungsstellen wenden und sich dort zum Beispiel über Therapiemöglichkeiten oder Selbsthilfeangebote informieren. Um nach einer ambulanten Therapie schneller wieder in den normalen Alltag hineinzufinden, kann zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe sehr unterstützend sein. Es ist für die betroffene Person wichtig, soziale Fähigkeiten zu erlernen, um am gesellschaftlichen Leben wieder ohne Probleme teilnehmen zu können. Eine professionelle Schuldenberatung hilft, bestehende Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen und den Umgang mit Geld neu zu erlernen.
- "Diagnose und Therapie der Spielsucht", Stiftung Anton Proksch-Institut (24.04.2023)
- "Glücksspielsucht", Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (24.04.2023)
- Daniel Illy (2020): Praxishandbuch Videospiel- und Internetabhängigkeit: Ätiologie, Diagnostik und Therapie. Urban & Fischer Verlag.