Als "Myelodysplastische Syndrome" (MDS) werden verschiedene Erkrankungen des Knochenmarks bezeichnet, bei denen es zu einer fehlerhaften Blutbildung kommt. Gefährdet sind vor allem ältere Menschen, aber auch eine Krebsbehandlung in Form einer Chemo- oder Strahlentherapie kann das Risiko erhöhen. Als erste Symptome sind allgemeines Unwohlsein sowie anhaltende Müdigkeit festzustellen. Der Verlauf ist von Patient zu Patient unterschiedlich und hängt vom genauen MDS-Typ ab. Viele Betroffene müssen aufgrund regelmäßiger Bluttransfusionen die Möglichkeit einer Eisenüberladung bedenken.
Prinzipiell sind MDS mit etwa 4 bis 5 Fällen pro 100.000 Menschen relativ selten. Jedoch zählen sie zu den häufigsten bösartigen Bluterkrankungen, vor allem ältere Menschen sind gefährdet. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt zirka bei 75 Jahren, Männer trifft es etwas häufiger als Frauen. Zu den Risikogruppen zählen Menschen, die beruflich benzolhaltigen Stoffen ausgesetzt sind oder waren – so z.B. Maler, Tankstellen- und Flughafenangestellte.
Bestimmte Veranlagungen oder Umwelteinflüsse können im Laufe des Lebens zu bösartigen, genetischen Veränderungen der blutbildenden Zellen im Knochenmark führen. Ein möglicher Auslöser von MDS sind neben den oben genannten Risikofaktoren auch eine Chemo- oder Strahlentherapie im Rahmen der Krebsbehandlung. Dabei sprechen Experten auch von sekundären MDS. Welcher Auslöser genau zugrunde liegt, bleibt bei den meisten Krankheitsfällen allerdings unklar. MDS können prinzipiell weder vererbt, noch von Mensch zu Mensch übertragen werden.
In etwa 70 bis 80% der Fälle machen sich MDS erstmals durch einen Mangel von roten Blutkörperchen, also einer Anämie (Blutarmut), bemerkbar. Deren Symptome sind allgemeine körperliche Schwäche, Kurzatmigkeit, ständige Müdigkeit und Unwohlsein. In manchen Fällen kann die Anämie zusätzlich Ohrgeräusche und Schwindel hervorrufen.
Der Mangel an weiteren funktionierenden Blutkörperchen sorgt im Fall von Thrombozyten (Blutplättchen) außerdem für Gerinnungsstörungen sowie Blutungen. Nach leichten Verletzungen bluten Betroffene oftmals verhältnismäßig lang, ebenfalls zu beobachten sind kleine blaue Flecken. Zudem erhöht die Krankheit durch Fehler der weißen Blutkörperchen die Anfälligkeit für Infekte. Die Symptome der MDS sind nicht immer eindeutig, bei anhaltenden Beschwerden ist ein Arztbesuch dennoch unbedingt erforderlich.
Der erste Schritt zur Diagnose ist eine Blutuntersuchung, bei der die Zusammensetzung der Blutzellen, deren Größe und Form analysiert wird. Gemeinsam mit den Symptomen kann das Blutbild bereits einen ersten Hinweis auf MDS darstellen. Bei Verdacht führt der Facharzt eine Knochenmarkuntersuchung durch, wobei – unter örtlicher Betäubung – etwas Knochenmark aus Hüftknochen oder Brustbein entnommen wird.
Typisch sind erworbene genetische Veränderungen in blutbildenden Zellen die durch Untersuchung von Chromosomen oder modernen Analysemethoden wie NGS (next generation sequencing) festgestellt werden können. Ergebnisse helfen bei der endgültigen Diagnose. Hier geht es nicht nur darum, den Verdacht auf MDS zu bestätigen, sondern auch die genaue Form der Krankheit zu erkennen. Dieses Details haben Auswirkungen auf die Art der Therapie.
Wie die Krankheit behandelt wird, hängt auch vom Gesundheitszustand und weiteren Begleiterkrankungen der Betroffenen ab. Wesentlichster Bestandteil der Therapie sind meistens regelmäßige Bluttransfusionen, um die Blutarmut des Patienten zu behandeln. Eventuell werden auch Wachstumsfaktoren verabreicht, um die Zahl der roten oder – seltener – der weißen Blutkörperchen zu steigern. Impfungen sind sinnvoll, bei Infekten sollten auch Antibiotika verabreicht werden.
Je nach Unterart der Erkrankung können außerdem sogenannte Immunmodulatoren, Ausreifungsaktivatoren oder hypomethylierende Substanzen zum Einsatz kommen, die eine Transfusionsunabhängigkeit erzielen und das Abwehrsystem stärken können und bei manchen Betroffenen das Blutbild normalisieren. Bei all diesen Therapieformen ist es das Ziel, die Lebensqualität des Betroffenen hoch zu halten – die Symptome werden gelindert und das Fortschreiten der Krankheit wird bestmöglich eingeschränkt.
Eine vollständige Heilung ist nur mittels einer Knochenmarktransplantation möglich. Dazu benötigt es einen Spender, der ein sehr ähnliches Körpergewebe wie der Betroffene aufweist. Diese Form der Behandlung gilt allerdings als sehr belastend und ist mit Risiken verbunden. Sie ist nicht für jeden MDS-Patienten empfehlenswert.
MDS können bei verschiedenen Betroffenen jeweils sehr unterschiedlich aussehen. Je nach akuter Problematik sind bestimmte Maßnahmen im Alltag sinnvoll. Bei einer Anämie ist körperliche Schonung sehr wichtig für den Körper. Aufgrund der verringerten Leistungsfähigkeit sollten bei entsprechenden Aktivitäten regelmäßig Pausen eingelegt werden.
Zu berücksichtigen ist außerdem die erhöhte Infektanfälligkeit, die sich insbesondere auch auf den Verlauf eines Infekts auswirken kann. Betroffene sollten schon bei frühen Anzeichen – Husten, Halsschmerzen – einen Arzt aufsuchen. Wichtig ist hierbei auch die Vorbeugung, indem etwa der Kontakt mit akut Erkrankten eher vermieden wird. Regelmäßiges Händewaschen sowie ein generell hoher Hygiene-Standard bieten zusätzlich Schutz. Auch Verletzungen sollten so gut wie möglich vermieden werden, da manche Betroffene eine erhöhte Blutungsneigung haben.
Experten weisen zudem auf ein oftmals unterschätztes Risiko hin: die Eisenüberladung. Bei jeder Bluttransfusion wird automatisch auch Eisen in den Körper transportiert, wodurch es auf Dauer zu einer Überladung kommen kann. Bei MDS-Betroffenen ist aufgrund der zahlreichen Transfusionen ein erhöhtes Risiko gegeben. Etwaige Symptome einer Eisenüberladung – vor allem Müdigkeit, Schwäche, Gelenkbeschwerden – sollten mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
- Broschüre "Myelodysplastische Syndrome. Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen", herausgegeben von der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie)
- Broschüre "Therapiebegleiter zu Myelodysplastischen Syndromen (MDS)", herausgegeben von der LHRM (Leukämiehilfe Rhein-Main), Stand: 10/2015