"Schädlingsbefall bedeutet meist eine starke psychische Belastung für die Betroffenen. Fälschlicherweise werden parasitäre Erkrankungen fast immer mit mangelnder Sauberkeit in Verbindung gebracht und sorgen für Stigmatisierung. Nur der unaufgeregte sachliche Umgang mit dieser Erkrankung, die frühe Diagnosestellung sowie eine ehestmögliche fachkundige Therapie sind zielführend." (Dr.in Rosemarie Moser, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie in Eisenstadt)
Die Krätze kommt weltweit vor und betrifft Menschen jeden Alters. In Entwicklungsländern sind in manchen Regionen bis zu 30 % der Bevölkerung infiziert. In Mitteleuropa kommt Skabies am häufigsten in den ersten beiden Lebensjahren vor, ansonsten tritt die Erkrankung nur selten bzw. in Form von Ausbrüchen in Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Pflegeheimen auf. Genaue Häufigkeitszahlen für einzelne Länder liegen nicht vor.
Bei der Krätze handelt es sich um eine ansteckende Hauterkrankung, die durch Milben verursacht wird. Im Normalfall wird die Skabies durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen. Es gibt keinen (tierischen) Zwischenwirt, wie bei manchen anderen Parasitenerkrankungen. Es reicht schon die direkte Übertragung eines einzigen begatteten Milbenweibchens von Mensch zu Mensch aus. Da sich Krätzmilben allerdings nur sehr langsam bewegen, setzt eine Übertragung einen längeren Haut-zu-Haut-Kontakt von 5 bis 10 Minuten voraus. Dies ist beispielsweise beim Geschlechtsverkehr der Fall, weshalb die Krätze auch zu den sexuell übertragbaren Krankheiten gezählt wird. Mit der Anzahl der Milben auf der Hautoberfläche steigt auch das Infektionsrisiko.
Ist eine Ansteckung erfolgt, erscheinen nach 2 bis 5 Wochen die ersten Symptome. Sowohl die Parasiten selbst, als auch deren Ausscheidungen, lösen beim Menschen eine allergische Reaktion mit Ausschlag und starkem Juckreiz aus. Es entstehen bräunlich-rötliche Milbengänge auf der Haut, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Zu den weiteren Symptomen zählen:
- leichtes Brennen auf der Haut
- mit Flüssigkeit oder Eiter gefüllte Bläschen und Pusteln, eventuell auch Knötchen
- Hautausschläge und Krusten (nach dem Aufplatzen der Bläschen)
Krätzmilben siedeln sich bevorzugt auf Hautbereichen mit verhältnismäßig hoher Temperatur und dünner Hornschicht an. Dazu zählen die Falten an Händen und Füßen, Ellenbogen, der Brustwarzenhof, die Nabelregion, die Gürtellinie, Gesäß, Analfalte, die Knöchelregion oder der Penisschaft. Bei Säuglingen und Kleinkindern finden sich die typischen Hauterscheinungen auch am Kopf oder im Gesicht.
Trotz ihrer meist typischen Symptome ist die Krätze nicht immer leicht zu erkennen. Die Milbengänge sind oft aufgekratzt oder von anderen Hauterscheinungen verdeckt, bei dunkleren Hauttypen sind sie generell schwer oder gar nicht zu sehen. Besteht der Verdacht für einen Befall, stehen unterschiedliche Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung:
- Kürettage: Es kann ein Geschabsel der Haut mit einer Cürette abgekratzt und dieses dann mikroskopisch untersucht werden.
- Auflichtmikroskopie: Alternativ zur Kürettage, und wenn sich ein Milbengang gut erkennen lässt, kann man die Milben im Rahmen einer Auflichtmikroskopie (mit dem Dermatoskop) direkt erkennen. Diese Methode erweist sich als sehr genau.
- Klebebandtest: Eine weitere Methode ist der Klebebandtest, bei dem ein durchsichtiges Klebeband auf die mutmaßlich befallenen Körperstellen geklebt und anschließend unter dem Mikroskop untersucht wird.
Die Skabies nodosa stellt eine Sonderform dar, die vor allem bei Säuglingen, Kleinkindern und älteren Menschen vorkommt. Die dabei entstehenden Knoten in der Haut sind das Ergebnis einer heftigen immunologischen Reaktion auf die Ausscheidungs- und Zerfallsprodukte der Milben. Die Knoten selbst enthalten in den meisten Fällen keine Milben.
Von der Borkenkrätze sind überwiegend Menschen mit Immunschwäche befallen, da sich die Milben hier ungehemmt vermehren können. Aufgrund der hohen Anzahl der Milben ist sie hochansteckend – bereits kurze Hautkontakte reichen aus. Der ansonsten typische Juckreiz kann hier wegen der verminderten oder fehlenden Immunantwort geringer ausgeprägt sein. Aufgrund der untypischen klinischen Präsentation wird die Diagnose oftmals verzögert gestellt. Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten, ausgeprägter Demenz oder starker Einschränkung in der Fähigkeit, sich zu kratzen, sind überproportional häufig betroffen.
Die Skabies lässt sich sehr wirksam behandeln. Therapeutisches Ziel ist einerseits die Abtötung der Krätzmilben sowie deren Larven und Eier, andererseits die Behandlung des oft ausgeprägten Juckreizes, entzündlicher Begleiterscheinungen und zusätzlicher Hautinfektionen. Hier stellt die Therapie mit 5 % Permethrin-Creme an zwei aufeinander folgenden Tage das Mittel der Wahl in jedem Alter dar. Zusätzlich ist eine weitere Behandlung nach 8 bis 10 Tagen empfehlenswert. In schwierigen Fällen wie z. B. bei Immunsuppression, wiederholt Betroffenen sowie alten und pflegebedürftigen Patienten, sollte die lokale Therapie mit einer Systemtherapie von Ivermectin kombiniert werden.
Generell können noch längere Zeit nach der Behandlung juckende Papeln bestehen bleiben. Wenn keine Milben mehr gefunden werden, ist eine neuerliche Behandlung nicht notwendig. Nach Beendigung der Therapie endet auch die Ansteckungsgefahr. In vielen Fällen ist die Behandlung der Krätze unkompliziert.
Da die Zeit bis zum Auftreten der ersten Symptome bei Neuinfektion mit Skabies 3 bis 6 Wochen betragen kann, zählt die gleichzeitige Sicherheitsbehandlung aller engen Kontaktpersonen – auch bei fehlenden Symptomen – zur wichtigsten Begleitmaßnahme.
Typische Übertragungswege sind auch das gemeinsame Schlafen im einem Bett, die Körperpflege von Kleinkindern oder von Kranken durch Eltern bzw. Pflegende sowie allgemein enger, länger andauernder Körperkontakt. Kontaminierte Gegenstände spielen im Ansteckungsweg jedoch eine geringe Rolle, denn die Milben verlieren bei Raumtemperatur bereits innerhalb weniger Stunden ihre Infektiösität. Möglich ist eine Ansteckung dennoch, deshalb sollten Teppichböden, gemeinsam genutzte Bettwäsche, Kleidung oder Handtücher entsprechend gereinigt werden.
Gesunde Menschen ohne Immunschwäche sind bereits nach der ersten ordnungsgemäßen Krätze-Behandlung nicht mehr ansteckend. Kinder und Erwachsene können daher nach der ersten Therapie wieder in die Schule bzw. zur Arbeit gehen.
Auch in Österreich tritt die Krankheit wieder vermehrt auf. So hatten sich beispielsweise die Krätzefälle in der Steiermark im Zeitraum 2016 bis 2018 verdreifacht. In Wien wurden 2019 Schätzungen zufolge sogar über 2.000 Patienten mit Skabies behandelt.
- Sunderkötter C et al., S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Scabies. Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG); Stand: 01/2016.
- Meister L et al., Deutsches Ärzteblatt Int 2016; 113:763-71.
- Skabies (Krätze), Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (12.10.2020)