Wenn man Sperma-Allergie das erste Mal hört, klingt der Begriff fast erfunden. Es gibt sie aber tatsächlich und sie kann das Sexualleben erheblich komplizieren. Die Symptome reichen von kurzfristiger Übelkeit bis hin zu tagelangen Beeinträchtigungen. Da sie Ärzt:innen noch nicht allzu lang bekannt ist, sind die Behandlungsmöglichkeiten noch sehr unausgereift.
Die Sperma-Allergie ist statistisch gesehen extrem selten. Weltweit sind aktuell nur etwa 100 Fälle von Frauen registriert, die allergisch reagieren. Allerdings gehen Expert:innen davon aus, dass die Dunkelziffer angesichts der Unbekanntheit der Allergie sehr hoch sein könnte. Sind Männer auf ihr eigenes Sperma allergisch, spricht man von einem Post-Orgasmic-Illness-Syndrom (POIS) – hierbei liegt die Prävalenz Statistiken zufolge bei weniger als einem Betroffenen pro einer Million Männer. Fälle von Männern, die allergisch auf das Sperma anderer Männer reagieren, wurden bislang nicht bekannt.
Da die Thematik noch nicht weit erforscht ist, gibt es keine gesicherten Informationen über die Ursachen. Bei Frauen vermuten Wissenschafter:innen eine Reaktion auf das sogenannte prostata-spezifische Antigen (PSA), das nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen vorkommt. Das Post-Orgasmic-Illness-Syndrom, das Männer allergisch auf ihr eigenes Sperma reagieren lässt, hängt womöglich mit einer Autoimmunreaktion zusammen.
Für eine Sperma-Allergie bei Frauen spricht, wenn es innerhalb kurzer Zeit nach dem Geschlechtsverkehr zu folgenden Symptomen kommt:
Allergische Reaktionen auf fremdes Sperma sind bei Männern bislang nicht bekannt. Treten Beschwerden bei Kontakt mit dem eigenen Sperma auf, spricht man vom Post-Orgasmic-Illness-Syndrom. Mögliche Symptome, die bereits in der ersten halben Stunde nach dem Samenerguss auftreten, sind:
- starke Müdigkeit
- Fieber
- Augenbrennen
- Kopfschmerzen
In manchen Fällen können diese Probleme bis zu sieben Tage lang anhalten.
Erfolgreiche Therapieversuche wurden bislang mit einer Hyposensibilisierung durchgeführt, bei der die Betroffenen Schritt für Schritt an die Samenflüssigkeit gewöhnt werden. Da eine solche Behandlung aufwendig ist und die Sperma-Allergie ohnehin sehr selten diagnostiziert wird, tendieren viele zu anderen Lösungen. Für Frauen ist ein Kondom eine effektive Möglichkeit, um sich vor Sperma zu schützen. Liegt ein Kinderwunsch vor, muss das Sperma der Partner:in in einem Labor vom Ejakulat getrennt werden.
Unbehandelte Betroffene des Post-Orgasmic-Illness-Syndroms (POIS) müssen ihr Sexualleben so anpassen, dass sie im Arbeits- und Sozialleben möglichst wenig von den Symptomen behindert werden. Viele verzichten daher fast vollständig auf Geschlechtsverkehr bzw. Masturbation.
- "Postorgasmic Illness Syndrome: Two Cases" von M. Waldinger et al. In: Journal of Sex & Marital Therapy, 2011 (08.08.2023)
- "Postorgasmic Illness Syndrome (POIS) in 45 Dutch Caucasian Males: Clinical Characteristics and Evidence for an Immunogenic Pathogenesis (Part 1)" von M. Waldinger et al. In: The Journal of Sexual Medicine, 2011 (08.08.2023)
- "Hyposensitization Therapy with Autologous Semen in Two Dutch Caucasian Males: Beneficial Effects in Postorgasmic Illness Syndrome (POIS; Part 2)" von M. Waldinger et al. In: The Journal of Sexual Medicine, 2011 (08.08.2023)