Was ist wichtig, wenn ich die Diagnose Morbus Parkinson bekomme?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Morbus Parkinson ist bisher nicht heilbar. Und ich sage dann immer: "Aber gut behandelbar." Das heißt, die Symptome lassen sich lindern. Deshalb ist es wichtig, die individuell passende Therapie zu nutzen.
Wie schaut die Therapie dann aus?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Gerade zu Beginn der Erkrankung können Tabletten sehr gut wirken. Für Betroffene beginnt dann, trotz der Krankheit, fast wieder ein neues Leben. Gerne wird diese Phase dann auch als "Flitterwochen" bezeichnet: Die Symptome gehen zurück. Vieles, was schwergefallen ist, wird wieder möglich.
Was können Betroffene sonst noch tun?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Neben den Medikamenten gibt es weitere wichtige Therapiemaßnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Auch der Aufenthalt in einem auf Parkinson spezialisierten Reha-Zentrum kann Betroffenen wichtige Impulse für das Leben mit der Erkrankung geben.
Veranstaltung
Mehr dazu erfahren Sie im MeinMed Vortrag: Leben mit Parkinson - Perspektiven und Möglichkeiten am 28. April um 19 Uhr in 1150 Wien.
Das klingt ja gut. Bleibt es so?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Leider nein. Die Erkrankung lässt sich bisher noch nicht stoppen. Mit den Jahren nimmt die Speicherkapazität im Gehirn für die Parkinson-Medikamente, besonders das L-Dopa, ab. Die Medikamente wirken dann nicht immer verlässlich, manchmal verzögert sich der Wirkungseintritt, manchmal wirken sie zu schwach, manchmal aber sogar fast zu stark und führen zu ungewollten Bewegungen, sog. Überbewegungen. Zusätzlich transportiert der Magen in diesem Stadium der Erkrankung häufig die Medikamente nicht verlässlich in den Darm, ist träge. Die Medikamente müssen aber in den Darm transportiert werden, da sie nur dort ins Blut aufgenommen werden können. Dies führt dann zu einer zusätzlichen Wirkungsabschwächung. Zusätzlich werden manche Parkinson-Medikamente im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung schlechter vertragen.
Deshalb ist es gerade bei Parkinson so wichtig, im regelmäßigen Austausch mit der behandelnden Neurologin oder dem behandelnden Neurologen zu stehen. Wenn die Symptome immer stärker werden und sich mit den bisherigen Medikamenten nicht mehr lindern lassen, spätestens dann sollten Betroffene auch den Kontakt zu einer Spezialistin oder einem Spezialisten für Parkinson suchen, entweder im niedergelassenen Bereich oder in einem Parkinson-Zentrum.
Neurologen finden
Was kann ich tun, wenn die einzunehmenden Tabletten nicht mehr gut wirken?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Wichtig ist die laufende Anpassung der Therapie, um damit die Symptome so gut es möglich ist, in den Griff zu bekommen. Und es gibt auch noch verschiedene Möglichkeiten von fortgeschrittenen Therapien, wenn die zu schluckenden Tabletten nicht mehr ausreichend wirken.
Wann könnte eine fortgeschrittene Therapie für mich in Frage kommen?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: In der Behandlung von Parkinson orientieren sich Expertinnen und Experten gerne an folgender Faustregel: 5 oder mehr Gaben von Levodopa am Tag ODER mehr als 2 Stunden im sogenannten OFF pro Tag (also stark eingeschränkt in den Bewegungen) ODER mehr als eine Stunde am Tag belastende Überbeweglichkeit. Spätestens ab dann, wäre es Zeit an den nächsten Therapieschritt zu denken. Einfach um den Alltag wieder oder weiter gut bewältigen zu können. Und ein Tipp: Wenn Patienten denken "So weit bin ich noch nicht", dann ist meist ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen.
Parkinson-Test
Mit ein paar einfachen Fragen können Sie feststellen, ob es an der Zeit ist, Ihre Parkinson-Therapie mit Ihrer Neurologin oder Ihrem Neurologen zu besprechen: https://www.meinparkinson.at/selbsttest/
Was sind nun weitere Therapien?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Zu den Therapien des sogenannten fortgeschrittenen Parkinson gehören zum Beispiel gerätegestützte Therapien mit einer Pumpe. Das jeweilige Gerät wird am Körper getragen und gibt den Wirkstoff über die Haut oder über eine Sonde in den Dünndarm ab. Eine weitere Möglichkeit ist ein Schrittmacher im Gehirn.
Das klingt sehr kompliziert.
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Am Anfang können diese Therapien verunsichern. Mein Rat: Patientinnen und Patienten sollten sich dazu gut informieren und wenn möglich auch mit anderen Betroffenen austauschen. Viele, die eine dieser Therapien haben, berichten von einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität.
Und wo finde ich mehr Infos?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Empfehlen kann ich den Austausch in einer Selbsthilfegruppe. Da kommt man leicht mit anderen Erkrankten ins Gespräch, die alle in den unterschiedlichsten Stadien sind. Weiters gibt es zum Beispiel Vorträge, Bewegungsangebote oder sonstige gemeinsame Aktivitäten. Am besten einfach bei einem der Treffen vorbeischauen. Eine Liste mit Kontaktdaten gibt es hier: https://meinparkinson.at/tipps-und-info/
Haben Sie auch Tipps für Angehörige?
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein: Parkinson betrifft nicht nur die Patienten, sondern auch Partnerinnen und Partner, Familie und Freunde. Ich empfehle, dass bei den Gesprächen mit der Neurologin und dem Neurologen möglichst auch die Partnerinnen und Partner dabei sind. Vier Ohren hören einfach mehr. Weiters ist es wichtig, dass Angehörige auch gut für sich sorgen, um weiter eine Stütze sein zu können. Auch hier kann der Austausch in Angehörigengruppen helfen.
Dr.in Caroline Thun-Hohenstein ist als Neurologin in der Privatklinik Confraternität in Wien tätig.
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