Zirka ein Fünftel der Bevölkerung ist vom Reizdarmsyndrom betroffen. Meist haben sie bereits einen längeren Leidensweg hinter sich, bis sie wissen, dass sie unter einem Reizdarmsyndrom leiden. "Die Diagnose Reizdarmsyndrom wird erst gestellt, wenn die Beschwerden über drei bis sechs Monate anhalten", berichtet Univ.-Prof.in Dr.in Gabriele Moser, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, MedUni Wien. Davor müssen noch andere Krankheiten ausgeschlossen werden, etwa Infektionen, chronische Entzündungen, Zöliakie oder Krebs.
Das Reizdarmsyndrom ist ein Sammelbegriff für Beschwerden des Verdauungstraktes, denen keine feststellbaren, krankhaften Organveränderungen zugrunde liegen. Die Darmerkrankung kann den oberen Verdauungstrakt, Dickdarm oder Dünndarm betreffen.
Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind noch nicht endgültig geklärt. Gründe können sowohl eine veränderte Kommunikation zwischen Gehirn und Verdauungstrakt, als auch eine Störung bestimmter körpereigener Botenstoffe (u.a. Serotonin) sein. Oder es liegt eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber normalen Bewegungen des Magen-Darm-Traktes vor.
Meistens ist eine Heilung möglich, manche Patienten erfreuen sich sogar an einer Spontanheilung. Wer nicht so viel Glück hat, kann entweder über einen gewissen Zeitraum beschwerdefrei sein oder zumindest eine deutliche Linderung der Symptome erfahren.
Hinter den Symptomen des Reizdarmsyndroms verbergen sich oft andere Erkrankungen des Verdauungstraktes. An einer genauen ärztlichen Abklärung führt deshalb kein Weg vorbei. Bis es allerdings zu einer korrekten Diagnose kommt, kann einige Zeit vergehen. "Schließlich gilt es, vorher alle anderen möglichen Erkrankungen – vom Darmtumor bis hin zur Nahrungsmittelunverträglichkeit – definitiv auszuschließen", sagt Dr. Friedrich A. Weiser, Facharzt für Chirurgie in Wien. Wird tatsächlich ein Reizdarm diagnostiziert, gibt es für die Betroffenen dennoch eine gute Nachricht: Reizdarm ist weder lebensbedrohlich, noch ansteckend. "Meistens ist eine Heilung möglich, manche Patienten erfreuen sich sogar an einer Spontanheilung. Wer nicht so viel Glück hat, kann entweder über einen gewissen Zeitraum beschwerdefrei sein oder zumindest eine deutliche Linderung der Symptome erfahren", weiß Anton Weiser aus seiner langjährigen Praxis. Die Lebensqualität leidet aber doch darunter.
Menschen mit einem "nervösen Darm" werden nicht umhin kommen, sich Gedanken über ihre Ernährung zu machen. Grundsätzlich empfiehlt sich:
- Kleine Portionsgrößen, dafür mehrmals täglich essen und gründlich kauen
- Regelmäßige Essenszeiten einhalten
- Speziell am Abend nur kleine Mengen essen, Rohkost möglichst vermeiden
- Mindestens 1,5 Liter/Tag trinken – idealerweise Wasser und Kräuter- oder Früchtetees; Kohlensäure und Alkohol weitgehend meiden, Kaffee einschränken
- Zucker reduzieren
FODMAP steht für Fermentable Oligo-, Di- and Monosaccharides and Polyols. Darunter versteht man bestimmte Kohlenhydratverbindungen und Fruktane (im Weizen vorkommend), die Verdauungsbeschwerden auslösen können. Lebensmittel werden dabei in "FODMAP-arm" und "FODMAP-reich" unterteilt. Die Diät verläuft in drei Phasen:
- Phase: Strikte Vermeidung aller FODMAPs für vier bis sechs Wochen. Kommt es zu einer Verbesserung der Symptome folgt die
- Phase: Schrittweise Wiedereinführung von FODMAPs. Bei Auftreten von Symptomen, das betreffende Produkt in weiterer Folge meiden. Alles, was vertragen wird, kommt in den langfristigen Ernährungsplan der
- Phase: FODMAP-reduzierte Langzeiternährung. Da sich die Verträglichkeit von Speisen ändern kann, empfiehlt es sich nach einiger Zeit durchaus Nahrungsmittel, die in Phase 2 schlecht vertragen wurden, nochmals auszuprobieren.
Lebensmittelübersicht zur FODMAP-Diät
Darf ich essen | Soll ich nicht essen |
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Milchprodukte: Laktosefreie Milch und Milchprodukte | Milchprodukte: Laktosehaltige Milch und Milchprodukte |
Früchte: Ananas, Banane, Erdbeere, Grapefruit, Heidelbeere, Honigmelone, Himbeere, Kiwi, Klementine, Mandarine, Orange, Papaya, Passionsfrucht, Rhabarber, Sternfrucht, Trauben, Zitrone, Zuckermelone | Früchte: Apfel, Aprikose, Avocado, Birne, Brombeere, Dattel, Dörrobst, Feige, Granatapfel, Khaki, Kirsche, Litschi, Mango, Nektarine, Pfirsich, Zwetschke, Rosine, Sultanine, Wassermelone, Fruchtsäfte |
Gemüse/Salate: Kartoffeln, Gurken, Karotten, Salat, Fenchel, Ingwer, Kohlrabi, Kürbis, Lauch, Mangold, Paprika, Pastinaken, Petersilie, Spinat, Tomaten, Zucchini | Gemüse/Salate: Artischocke, Karfiol (Blumenkohl), Erbse, Lauch, Bärlauch, Rote Beete, Sauerkraut, Schwarzwurzel, Spargel, Topinambur, Wirsing, Knoblauch, Pilze, Zuckermais, Zwiebel |
Getreide/Kartoffeln: Reis, Mais, Kartoffel, Hirse, Quinoa, Sorghum, Buchweizen, Hafer, Dinkelbrot aus Sauerteig, Esskastanien, Polenta, Weizenstärke, Maisstärke, Kartoffelstärke, Maistortilas, Reis- und Maisbrot, weizen- und glutenfreies Brot, Reis- und Maisteigwaren, weizen- und glutenfreie Teigwaren, Cornflakes, Mais- und Reiswaffeln | Getreide/Kartoffeln: Weizen, Roggen, Gerste und daraus hergestellte Produkte, Teigwaren, Müslimischungen, Getreideriegel, Couscous, Bulgur, Grünkern, Einkorn, Emmer, Amaranth |
Nüsse: Kokos, Haselnuss, Mandel, Sesampaste, Tahini, Erdnuss, Walnuss, Paranuss, Lein- und Chiasamen, Kerne von Sonnenblume und Kürbi | Nüsse: Cashewnuss, Pistazie, Kokosnusswasser, Kokosmilch |
Hülsenfrüchte: keine | Hülsenfrüchte: alle |
Süßungsmittel: Zucker außer Fruchtzucker, Traubenzucker, Glukose, Süßstoffe außer die rechts genannten, Stevia, Ahornsirup, Reissirup, Kakao | Süßungsmittel: Fruchtzucker (Fruktose), Fruktose-Glukose-Sirup, Maissirup, Honig, Agavensirup, Birnendicksaft, zuckerfreie Produkte mit den Süßstoffen Sorbit/-ol, Xylit, Mannit und Isomaltit, Birkenzucker, Inulin, Frukto-Oligosaccharide, Galakto-Oligosaccharide, Oligofruktose, Polydextrose |
Getränke: Kaffee, Grüntee, Pfefferminztee, Schwarztee, Löwenzahntee, Rooibostee, Wein, Bier, Gin, Wodka | Getränke: Kamillentee, Fencheltee, Olong-Tee, Zichorien-Kaffee, Rum, Dessert- und Süßweine |
Sonstiges: Fleisch, Fisch, Eier, Tofu, Sojasauce |
- Buchpräsentation von Dr. Weiser zum Thema "Reizdarm" am 09.04.2019