Ein Neugeborenes kennt den Unterschied zwischen Tag und Nacht noch nicht; es hat auch nachts Hunger und fordert Aufmerksamkeit. Das kann für die Eltern – insbesondere stillende Mütter – ganz schön anstrengend sein. Doch sie können viel dazu tun, damit das Baby schneller in einen Tag-Nacht-Rhythmus findet. Das macht das Leben mit einem kleinen Kind einfacher. Dennoch sollten sich Eltern auch bewusst machen, dass es immer wieder Phasen geben wird, in denen ein Kind schlecht schläft und ihnen die Nachtruhe raubt.
Neugeborene schlafen zwar sehr viel – in den ersten Lebenswochen täglich 16 bis 18 Stunden –, jedoch maximal 3 bis 4 Stunden am Stück. Die Mehrzahl aller Neugeborenen wird deshalb auch nachts mindestens 2- bis 3-mal wach. Das liegt daran, dass das Baby in Mamas Bauch an eine permanente Versorgung durch die Nabelschnur gewöhnt war. Sein kleiner Magen kann nur eine geringe Nahrungsmenge aufnehmen. Und diese kleine Menge hält es nur für kurze Zeit satt – egal ob tagsüber oder nachts. Erwachsene wachen zwar nur selten vor Hunger auf, doch in der allerersten Zeit unseres Lebens ist das Bedürfnis nach Nahrung stärker als das Bedürfnis nach Schlaf. Die Natur stellt so sicher, dass es dem kleinen Körper, der ständig wächst, an nichts mangelt. Ein Trost: Auch der Magen wächst rasant und nach 6 bis 8 Wochen werden die Schlafphasen des Babys in der Nacht manchmal länger. Auch, weil es langsam lernt, zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden.
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Wichtig ist, dem Baby den Unterschied zwischen Tag und Nacht von Anfang an deutlich zu machen. Deshalb sollte das Füttern und gegebenenfalls Wickeln nachts nur bei gedämpftem Licht erfolgen. Dabei so leise und sanft wie möglich vorgehen, besonders ruhig und so wenig wie möglich sprechen und auf kleine Spielchen verzichten.
In den Morgenstunden sollten Sie viel Licht ins Zimmer lassen. Auch das Baby sollten Sie nach dem Aufwachen frisch anziehen, um ihm zu zeigen, dass ein neuer Tag begonnen hat. Dabei darf natürlich gespielt werden. Manchen Babys hilft es, wenn Fütter-, Spiel-, Pflege- und Einschlafzeiten einem festen Rhythmus folgen. Sie gewöhnen sich dann leichter an diesen Rhythmus. Zudem gibt das dem Baby Sicherheit, weil es langsam weiß, dass sich bestimmte Dinge täglich wiederholen. Weil ein Neugeborenes jedoch auch tagsüber viel schlafen muss, um die vielen neuen Eindrücke in seinem Gehirn zu verarbeiten und Energie für sein rasantes Wachstum zu haben, können Eltern ihm den Unterschied zwischen Nickerchen und Nachtschlaf durch Rituale deutlich machen.
Nur abends bekommt das Baby seinen Schlafanzug angezogen, wobei das Wickeln ruhiger als tagsüber und schon bei gedämpftem Licht erfolgen sollte. Danach kommt es in sein Bettchen – tagsüber hingegen in die Wiege oder den Stubenwagen. Abends hilft ein festes, ruhiges Einschlafritual, dem Baby zu zeigen, dass die Nacht beginnt. Das kann beispielsweise das Singen eines bestimmten Gute-Nacht-Liedes, das Aufziehen der Spieluhr oder ein kleines Gebet sein. Wechseln sich die Eltern beim Zu-Bett-Bringen ab, müssen sie übrigens nicht beide dasselbe Ritual pflegen. Der Säugling erkennt sehr schnell: Mit Mama wird gesungen, mit Papa die Spieluhr angehört. Dauern sollte ein Gute-Nacht-Ritual jedoch bei beiden nicht länger als 20 Minuten.
Obwohl ein Säugling durch einen geregelten Tagesablauf mit vielen Ritualen schneller lernt, zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden, wird er in der Regel erst mit 6 bis 8 Wochen tagsüber öfter wach sein und nachts längere Zeit am Stück schlafen. Bis das Kind nachts durchschläft wird es wahrscheinlich noch einige Monate länger dauern.
Beim Neugeborenen ist es eigentlich wie bei Erwachsenen: Stress kann schnell den Schlaf rauben. Für sensible Babys bedeutet Stress schon ein unregelmäßiger Tagesablauf, viele verschiedene Gesichter oder Lärm. Dann kann das Kind unverhältnismäßig viel weinen und sich schlimmstenfalls zu einem sogenannten Schreibaby entwickeln. Deshalb sollten es Eltern in den ersten Wochen besser ruhig angehen lassen, statt viel Besuch zu empfangen oder ständig mit dem Baby unterwegs zu sein.
Häufig ist auch Übermüdung schuld daran, dass das Baby einfach nicht zur Ruhe kommt. Eltern sollten also nicht glauben, dass ihr Neugeborenes nachts eher durchschläft, wenn sie es tagsüber länger wachhalten. Ein Neugeborenes muss auch tagsüber regelmäßig schlafen! In den ersten Lebenswochen betragen die Wachphasen, in denen es sich wohlfühlt, kaum länger als 2 Stunden. Das sollten Eltern berücksichtigen und das Baby in regelmäßigen Abständen noch wach hinlegen – spätestens jedoch, sobald es Anzeichen für Müdigkeit zeigt: Die meisten Kinder reiben sich die Augen, verlieren das Interesse am Gesicht der Mutter oder sonst beliebten Spielsachen, werden unruhig und fangen schon beim kleinsten Anlass oder auch ohne Grund zu weinen an. Die meisten Mütter entwickeln jedoch sehr schnell einen Instinkt für die Bedürfnisse ihres Babys und wissen intuitiv, wann es Zeit für sein Nickerchen ist.
Natürlich gibt es aber auch noch zahlreiche Gründe mehr, warum Neugeborene nicht schlafen. Da auch Krankheiten dahinter stecken können, sollten Eltern, deren Kind ein sehr auffälliges Schlafverhalten zeigt, dies immer mit dem Kinderarzt besprechen. Zu einem auffälligen Schlafverhalten zählt übrigens auch, wenn das Neugeborene extrem viel schläft und selbst beim Füttern kaum wach genug wird, um ordentlich zu saugen.
Eltern sollten der Tatsache realistisch ins Auge sehen: Ausreichend Schlaf mit einem Neugeborenen gibt es einfach nicht. Zumindest die stillende Mutter wird unter Schlafentzug leiden. Wenn der Vater die Mutter nachts bei der Babypflege unterstützt, selbstverständlich auch er. Oft hilft schon die Erkenntnis, dass das einfach normal ist, dabei, viel Druck abzubauen, und lässt Eltern und Baby leichter zur Ruhe kommen. Geduld ist gefragt: Irgendwann lernt jedes Kind schlafen.
In den ersten Wochen daheim quartieren viele Eltern ihr Baby bei sich im Schlafzimmer ein. Ob das Baby jedoch mit im Elternbett schlafen sollte, ist umstritten: Durch die Körper der Eltern und ihre Bettdecken kann es schnell zu Überhitzung des Säuglings kommen. Überhitzung gilt als ein Risiko für den plötzlichen Kindstod. Die Nähe zu Mama und Papa beruhigt das Baby jedoch. Für stillende Mütter bringt dies darüber hinaus den Vorteil, dass sie nicht richtig aufstehen müssen – sie können z. B. auch im Liegen stillen und schlafen danach auch selbst schneller wieder ein. Diese Vorteile können Mütter jedoch fast genauso nutzen, wenn sie ihr Baby direkt neben dem Elternbett in einer Wiege oder einem Stubenwagen schlafen lassen.
Wenn das Baby die Nacht oft zum Tage macht, sollten übermüdete Eltern ihren Perfektionismus für einige Zeit ablegen. Dazu gehört auch, Chaos im Haushalt zu ignorieren und sich selbst tagsüber ebenfalls hinzulegen, sobald das Baby schläft. Gestresste Eltern können auch ruhigen Gewissens Hilfsangebote von den Großeltern oder Freunden annehmen: Nur weil sich andere Menschen auch einmal um das Baby kümmern, sind sie keine schlechten Eltern! Auch Sorgen um das Baby sind meist unbegründet – hin und wieder von seinen Eltern getrennt zu sein, wird es in der Regel gut verkraften.
- Die Hebammen-Sprechstunde, I. Stadelmann, Stadelmann Verlag, 8. korr. Auflage, Wiggensbach, 2005
- Das große Buch zur Schwangerschaft, F. Kainer, A. Nolden, Gräfe und Unzer, 7. Auflage, München, 2013
- Schwangerschaft und Geburt, B. Gebauer-Sesterhenn, T. Villinger, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München, 2012