Vor allem Übergewicht und eine ungünstige Fettverteilung sind Hochrisikofaktoren. All diese Erkrankungen sind durchwegs lebensstilbedingt, daher wird das Metabolische Syndrom gegenwärtig als Wohlstandserkrankung bezeichnet. Betroffene haben ein stark erhöhtes Risiko, eine Herzkreislauf-Erkrankung zu entwickeln, daher muss ein Metabolisches Syndrom gezielt behandelt werden. Am häufigsten erkranken Menschen ab 60 Jahren, aber auch Jugendliche, die einen entsprechend ungesunden Lebensstil haben, entwickeln zunehmend ein Metabolisches Syndrom.
Video: Adipositas und Fettstoffwechsel
Dr. Bianca Itariu, PhD (Universitätsklinik für Innere Medizin III, MedUni Wien/AKH Wien) zeigt auf, warum Adipositas ein komplexes System ist, stellt Behandlungskonzepte vor und spricht auch über die Rolle der Gesellschaft. (Webinar, 29.11.2021)
Etwa 20 % der Bevölkerung entwickelt ein Metabolisches Syndrom, am häufigsten betroffen sind davon mit einem Anteil von 40 % Menschen über 60 Jahre.
Übergewicht, Bluthochdruck, gestörter Fettstoffwechsel und erhöhter Blutzuckerspiegel: Landläufig werden diese 4 Risikofaktoren als "tödliches Quartett" bezeichnet. Treten 3 dieser 4 stoffwechselbedingten Krankheitssymptome auf, spricht man von einem Metabolischem Syndrom, also von einer Art "Entgleisung" des normalen Stoffwechsels.
Vor allem Übergewicht gilt als hoher Risikofaktor für ein Metabolisches Syndrom. Aber auch Stress, Rauchen, Bewegungsmangel und Alkoholkonsum begünstigen die Krankheitsentstehung. Im Zuge eines Metabolischen Syndroms können weitere Erkrankungen entstehen, wie Gefäßverkalkung, Herz-Kreislauferkrankungen, das Risiko ist bei Betroffenen um das 3-fache erhöht. Ein Metabolisches Syndrom verursacht bei Betroffenen keine spürbaren gesundheitlichen Probleme, daher wird es häufig übersehen. Da es sich jedoch schleichend entwickelt und zu gefährlichen Folgeerkrankungen führen kann, ist eine frühe Behandlung wichtig.
Ein Metabolisches Syndrom ist nur in zirka 3 % aller Fälle ererbt, der Großteil der Erkrankungen entspringt daher einem ungesunden Lebensstil. Eine zu hohe Energieaufnahme, vor allem von fett- und zuckerreichen Nahrungsmitteln, verbunden mit Bewegungsmangel, kann zu krankhaftem Übergewicht (Adipositas) führen. Übergewichtige Menschen haben darüber hinaus ein erhöhtes Risiko, Bluthochdruck zu entwickeln.
Außerdem ist aufgrund einer zu reichhaltigen Ernährung der Blutzuckerspiegel erhöht, dadurch muss der Körper ein Übermaß an Insulin ausschütten, um die Blutzuckerkonzentration zu senken. Diese dauerhaft hohe Insulinausschüttung wird als Insulinresistenz bezeichnet. Vor allem im Bereich der Bauchfettzellen ist diese Insulinresistenz gefährlich, da dadurch sowohl die Entstehung von Diabetes, als auch von Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck begünstigt werden.
Im Zuge von Fettstoffwechselstörungen ist der Körper nicht mehr in der Lage, Fett zu verwerten oder abzubauen, das zeigt sich in erhöhten Cholesterinwerten und Triglyceriden. Diese wiederum lagern sich – wenn sie im Übermaß vorhanden sind – an Blutgefäßwänden ab und führen zu Gefäßverengungen oder -verkalkungen.
Ein Metabolisches Syndrom wird diagnostiziert, wenn ein erhöhter Taillenumfang bei Männern über 94 bis 102 cm, bei Frauen über 80 bis 88 cm und mindestens 2 weitere der nachstehenden Kriterien vorliegen:
- niedriges HDL-Cholesterin (Männer unter 40 mg/dl, Frauen unter 50 mg/dl)
- erhöhte Triglyzerid-Werte (über 150 mg/dl)
- Bluthochdruck (über 130/85 mmHg)
- Erhöhter Nüchternblutzucker (über 100 mg/dl)
Zusätzlich können erhöhte Harnsäurewerte ein Hinweis auf ein Metabolisches Syndrom sein.
Da die abweichenden Normwerte bei Betroffenen weder Schmerzen, noch Beschwerden verursachen, wird ein Metabolisches Syndrom häufig nicht erkannt. Eine körperliche Untersuchung durch den Arzt besteht aus einer Messung des Blutdrucks, des Taillenumfanges, aus einer Blutuntersuchung, sowie einer ausführlichen Anamnese, bei der Ernährung und Lebensstil des Betroffenen erfragt werden.
Die entsprechende Therapie soll in erster Linie die Entwicklung von Folgeerkrankungen verhindern. Je früher diese Behandlung erfolgt, desto besser lassen sich bereits vorhandene Symptome lindern oder Folgeerkrankungen vermeiden. Allerdings erfolgt eine Besserung nicht über Nacht, sondern erstreckt sich meist über mehrere Monate. Das Behandlungsspektrum umfasst im Wesentlichen
- Abbau von Übergewicht (Lebensstilumstellung)
- Senkung der Blutfettwerte (LDL-Cholesterin, Triglyceride)
- Senkung des Blutdruckes (unter 130/85 mmHg)
Mitunter ist es ausreichend, den Lebensstil entsprechend umzustellen. Dazu zählt eine Ernährungsumstellung, wobei vor allem ein Verzicht auf fett- und cholesterinreiche Nahrungsmittel auf Rauchen und Alkoholkonsum im Vordergrund steht. Ein gesunder Lebensstil sollte mit täglich etwa 30 Minuten Bewegung einhergehen. Sollten diese ersten Maßnahmen nicht ausreichen, empfiehlt der Arzt üblicherweise eine medikamentöse Therapie. Dazu stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung:
- Übergewicht: Orlistat ist ein Lipasehemmer, d.h. er verhindert die Zerlegung von Fetten, sodass diese vom Körper unverdaut wieder ausgeschieden werden.
- Bluthochdruck: ACE-Hemmer wirken gefäßerweiternd und senken den Blutdruck. Betablocker blockieren ß-Rezeptoren, sodass die Wirkung von Stresshormonen verringert wird. Kalziumantagonisten verhindern, dass Kalzium in die Zellen einfließt, dadurch wird die Spannung in den Gefäßen verringert, der Blutdruck gesenkt. Diuretika fördern die Ausscheidung von blutdrucksteigerndem Kochsalz.
- Fettstoffwechselstörungen: Statine senken den Cholesterin- und Triglyceridwert, indem sie eine Neubildung der Fette in der Leber verhindern. Cholesterin-Resorptionshemmer verhindern die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm während Fibrate vor allem den erhöhten Triglyceridspiegel senken.
- Zuckerstoffwechselstörungen: Alpha-Glukosidasehemmer verhindern den Anstieg der Blutzuckerwerte nach dem Essen indem sie die Aufnahme von Zucker verlangsamen. Auch Biguanide verzögern die Zuckeraufnahme, Glitazone verringern die Insulinresistenz. Sulfonylharnstoff werden meist bei Typ-2-Diabetikern verwendet, sie fördern die Bildung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse. Insulin erhalten Typ-2-Diabetiker, wenn andere blutzuckersenkende Medikamente wirkungslos bleiben.
Eine Therapie richtet sich danach, welche Werte im Individualfall aus der Balance geraten sind und zielt darauf ab, die Symptome zu mildern bzw. Folgeerkrankungen zu vermeiden.
Weniger Fett, weniger Zucker, kein Alkohol – ausreichend Bewegung. So lautet die Kurzformel, um ein Metabolisches Syndrom zu verhindern bzw. diesem entgegenzuwirken. Achten Sie daher in erster Linie auf eine ausgewogene Ernährung. Ein Zuviel an Energie wirkt sich unweigerlich auf das Körpergewicht aus. Günstig ist es, auf fettarme Kost umzusteigen, wobei der Anteil an Fett in der Nahrung nicht mehr als 30 % betragen sollte. Bis zu 20 % der täglichen Ernährung hingegen sollte aus Eiweiß bestehen, auch Kohlenhydrate dürfen mit einem Anteil von mindestens 50 % auf dem Speiseplan stehen.
Achten Sie jedoch auf hochwertige Nahrungsmittel, wie z.B. Vollkornbrot, Getreide (Kohlenhydrate), hochwertige ungesättigte Fettsäuren (Oliven-, Kern-, Nussöle etc.) und wertvolles Eiweiß (z.B. fettarme Milchprodukte, Hülsenfrüchte, mageres Fleisch). Um die Vitamin- und Mineralstoffbilanz in Balance zu halten, ist es ideal, 5 Mal am Tag Gemüse oder/und Obst zu sich zu nehmen.
Ohne Bewegung lässt sich eine Gewichtsreduktion nur schwer erreichen. Daher sollten Sie etwa 30 Minuten täglich für Sport und Fitness einplanen. Leichter Ausdauersport (Walken, Radfahren, Wandern) tut Körper und Seele gut und erhöht den Energieverbrauch. Verzichten Sie auf Nikotin, ihrem Cholesterinspiegel zuliebe – und auf Alkohol, dadurch verhindern sie Bluthochdruck.