Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Abbildung einer Schilddrüse
10 bis 15 % der Österreicher sind von einer Schilddrüsenunterfunktion betroffen.
© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Ohne Schilddrüse läuft im Körper gar nichts – bei einer Unterfunktion der Schilddrüse sind sämtliche Vorgänge im Körper verlangsamt. 

Medizinische Expertise

Karin Amrein

Priv.-Doz. Dr. med.univ. Karin Amrein, MSc

Klinische Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Medizinische Universität Graz
 www.dr-amrein.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Die Symptome sind höchst individuell – manche Betroffene fühlen sich schwach, depressiv, frieren leicht, der Blutdruck ist niedrig. Manche spüren aber auch von einer ausgeprägten Unterfunktion kaum etwas. Eine der häufigsten Ursachen einer Unterfunktion ist Hashimoto-Thyreoiditis. Andere Ursachen sind sehr viel seltener (zB. Genetische Erkrankungen, Jodmangel oder – überschuss). Eine Schilddrüsenunterfunktion lässt sich via Bluttest erkennen. In der Regel lässt sich eine Unterfunktion der Schilddrüse lässt sich einfach und komplikationslos mit Medikamenten beheben.

  • Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird der Körper mit zu wenig Schilddrüsenhormonen versorgt.
  • Eine der häufigsten Ursachen ist die chronische Immunthyreoiditis Hashimoto, eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Im Blut sind häufig Antikörper zu erkennen, aber nicht immer. Auch im Ultraschall kann die Schilddrüse normal aussehen.
  • Daneben kann ein starker Jodmangel, eine Schilddrüsenoperation oder eine Entzündung nach Viruserkrankungen zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen.
  • Häufige Symptome sind trockene Haut und Haare, Erschöpfung, Haarausfall, Verstopfung oder Kältegefühl. Eine Gewichtszunahme ist möglich, beträgt aber sehr selten mehr als einige wenige kg.
  • Das fehlende Hormon T4 kann durch die Einnahme von Thyroxin ausgeglichen werden. 
  • Selten ist eine Therapie mit T3 erforderlich.
Art Erkrankung der Schilddrüse
Beschreibung Schilddrüse wird mit zu wenig Schilddrüsenhormonen versorgt
Ursachen chronische Immunthyreoiditis Hashimoto, starker Jodmangel, Operation, Entzündung
Symptome u.a. trockene, blasse Haut, Haarausfall, brüchige Nägel, Erschöpfung, Kältegefühl, fehlender Antrieb, depressive Verstimmungen
Diagnose Blutbild, Sonographie, Szintigraphie
Therapie künstliche Hormongabe in Form von Tabletten (L-Thyroxin)

Für Österreich liegen derzeit keine genauen Zahlen zur Häufigkeit vor. In Deutschland haben etwa 5 von 100 Menschen eine Schilddrüsenunterfunktion. Dabei sind Frauen und ältere Menschen besonders häufig betroffen. Bei ungefähr 1 von 3.400 Neugeborenen ist die Schilddrüsenunterfunktion angeboren.

Video: Schilddrüsenunterfunktion im Fokus - Risiken, Symptome und Lebensphasen

Priv.-Doz. Dr. med. univ. Karin Amrein, MSc informiert über die Risiken, Symptome und Lebensphasen der Schilddrüsenunterfunktion. (Webinar, 23.05.2024)

Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann:

  • angeboren, also genetisch bedingt sein 
  • erworben sein

Dass die Schilddrüse nicht genug Hormone bildet, kann verschiedene Ursachen haben:

  • Schilddrüsenentzündung: Aufgrund einer Autoimmunreaktion oder Infektion kann sich das Organ entzünden.
  • Hashimoto-Thyroiditis: Eine der häufigsten Ursachen einer Hypothyreose bei Erwachsenen ist eine Autoimmunerkrankung, der Morbus Hashimoto (auch Hashimoto-Thyreoiditis). Dabei richten sich fehlgeleitete Antikörper gegen Schilddrüsengewebe, das sich entzündet. Diese können nicht immer im Blut nachgewiesen werden. In sehr schweren Fällen werden die Zellen der Schilddrüse über die Jahre zerstört. Bei leichteren Verläufen ist teils keine Medikamenteneinnahme erforderlich.
  • Mikronährstoffmängel: Eisen-, Jod-, Selen-, Zink- oder Vitamin D Mangel treten häufig gemeinsam mit einer Schilddrüsenunterfunktion auf. Insbesondere die Korrektur eines schweren Eisenmangels kann manchmal die Schilddrüsenfunktion deutlich verbessern (die TPO, Thyroidea-Peroxidas ist ein eisenabhängiges Enzym).
  • Medikamente: Zu einer Schilddrüsenunterfunktion kann es auch durch Medikamente kommen. Zum Beispiel kann sie als Nebenwirkung von Lithium oder Krebsimmuntherapien verursacht werden.
  • anhaltender Jodmangel: Um Schilddrüsenhormone bilden zu können, benötigt der Körper das Spurenelement Jod. Wird Jodmangel nicht behoben, kann sich ein Kropf, eine Vergrößerung der Schilddrüse, ausbilden. Die Verwendung von jodiertem Speisesalz ist daher sinnvoll.
  • Operation oder Radiojodtherapie: Wird die Schilddrüse mit Radiojodtherapie behandelt oder in einer Operation teilweise oder ganz entfernt, werden in der Folge zu wenige oder gar keine Schilddrüsenhormone mehr produziert.
  • Hypophyse: Seltene Ursachen sind Funktionsstörungen der Hypophyse oder des Hypothalamus, dann spricht man von einer zentralen Hypothyreose (häufiger nach Behandlungen von Hypophysentumoren).

Eines von ungefähr 3.400 Babys hat eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion, die durch eine zu kleine oder völlig fehlende Schilddrüse ausgelöst wird. Die Funktionsstörung wird gescreent, denn sie muss sofort behandelt werden, da es sonst zu schwerer geistiger und körperlicher Unterentwicklung kommt.

Werden zu wenig Schilddrüsenhormone produziert, verlangsamt sich der Stoffwechsel. Dies kann viele Körperfunktionen betreffen und sich ganz unterschiedlich äußern. Manche Betroffene haben subjektiv keine Symptome.

Psychische Probleme:

  • fehlender Antrieb, Teilnahmslosigkeit
  • depressive Verstimmungen
  • Konzentrationsschwierigkeiten, fehlende Merkfähigkeit

Die körperliche Leistungsfähigkeit kann abnehmen:

Körperliche Veränderungen

  • trockene blasse Haut
  • Haarausfall
  • brüchige Nägel
  • tiefe, heisere oder auch brüchige Stimme,
  • Schwerhörigkeit
  • leichte Gewichtszunahme
  • erhöhter Cholesterinspiegel
  • Verstopfung
  • Zyklusstörungen, Ausbleiben der Periode, Zwischenblutungen, eingeschränkte Fruchtbarkeit
  • vermindertes sexuelles Interesse
  • Erektionsstörungen

Weitere mögliche Anzeichen:

  • verstärktes Frieren
  • Gelenk- und Muskelschmerzen
  • Wassereinlagerungen im Gewebe
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühl
  • verlangsamte Reflexe

Eine Diagnosestellung erfolgt durch:

Anamnese: In einem ausführlichen Gespräch erkundigt sich die Ärzt:in nach vorliegenden Beschwerden. Die Krankengeschichte wird erhoben.
Körperliche Untersuchung: Die Schilddrüse wird abgetastet. Abhängig von den Beschwerden der Patient:in, sollte eine symptomorientierte körperliche Untersuchung erfolgen, um weitere Krankheitsbilder abzuklären.
Blutuntersuchung: Da Schilddrüsenfunktionsstörungen besonders früh durch die Bestimmung des TSH-Werts erkennbar sind, wird die Ärzt:in zur Diagnose ein Blutbild anordnen: Ist der TSH-Wert (Thyreoidea-stimulierendes Hormon aus der Hypophyse, der Steuerzentrale im Gehirn) erhöht, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine Unterfunktion. Weiters werden die Werte der Hormone Tri-Jod-Thyronin (T3) und Thyroxin (T4) bestimmt. Befindet sich das T4 (noch) im Normalbereich, spricht man von einer "latenten" Hypothyreose. Ist der T4-Wert erniedrigt, besteht eine "manifeste" Hypothyreose. Positive TPO- oder Tg-Antikörper können, müssen aber nicht vorkommen.
Sonographie, Szintigraphie: Eine Sonographie und eine Szintigraphie liefern weitere Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Schilddrüse und eventuelle Knoten.

Viele Menschen mit erhöhtem TSH-Wert fühlen sich nicht krank. Sie berichten beim Besuch in der Hausarztpraxis eher beiläufig von möglicherweise krankheitsassoziierten Beschwerden (z. B. Gewichtsveränderungen, Müdigkeit, Haut-/Haar-Veränderungen, Konzentrationsstörungen, Kälteintoleranz, Menstruationsstörungen, …).

Das fehlende Hormon T4 wird in Form von Tabletten (Thyroxin) ersetzt. Die Einnahme soll nüchtern erfolgen (kein Essen 2 Stunden davor oder 30 Min. danach), eine abendliche Einnahme ist möglich. Da die Halbwertszeit von T4 fast eine Woche lang beträgt, kommt es auf die Wochendosis an.

Durch das Medikament werden die Hormonwerte in den normalen Bereich gebracht, wodurch die Beschwerden in der Regel wieder vollständig verschwinden. Bis sich der Hormonspiegel wieder normalisiert hat, kann es aber (aufgrund der Halbwertszeit) 2 bis 3 Monate dauern. 

Regelmäßige Kontrollen des Hormon-Blutspiegels sind notwendig, um die richtige Dosierung der künstlichen Hormongaben zu überwachen. Abhängig von der Ursache wird eine Schilddrüsenunterfunktion vorübergehend oder lebenslang behandelt. Insbesondere Kinderwunsch und Schwangerschaft bedeuten einen vorübergehenden Mehrbedarf.

Eine Jod-Gabe kann sinnvoll sein, insbesondere bei salzarmer und/ oder veganer Ernährung.

Der Verlauf einer Schilddrüsenunterfunktion hängt von der jeweiligen Ursache ab. Da sie häufig durch eine Entzündung der Schilddrüse ausgelöst wird, entwickelt sie sich oft schleichend. Es kommt zu einem langsamen Abbau des Schilddrüsengewebes, das lange Zeit unbemerkt bleiben kann. Manchmal klingt die Entzündung ab – in diesem Fall kann sich die Schilddrüse auch von selbst erholen. 

Wird eine Schilddrüsenunterfunktion jedoch nicht behandelt, kann es sein, dass langfristig Komplikationen auftreten. Die Folgen können vor allem bei Kindern schwerwiegend sein wie z.B. Kleinwuchs, Schwerhörigkeit oder Störungen der geistigen Entwicklung. Wird die Krankheit bei Erwachsenen nicht behandelt, kann es ebenfalls zu Komplikationen wie eingeschränkter Fruchtbarkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bewusstseinsstörungen kommen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

13. Juni 2024

Erstellt am:

9. Dezember 2013

Stand der medizinischen Information:

13. Juni 2024


ICD-Codes:
  • E89
  • E06
  • E03
  • E00

Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge